1603 - In der Toten Zone
zu. „Wo befindet sich der Leichnam meines Vaters?" wollte er dann wissen. „In der zweiten Kammer hinter dem Medo-Schrank. In einer Metallkiste, die eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Sarg hat." Xero erkannte auch ohne weitere Erklärungen, was der Junge beabsichtigte, „Die mittlere Personenschleuse auf dem Mitteldeck habe ich überprüft. Sie funktioniert rein mechanisch und ist voll betriebsbereit."
„Ich wünsche dir viel Erfolg, Xero", sagte Angus. „Bitte, melde dich von Zeit zu Zeit über Funk, damit ich weiß, woran wir sind. Oder rufe mich, wenn du Hilfe brauchst."
„Du hörst von mir."
Der Junge beschleunigte und kehrte zurück in die Zentrale. Ma hing unverändert in ihrem Sessel. Ihre Augenlider zuckten leicht. Das war ein Zeichen dafür, daß die Paralyse schneller nachließ, als Xero vermutet hatte.
Vielleicht funktionierte sein Paralysator auch nicht mehr richtig. „Ma", sagte Angus. „Ich weiß, daß du mich hören kannst. Bitte versteh, daß ich das tue, was mir mein Gefühl sagt. Ich will dich nicht verlieren. Daher erscheint es mir nicht gut, wenn du dich an die QUADRIGA gebunden fühlst. Xero und ich finden einen Ausweg."
Er löste die Gurte, die Rhea Ryttusko an den Sessel gehalten hatten, und schleppte seine Mutter hinaus in den Gang und von dort zum Mitteldeck. Nahe den drei Personenschleusen befestigte er sie an einer Verstrebung. „Ich bin gleich zurück, Ma!"
Als er dann wiederauftauchte, schob er eine große Metallkiste vor sich her. Er hatte aus der Wohnkabine ein großes, dunkelblaues Tuch geholt, es darüber gedeckt und an den Ecken notdürftig befestigt.
Er öffnete das Innenschott der mittleren Personenschleuse und schob den behelfsmäßigen Sarg hinein. Das blaue Tuch bewegte sich leicht in der Schwerelosigkeit, als befände sich darunter etwas Lebendiges.
Der Junge legte einen kleinen Sprengsatz an der Unterkante des Innenschotts ab und schloß es. Er stellte sich hin, so gut es bei der fehlenden Gravitation eben ging, und sprach: „Dad! Ich weiß nicht, woher du einmal gekommen bist. Ich weiß nicht, wohin du jetzt gehst. Ich weiß aber, daß Mas Liebe und meine immer bei dir sein werden. Und ich bin mir sicher, daß wir alle uns irgendwann und irgendwo wiedersehen werden."
Er öffnete das Außenschott. Die entweichende Luft ließ das blaue Tuch noch stärker flattern und zerrte den Sarg etwas mit. Angus löste den kleinen Sprengsatz aus. Nun strebte der Sarg schnell hinaus ins Dunkel des Alls.
Der Junge stand noch Minuten später stumm da, als von dem Sarg längst nichts mehr zu sehen war. Dann ging ein Ruck durch seinen Körper. Er schloß das Außenschott, löste seine reglose Mutter aus der Halterung und steuerte sich mit ihr zurück in die Zentrale. „Das hast du gut gemacht", sagte Rhea Ryttusko leise, als er sie in den Sessel legte und die Gurte schloß. „Danke, Angus!"
Ihre Paralyse war abgeklungen, und sie nahm etwas Nahrung über das Versorgungssystem des Raumanzugs auf. Sie brachte sogar ein leichtes Lächeln hervor, als sie ihrem Sohn versicherte, daß sie ihre Krise überwunden hätte.
Das klang überzeugend, zumal Rhea freiwillig und „nur zur Sicherheit", wie sie sagte, noch einen Transquilator einnahm. Angus aß auch etwas und informierte Xero über die positive Entwicklung seiner Mutter.
Irgendwann danach schlief der Junge beruhigt ein. Er erwachte erst wieder, als die Stimme Xeros ihn über die Funkanlage drängte, daß er sich endlich melden solle. Rhea hatte den Ruf gar nicht gehört, denn sie hielt die Augen noch geschlossen. „Ja, Xero", antwortete Angus und stieß seine Mutter an. „Ich höre dich. Wir waren ein wenig eingeschlafen."
Rhea Ryttusko schlug die Augen auf. „Paßt gut auf, ihr beiden!" erklang es. „Ich habe alle Arbeiten an der QUADRILLE erledigt und die Systeme getestet. Die Energiespeicher sind aufgefüllt. Die Nahrungsbehälter ebenfalls. Das Trinkwasser reicht für hundert Jahre. Am Außenschott der QUADRIGA-III hängt eine Sprengladung. Die QUADRILLE kann eigentlich sofort starten. Was noch fehlt, seid ihr zwei. Darf ich euch auf eine lange Reise einladen?"
Angus und Rhea warfen sich nur einen kurzen Blick zu. Das Band zwischen ihnen war wieder geknüpft.
Gemeinsam flogen sie zum Heck, wo Xero sie erwartete. Sie kletterten in die QUADRILLE und schlössen die Luken an der Oberseite. Der Roboter stellte den Zünder für den Sprengsatz ein.
Dann flog das Schott nach draußen. Xero beschleunigte. Der Weltraum
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