Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1605 - Blutnacht - Liebesnacht

1605 - Blutnacht - Liebesnacht

Titel: 1605 - Blutnacht - Liebesnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
sein Gebiet, John, seine Wirkungsstätte. Heißt es denn nicht, dass es den Täter immer wieder an den Ort seiner Tat zurückzieht?«
    »So sagt man, Dagmar.«
    »Und darauf setze ich.«
    Das war schlecht nachzuvollziehen. Aber etwas mussten wir unternehmen, und da konnten wir hier sogar Glück haben.
    Sie sah mich an. »Überzeugt bist du nicht?«
    Ich hob die Schultern.
    »Ich habe schon meine Probleme damit«, sagte ich, »und frage mich auch, was er hier soll. Hier gibt es für ihn keine Beute, und die Toten wird er nicht aus der Erde buddeln. Er ist schließlich kein Ghoul und…«
    »John, da ist was!«
    Dagmar hatte mich mitten im Satz unterbrochen und legte einen Finger auf ihre Lippen.
    Ich verstand die Geste und sagte kein Wort mehr. Dagmar hatte sich nicht getäuscht. Es gab die Stille nicht mehr. Ein Geräusch hatte sie unterbrochen, und es hatte sich angehört wie ein Knirschen im Schnee.
    Ob weiter von uns entfernt oder in der Nähe, das hatten wir nicht herausfinden können. In dieser Umgebung trug der Schall recht weit.
    Dagmar rückte mit der richtigen Idee heraus, als sie vorschlug: »Sollten wir nicht irgendwo Deckung suchen?«
    »Wäre nicht schlecht.«
    »Dann komm hinter den großen Grabstein, der reicht für uns beide.«
    Dagegen war nichts einzuwenden. Wir schlichen die paar Schritte bis zu diesem Ort, machten uns sehr dünn, bevor wir über den Grabstein hinwegschauten.
    Es mochte wie ein lächerliches Versteckspiel wirken, aber das war es nicht. Auf diesem Friedhof war etwas Furchtbares geschehen. Zwar in der vergangenen Nacht, was nicht hieß, dass die Dinge schon vorbei waren.
    »John, da kommt jemand.«
    »Und?«
    »Ich kann noch nichts Genaues erkennen, aber das ist ein Mensch. Und er bewegt sich in unsere Richtung.«
    »Kann er uns sehen?«
    »Ich denke nicht.« Sie stieß den Atem aus. »Oder noch nicht.«
    Es war besser, wenn wir nichts sagten. Wer konnte schon wissen, wie weit der Schall den Klang unserer Stimmen trieb?
    »Er kommt nicht zu uns«, meldete Dagmar Sekunden später.
    »Sondern?«
    Ich hörte ihr leises Lachen und dann den Grund dafür. »Das ist - das ist eine Frau, John.«
    Ich erschrak und dachte sofort an Darius, den Blutsauger. War er nicht hinter weiblichen Personen her? Hatte er sie sich nicht aus dem Internet geholt? War er der Tröster der einsamen Herzen?
    »Das ist bestimmt sein nächstes Opfer«, flüsterte ich.
    »Du nimmst mir die Worte aus dem Mund.«
    »Okay. Und was macht sie?«
    »Sie geht nicht mehr weiter. Sie wartet auf einem Weg zwischen den Grabreihen.«
    »Schaut sie her?«
    »Nein, auch das nicht. Wir haben Glück, denn sie dreht uns sogar den Rücken zu.«
    Diese Antwort verleitete mich dazu, mich etwas aus meiner Deckung zu erheben, um einen besseren Überblick zu haben.
    Ja, da stand sie. Eingehüllt in einen langen Mantel. Unter einer braunen Strickmütze schaute lackschwarzes Haar hervor. Die Frau hatte beide Hände in den Taschen ihres Mantels vergraben und trat von einem Fuß auf den anderen. Sie machte auf mich den Eindruck einer Person, die auf jemanden wartete.
    Was sollten wir tun?
    Da gab es einige Möglichkeiten. Die Frage war nur, welche die richtige war. Allein stehen lassen wollte ich sie nicht. Auf der anderen Seite war sie für uns so etwas wie ein Lockvogel für Darius.
    Doch das würde sie wieder in Gefahr bringen.
    »Was tun wir, John? Oder sollen wir überhaupt etwas tun?«
    Eine Antwort auf die Frage erübrigte sich, denn die Frau nahm uns die Entscheidung ab. Ohne einen für uns ersichtlichen Grund fuhr sie auf dem Absatz herum.
    Wir konnten nicht so schnell hinter dem Grabstein verschwinden. Zudem war er nicht so groß wie wir, und so war es nur eine natürliche Folge, dass sie uns sah.
    Ein Schrei löste sich aus ihrem Mund. Sie holte eine Hand aus der Manteltasche und presste sie gegen ihren Mund. Wen immer sie erwartet hatte, wir waren es bestimmt nicht. Für einen Moment schien sie schockiert und zur Salzsäule erstarrt auf diesem alten Totenacker mit der dicken weißen Schneeschicht.
    »Okay, dann schauen wir uns die Kleine mal an«, schlug ich vor.
    Sie tat noch immer nichts, obwohl wir auf sie zugingen.
    Es war noch immer hell genug, um ihr Gesicht zu sehen. Es war recht bleich von der Haut her, aber da kam noch etwas hinzu. Die Blässe hatte sie an einigen Stellen überschminkt und das mit einer tief schwarzen Farbe. Unter den Augen malten sich die Ringe ab, die Wimpern waren extrem lang und ebenfalls schwarz. Ob

Weitere Kostenlose Bücher