Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
auf den rechten, der zweite auf den linken Fuß, und so fort. Sind beide Sohlen von den Fersen bis zu den Zehen aufgesprungen, ohne daß die Exekution zu Ende ist, so werden die übrigen Streiche in der Weise verabreicht, daß sie sich mit den vorigen rechtwinklig kreuzen. Das nennt der Türke in höchst behaglicher Weise Satrandsch tachtassy wurmak, d.h. ‚Schachbrett schlagen‘.
    Murad Habulam betrachtete die Bank mit einem beinahe zärtlichen Blick. Dann richtete er seine Augen sehr bezeichnend auf uns und rief einem der hinter uns stehenden Knechte zu:
    „Bejaz, du bist der Stärkste. Komm her! Du magst die Idschra (Exekution, Ausführung des Urteils) übernehmen.“
    Der Knecht – ein langer, starker Mensch – begab sich zu ihm hin und liebäugelte mit den Stöcken, welche die Magd mitgebracht und neben die Bank gelegt hatte. Murad Habulam richtete seinen Oberleib stolz auf, räusperte sich und begann, zur mir gewendet:
    „Dein Name ist Kara Ben Nemsi?“
    „So werde ich hier genannt“, antwortete ich.
    „Du bist der Herr und Gebieter dieses Hadschi Halef Omar, welcher neben dir steht?“
    „Nicht sein Gebieter, sondern sein Freund.“
    „Das ist gleich. Gestehst du zu, daß er mich geschlagen hat?“
    „Ja.“
    „Und auch Humun, meinen Diener?“
    „Ja.“
    „Da du selbst es eingestehst, so brauche ich ihn gar nicht zu fragen. Weißt du, wieviel Hiebe er Humun gegeben hat?“
    „Ich habe sie nicht gezählt.“
    „Es waren wenigstens zwanzig“, rief Humun.
    „Gut. Ich habe freilich nur einen einzigen erhalten, aber –“
    „Leider!“ fiel Halef ihm in die Rede. „Ich wollte, du hättest doppelt soviel wie Humun erhalten!“
    „Schweig!“ donnerte Habulam ihn an. „Du hast nur zu sprechen, wenn ich dich frage. Übrigens danke Allah, daß er dich abgehalten hat, mich mehr zu schlagen. Ich bin der Herr und Gebieter hier, und jeder Hieb, den ich erhalte, gilt für dreißig. Das macht mit den zwanzig, die du Humun gegeben hast, fünfzig, welche du jetzt auf die Fußsohle empfangen wirst. Tritt heran, und ziehe deine Schuhe aus!“
    Bejaz, der Knecht, machte sich mit den Stricken zu schaffen, mit denen Halef angebunden werden sollte. Ich sah meine Gefährten an. Es waren wirklich prächtige Gesichter, welche sie machten.
    „Nun, schnell!“ gebot Habulam. Und da Halef nicht gehorchte, befahl er seinem Knecht Bejaz:
    „Gehe hin und hole ihn herbei!“
    Der Knecht trat auf Halef zu. Dieser zog eine seiner Pistolen aus dem Gürtel, hielt sie ihm entgegen und knackte mit dem Daumen die beiden Hähne auf. Da sprang Bejaz zur Seite und schrie seinem Herrn erschrocken zu:
    „O Allah! Dieser Mensch schießt! Hole dir ihn selber!“
    „Feigling!“ antwortete Habulam. „Du bist ein Riese und fürchtest dich vor diesem Zwerg?“
    „Nein, nicht vor ihm, sondern vor seiner Pistole.“
    „Er darf nicht schießen. Auf, ihr Leute! Faßt ihn und bringt ihn her!“
    Die Knechte warfen einander höchst bedenkliche Blicke zu. Sie fürchteten sich vor dem Hadschi. Nur einer zeigte jetzt, daß er Mut habe. Das war Suef, der Schneider. Er zog auch eine Pistole aus der Tasche, während wir vorher eine solche Waffe nicht bei ihm bemerkt hatten, trat näher und sagte zu dem Knecht:
    „Bejaz, tue deine Pflicht! Sobald er seine Pistole erhebt, schieße ich ihm eine Kugel in den Kopf!“
    Gestern schien dieser Mensch das friedfertigste und harmloseste Schneiderlein zu sein, und jetzt trug sein Gesicht den Ausdruck eines Hasses und einer Entschlossenheit, welcher anderen Leuten, als wir waren, hätte Angst machen können!
    „Du, Schneider, willst schießen?“ lachte Halef.
    „Schweig! Ich bin kein Schneider! Was habt ihr Fremden hier bei uns zu suchen? Was gehen euch unsere Angelegenheiten an? Ihr wollt uns hindern, zu handeln, wie es uns gefällt, und seid doch so unsäglich dumm, mich für einen Schneider zu halten! Wenn ihr wüßtet, wer und was ich bin, so würdet ihr zittern vor Angst. Aber ihr sollt mich kennenlernen, und bei dir werde ich beginnen. Wenn du dich nicht augenblicklich hin zur Bank verfügst und dort deine Schuhe ausziehst, so werde ich uns Gehorsam zu verschaffen wissen!“
    Das war wirklich im Ernst gesprochen. Halef blinzelte ihn von der Seite an, nahm die Pistole in die linke Hand, worauf ich erriet, was folgen würde, und fragte im freundlichsten Ton:
    „Wie willst du denn das anfangen?“
    „So – auf diese Weise!“
    Suef streckte den Arm aus, um den Hadschi an der Brust zu

Weitere Kostenlose Bücher