1601 - 10. Januar 1200
auf dem Worte stehen. Mein Chef bittet Kemeny Huskabor um einen Gefallen."
„Warum spricht er ihn nicht auf die übliche Weise an? Per Computerpost, meine ich."
„Mein Freund Nadjib", seufzte Joshu, „sollte es dir wirklich entgangen sein, daß auf ganz Terra so gut wie kein einziger Computer mehr funktioniert?"
„Richtig! Das hatte ich ganz vergessen." Nadjib kratzte sich hinterm Ohr. „Ich sag' dir was. Gib mir das Ding, und ich verspreche dir, ich drücke es Huskabor in die Hand, sobald er aus seiner Besprechung kommt."
Joshu Ionson zögerte. Aber schließlich sah er ein, daß ihm keine andere Wahl blieb. Er zog den Umschlag aus der Tasche hervor und reichte ihn dem Pförtner. Nadjib betrachtete das aus kräftigem Papier gefertigte Gebilde mißtrauisch und faßte es mit Daumen und Zeigefinger am äußersten Ende. „Ich muß mich auf dich verlassen können", sagte Joshu. „Wenn Huskabor die Nachricht rechtzeitig bekommt, springt eine Belohnung für dich dabei heraus."
„Wird gemacht", grinste Nadjib. „Die Belohnung ist schon so gut wie verdient."
*
Man mochte über Kemeny Huskabor denken, wie man wollte. Der Mann verkörperte allein eine ganze Abteilung des Innenministeriums, und er vergeudete keine Zeit. Schon früh am nächsten Morgen lag, durch einen Kurier überbracht, seine Antwort auf Lep Wagners Ansuchen vor. Der entscheidende Satz lautete: „... und kann ich daher, in Anbetracht der verworrenen Lage der Stadt und des Umlands, deiner Bitte nicht stattgeben."
Lep schlug mit dem Handrücken auf das mit einem verrutschten, aber amtlichen Stempel versehene Folienstück. „Da habt ihr's", sagte er. „Eine glatte Absage."
In der Ecke knisterte der elektrische Heizofen lustig vor sich hin. Boris Siankow wirkte übernächtigt. Er hatte kein Auge zugetan, sondern an der Programmierung des positronischen Tischrechensystems gearbeitet. Joshu Ionson hatte fünf Stunden traumlosen Schlaf hinter sich und fühlte sich weidlich ausgeruht. Wie Joe Vermouth die Nacht verbracht hatte, wußte man nicht. Im Augenblick jedenfalls war er am Frühstücken. Er hielt einen Knautschbeutel in der rechten Hand und nuckelte ab und zu daran. „Zeig mal her", sagte er und griff über Lep Wagners Schulter hinweg nach dem Antwortschreiben des Abteilungsleiters AMOKTOMI. Wahrscheinlich hatte er schon ein bißchen zuviel gefrühstückt. Jedenfalls hielt er den Wermutbeutel mit der Öffnung nach unten, und ein Teil der dicken, klebrigen Flüssigkeit ergoß sich über das Folienstück mit dem schiefen Stempel. „Paß doch auf, du Schnapsdrossel!" ärgerte sich Lep. „Oh, tut mir leid", sagte Joe. „Warte, das haben wir gleich wieder trocken."
Er kippte die Folie und ließ die Flüssigkeit ablaufen. Dann trat er zu dem kleinen Heizofen und kniete davor nieder. Er hielt das Folienblatt in den Strom der heißen Luft. „Bist du verrückt?" schrie Lep Wagner. „Weißt du nicht..."
Da stand Joe Vermouth schon wieder auf den Beinen. Ein merkwürdiger Ausdruck lag auf seinem Gesicht, halb Bedauern, halb Schadenfreude. „Seht doch, was mir passiert ist!" rief er und hielt die Folie in die Höhe. „Du Narr!" schimpfte Lep. „Weißt du nicht, daß Schreibfolie hitzeempfindlich ist?"
Joe Vermouth legte das Schriftstück vor ihm auf die Tischplatte. Der Heißluftstrom des Ofens hatte den größten Teil des Folienmaterials versengt und die Schrift unleserlich gemacht. Zu erkennen war nur noch: „... und kann ich daher ... stattgeben."
„Na also", lachte Joshu und schlug dem Landstreicher fröhlich auf die Schulter. „Dann kann ja nichts mehr schiefgehen. Kemeny Huskabor hat unserem Ersuchen stattgegeben."
Boris Siankow trat hinzu, sah, was Joe Vermouth angerichtet hatte, und grinste. „Worauf warten wir noch?" fragte er. „Wir sollten mit dem Einsammeln der benötigten Geräte anfangen, bevor es dieser Huskabor sich anders überlegt."
„Ihr seid alle nicht ganz sauber", knurrte Lep Wagner. „Mit diesem Ding in der Hand kommen wir keine zehn Schritte weit."
„Das wollen wir erst mal sehen", widersprach Joshu Ionson. Er faltete die Folie zusammen und schob sie in die Tasche. „Versengt oder nicht, da steht, was da steht. Joe wird uns seinen Leiterwagen leihen, nicht wahr?"
„Ich komme mit", erklärte Joe. „Noch besser", lobte Joshu. „Die nächste Sammelstelle des AMOKTOMI liegt weniger als zwei Kilometer von hier entfernt. Ich war oft dort und kenne mich in den Gebäuden aus. Los, Leute!
Wir sollten
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