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160 - Die Schrecken von Kabuul

160 - Die Schrecken von Kabuul

Titel: 160 - Die Schrecken von Kabuul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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eine lose Diele ab und öffnete eine der vier Kisten. Sie entnahm ihr einen Riegel SAK, packte ihn aus und brach sich ein Stück ab. Gebra streckte gierig ihre zitternde Hand aus, Aruula gab ihr einen Klumpen der rotbraunen Masse. Gemeinsam kauten sie.
    »Die letzten Hütten Kabuuls lagen kaum zehn Speerwürfe hinter ihr, da fielen Räuber über Gebra und ihre Begleiter her. Sie verlor alles, was sie besaß…« Mit gesenktem Kopf erzählte er, dass die Frau sich prostituieren musste, um ihr Leben zu erhalten und ihre Sucht zu finanzieren. Als Freier begegnete Kara Bin Paali ihr zum ersten Mal. Seitdem liebte er sie. Gemeinsam mit den Wegelagerern Ali Bin Kurt und Marco Bin Ali lebten sie zwei Jahre lang von Raubzügen. Bis sie Aruula überfielen …
    »Was ist denn mit den Männern und Frauen von der WEER?«, wunderte sich Aruula. »Sie stellen das Zeug doch her…«
    »… aus dem Harz einer Pflanze, die sie südlich und westlich der Stadt auf streng bewachten Plantagen anbauen«, bestätigte Kara Bin Paali. »Wer auch nur in die Nähe der Felder kommt, riskiert sein Leben!«
    »Sind sie nicht alle süchtig?«
    »Nein.«
    »Aber… aber sie stellen SAK doch in ihren Hauptquartieren her! Sie lagern die Riegel doch in ihren Kellern, wenn ich dich richtig verstanden habe.«
    »So ist es«, bestätigte Kara Bin Paali. »Doch gibt es eine Art Grundgesetz bei ihnen, dass man kein SAK kauen darf.«
    »Und sie halten sich daran?« Aruula war fassungslos. Vor wenig mehr als einer Woche hatte dieser gerissene Heiler ihr das Zeug als vermeintliche Medizin verpasst, und jetzt, eine Woche später, hätte sie geschworen, nie mehr ohne die herbsüße, rotbraune Masse leben zu können. Und da gab es Männer und Frauen, die wohnten gewissermaßen Tür an Tür mit der Droge und konnten darauf verzichten? »Das kann ich nicht glauben!«
    »Es ist aber so«, sagte Kara Bin Paali leise. »Selten, ganz selten nur probiert einer von ihnen das Zeug. Ihrem Grundgesetz gemäß wird so einer sofort aus der WEER ausgestoßen. Diese Leute sind äußerst diszipliniert, musst du wissen…«
    »Kein Kunst«, sagte Gebra. »Sie trinken ja stattdessen dieses bittere Zeug.«
    »Bitteres Zeug?«
    »Auch so eine Art Grundgesetz bei der WEER.« Kara Bin Paali nickte. »Sie trinken einen vergorenen Getreidesaft. Niemand kennt das Rezept…«
    »Sie nennen ihn ›Biir‹«, ergänzte Gebra.
    »Das kenne ich!«, warf Aruula ein. »In anderen Teilen der Welt bekommt man es an jedem Ausschank. Wenn man zu viel davon trinkt, verwirrt es die Sinne.«
    »Ihre Vorfahren stammen nicht aus dieser Gegend«, fuhr Kara Bin Paali fort. »Sie haben sich aber mit den Ureinwohnern Kabuuls vermischt. Seit zweihundert Wintern etwa achten sie wieder sehr auf ihre Abstammungslinie. Wenn sie jemanden in der WEER aufnehmen, der nicht durch Geburt zu ihnen gehört, dann muss er in zwei Tagen ein ganzes Fass ihres Getreidegebräus trinken. Wenn er überlebt, wird er aufgenommen.«
    »Verrückt«, murmelte Aruula. »Vollkommen verrückt…«
    »Wie man es nimmt…« Kara Bin Paali zuckte mit den Schultern. »Auf diese Weise halten sie sich das verfluchte SAK vom Leib.«
    »Und du?«, fragte Aruula. »Was ist mit dir? Brauchst du denn das Zeug nicht?«
    »SAK? Ich habe aufgehört damit.« Kara Bin Paali ballte die Fäuste. »Aus eigener Kraft!«
    Aruula horchte auf. »Das geht?«
    »Niemals!« sagte Gebra. »Das schafft niemand!« Sie kaute schmatzend.
    »O doch«, widersprach Kara Bin Paali. »Du musst dir das Gestammel der alten Suchtbrüder nur lange genug anhören! Du musst sie nur genau genug anschauen, all diese Lumpengestalten, die sich abarbeiten, um das verfluchte SAK eintauschen zu können, die ihm ihre Kraft opfern, ihr Gewissen, ihre Körper…! Du musst nur gut genug hinschauen und es aus ganzer Kraft wollen!«
    »Hör auf!« Gebra versuchte sich die Ohren zuzuhalten, doch mit nur noch einer Hand geriet das zu einem unmöglichen Kunststück, »Hör endlich auf, mich zu quälen, du Scheusal…!«
    Kara Bin Paali schnitt eine angewiderte Miene. »Ich werde dich quälen, bis du los bist von diesem Orguudoo-Mist!« In dieser Hinsicht schien der stämmige Bursche ähnlich gnadenlos zu sein wie mit seinen Säbeln.
    Aruula hatte aufgehört zu kauen. Schon strömte wieder heißes Blut durch ihren Körper, schon verhüllten wieder Nebel ihr Hirn. Und wie stark sie sich fühlte – gut und stark. »Was genau bedeutet eigentlich SAK?« Sie kaute weiter.
    »SAK steht für ›Sor

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