16 Science Fiction Stories
vierte Planet. Eins der Beobachtungsschiffe hat ihn vor sechs Jahren gefunden – die Schiffe sind jetzt seit fünf Monaten zurück.«
»Haben sie eine geografische Übersichtskarte?«
»Ja, hier ist sie.« Moravia zog ein Blatt aus der Tasche.
Schaefer studierte die Karte sorgfältig. Es gab vier große Kontinente und verschiedene ausgedehnte Inseln. Die Übersicht hatte sich hauptsächlich mit der Kultur-Verteilung beschäftigt. Alles war nur flüchtig skizziert. Offenbar lebten die meisten der Leute von Jagd und Landwirtschaft. Es gab drei landwirtschaftliche Zentren; der eine Kontinent schien nicht bewohnt.
Es gab keine großen Städte, obgleich sich in mehreren Gebieten eine Anzahl von kleineren Siedlungen befand. Mit zunehmender Enttäuschung überprüfte er die Karte noch einmal genau. Außer etwas Kupfer waren keine Metalle verzeichnet.
Er legte die Pfeife auf den Tisch. »Verdammt«, sagte er.
»Jawohl«, stimmte ihm Moravia zu. »Wir stecken fest.«
Schaefer stand auf und ging im Zimmer hin und her. Es war zum Verrücktwerden. Es war, als hätte man einen kurzen Blick ins Paradies geworfen und nun schlüge einem die Tür vor der Nase zu.
»Ein Irrtum ist ausgeschlossen?«
»Ja.«
Schaefer setzte sich wieder hin und steckte die Pfeife zwischen die Zähne. Damals, vor zwölf Jahren, als sie Pollux entdeckt hatten, war es hart genug gewesen. Pollux war das erste gewesen, das erste System mit humanoiden Lebewesen, der erste positive Beweis dafür, daß der Mensch nicht allein im Universum war.
Das war das Ende einer jahrhundertelangen Suche gewesen.
Die fünfte Welt von Pollux, neunundzwanzig Lichtjahre von der Erde entfernt, besaß eine Zivilisation: Stadtbildungen, die Schrift, fortgeschrittene Technologie. Sie. besaß sogar eigene Raumschiffe, wenn sie auch zu interstellarer Raumfahrt noch nicht fähig waren. Schaefer erinnerte sich noch gut an die Erregung, das Versprechen, die diese Entdeckung mit sich gebracht hatte. Er hatte gebeten, ausgewählt zu werden, an der diplomatischen Mission teilzunehmen, als Teil des wissenschaftlichen Teams. Man hatte ihn übergangen. Immer wieder hatte er sich gesagt, daß er sowieso nicht hätte mitfahren können, er hätte die Kinder nicht allein aufwachsen lassen können, während er unendlich lange Jahre fort war, die es dauerte, um ein anderes Sternensystem zu erreichen –
Er schob diesen Gedanken beiseite. Die Kinder waren inzwischen fort. Und jetzt war es auch nicht mehr wichtig. Pollux V hatte eine Zivilisation, die der der Erde im großen und ganzen vergleichbar war. Die Erde konnte Kontakt mit den Eingeborenen aufnehmen, mit ihnen verhandeln, mit ihnen Waren austauschen.
Der vierte Planet von Aldebaran war etwas völlig anderes. Schaefer kannte das Gesetz und billigte es. Es hatte in den UN genug Mächte gegeben, die sich noch an ihren einstigen Status als Kolonie erinnerten, so daß das Gesetz eine Selbstverständlichkeit war.
War es eine Bürde für den Erdenmenschen?
Sollten die Eingeborenen bekämpft werden, wenn sie anders aussahen?
Sollten sie zusammengetrieben und in Reservate gebracht werden?
Nein, danke!
Das Gesetz war deutlich. Wenn ein Planet mit humanoiden Wesen gefunden wurde, die sich technisch oder rechtlich nicht verteidigen konnten, dann gab es nur eine Politik: Hände weg.
Kein Handel, keine Erforschungen, keine wissenschaftlichen Missionen. Kein Geschwätz über Fortschritt und unterentwickelte Gebiete.
Kein vorsätzliches Abschlachten.
Das Gesetz stellte einen großen Triumph der Toleranz dar: Laßt sie allein!
Schaefer verstand dieses Gesetz und glaubte daran. Er kannte die ganze lange, schmutzige Geschichte der sogenannten Zivilisation: die Tasmanier, die wie Tiere gejagt worden waren, bis man sie völlig ausgelöscht hatte; die Afrikaner, die in stinkende Schiffe verladen und als Sklaven verkauft worden waren; die von Krankheiten dahingerafften Polynesier. Die Indianer, die von den spanischen Eroberern gequält worden waren und dann ausgelöscht wurden, nur weil sie im Wege standen.
Es war ein gutes Gesetz; das beste Gesetz, das es je gab.
Er reichte die Fotografien zurück.
»Zu schade«, sagte er. »Aber es gibt wichtigere Dinge als die Wissenschaft.«
Moravia blickte zu Boden. »Ja. Ich wußte, daß Sie das sagen würden, deshalb kam ich zu Ihnen.«
Schaefer wartete, auf seiner Stirn formten sich Schweißtropfen.
Moravia blickte sich im Büro um, sein Blick schweifte über die Ölgemälde an den Wänden,
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