160 - Der untote Kreuzritter
Stellau Coco vor einem Jahr erzählt hatte. Weshalb hatte Rebecca uns diese Aufzeichnungen geschickt? Und hatte dieser Heinrich von der Laufen etwas mit der Vision zu tun?
„Ja, das glaube ich", antwortete ich.
„Das scheint mir doch ziemlich unwahrscheinlich zu sein", brummte Virgil. „Seit diesen Vorfällen sind fast achthundert Jahre vergangen."
„Das besagt nicht viel. In einigen alten Burgen und Schlössern hausen Geister, die in Wirklichkeit aber Untote sind, die keine Ruhe finden. Zu dieser Gruppe von Gespenstern gehört Heinrich. Toth ist tot, wem gehorcht nun der Untote?"
„Cocos Freundin", fauchte Abi. „Das ist doch klar."
„Vielleicht hast du recht", stimmte ich widerstrebend zu.
„Dann sollten wir uns mal in der Burg Laufen umsehen", sprach Abi Flindt weiter, „und den Untoten ausschalten."
Ich nickte zustimmend.
„Ich werde den Computer befragen", sagte Burkhard Kramer. „Vielleicht haben wir Aufzeichnungen über die Burg."
„Ja, das kann nicht schaden", stimmte ich zu. „Außerdem sollten Trevor Sullivan und Unga von den Vorfällen verständigt werden."
„Das besorge ich", meinte Virgil, der zusammen mit Burke die Bibliothek verließ.
Langsam bewegte ich mich hin und her. Die von Coco und Burian vor einiger Zeit zusammengemixte Heilsalbe wirkte bereits, denn ich verspürte kaum noch Schmerzen.
Wie erwartet, weigerte sich Martin schlafen zu gehen. Er hockte sich zu mir auf die Couch und blickte mich forschend an.
„Schläft deine Mutter noch immer?" fragte ich sanft.
„Einmal wachte sie auf1', antwortete mein Sohn. „Sie ist nur müde, aber in ein paar Tagen ist sie wieder gesund. Ist Phillip schwer krank? Muß er sterben, Pa?"
„Nein", sagte ich überzeugt.
„Phillip hat uns das Leben gerettet?"
„Ja, das stimmt."
„Weshalb wurde Tirso so böse, Pa?"
Genau dieses Thema hatte ich vermeiden wollen, aber vermutlich war Martin während des Kampfes mit Coco in Gedankenkontakt gewesen.
Lügen war nun sinnlos. Ich erzählte ihm vom Kometen und von seiner Ausstrahlung, die für einige Personen nicht sehr bekömmlich war. Immer wieder unterbrach er mich mit Fragen, die ich wahrheitsgetreu beantwortete.
Martin schien alles zu verstehen. Meine Befürchtung, daß er nun Tirso meiden würde, erfüllte sich nicht. Vor dem Zyklopenjungen hatte er keine Angst.
Vor der magischen Kugel hockte eine knochige Frau, die ein schwarzes Kleid trug, das aus Dutzenden von Schleiern zu bestehen schien. Ihr dunkles Haar war streng nach hinten gekämmt und im Nacken mit einer Spange zusammengebunden. Das hagere Geiergesicht war nur wenig anziehend. Ihr Kopf ruckte unentwegt hin und her. Irgendwie erinnerte die Bewegung an ein Huhn, das Körner auf pickte.
Persea Jadit war eine der wenigen Vampirinnen, die über stark ausgeprägte magische Fähigkeiten verfügte.
Fast hundert Jahre lang war sie Skarabäus Toths Gefährtin gewesen, doch das war nun auch schon über zweihundert Jahre vorbei. Sie waren verschiedene Wege gegangen. Persea hatte Europa verlassen und sich in Ägypten niedergelassen. Manchmal besuchte sie ein paar Sippen in Südamerika, doch die kalten Winter in Europa mied sie, wenn es sich vermeiden ließ.
Vor ein paar Stunden war sie mit zwei ihrer Dienerinnen im sogenannten Jungfrauenturm eingetroffen, den ihr Toth zusammen mit der Burg Laufen zum Abschied geschenkt hatte. Der Turm war ein unscheinbares Gebäude, das sie aber innerhalb weniger Minuten aktiviert hatte. Um die Burg, die nur mehr eine Ruine war, hatte sie sich noch nicht gekümmert.
Ganz bewußt hatte sie diesen Ort für ihr morgiges Treffen mit Rebecca gewählt. Dazu mußte sie aber noch einige Vorbereitungen treffen.
Kaum war es im kleinen, düsteren Raum wohlig warm geworden, hatte sie sich sofort nach passenden Opfern umgesehen und sie auch bald gefunden.
Virna war zum kleinen Dorf unterwegs, und Citas Ziel war eine Jagdhütte.
Die Vampirin lächelte zufrieden, als Nadja Stellau das Gasthaus verließ. Das blondhaarige Mädchen war ganz nach Persea Jadits Geschmack, voller Gier beugte sie sich vor, um alles besser sehen zu können.
Virna sprang die Blondine an und…
Ihre Dienerinnen waren auf magische Weise mit ihr verbunden.
Es war, als hätte sie selbst den Hieb mit der Gemme erhalten. Schmerzgepeinigt heulte Persea Jadit auf. Für ein paar Minuten war sie blind.
Und sie veränderte sich…
Eine uralte hagere Frau mit langem, stumpfem und eisengrauem Haar saß nun vor der Kugel. Das häßliche
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