1605 - Blutnacht - Liebesnacht
ihre Kollegen gestürzt oder wird es noch tun, denn sie ist für mich…«
Und dann erwischte mich der harte Schnee. Es war wohl mein Fehler, dass ich zu sehr auf sein Gesicht geachtet hatte und zu wenig oder gar nicht auf seinen Körper.
Zudem war die Sicht noch leicht verschwommen, und sein Tritt schleuderte mir den Schnee nicht nur als Körner entgegen, sondern als eine harte Masse, die mich kalt und voll ins Gesicht traf.
Es war auch mein Fehler gewesen, ihn nicht mit der Waffe zu bedrohen, so riss ich sie zu spät hoch, und der Blutsauger hatte sich in dieser kurzen Zeitspanne in einen fliegenden Schatten verwandelt, der durch den Vorhang aus Eisregen huschte.
Ich musste ihn kriegen. Ich musste schneller sein, und das bei diesen fürchterlichen Bedingungen, aber eine andere Chance hatte ich wirklich nicht…
***
Dagmar Hansen fiel in den Schnee, sackte ein, hörte wie nebenbei einen schrillen Schrei der Freude und bekam mit, dass Schnee-und Eiskörner über ihr Gesicht huschten.
Es war keine Zeit, sich Vorwürfe zu machen. Sie musste etwas unternehmen, sonst war sie verloren.
Sie schaffte es nicht, schnell auf die Beine zu kommen. Die weiche Unterlage bot ihr zum einen keine Stütze und zum anderen hatte Anne etwas dagegen.
Sie war schon auf die Beine gekommen, ohne allerdings eine richtige Standfestigkeit gefunden zu haben, denn sie ruderte mit beiden Armen, um das Gleichgewicht zu bewahren.
Dagmar hatte ihre Waffe noch nicht verloren. Sie hielt sie fest, was ihr im Moment nichts einbrachte, denn die Hand und die Pistole steckten tief im Schnee.
Und Anne Höller befand sich schon auf dem Weg zu ihr. Sie wollte ihr Blut. Dass sie und Dagmar Hansen einmal Freundinnen gewesen waren, das zählte nicht mehr. Jetzt wollte sie nur noch ihre Gier befriedigen.
Aber auch sie kämpfte gegen die äußeren Bedingungen. Im tiefen Schnee kam sie nicht so schnell voran, wie sie wollte, und so gelang es Dagmar, sich umzudrehen, und zwar nach links, damit sie ihre rechte Hand mit der Waffe befreien konnte.
Es würde eine Aktion werden, bei der es auf Sekunden ankam. Und Dagmar wusste nicht, ob sie schnell genug war, denn Anne brauchte sich nur fallen zu lassen, um sie zu erwischen.
Das Schicksal hatte ein Einsehen. Und es hatte in diesem Fall sogar einen Namen.
Es hieß Moni Schmitz, die es in dem Fußraum nicht mehr ausgehalten hatte. Sie hatte nicht viel sehen können durch die mit einem grauen Netz überzogene Scheibe, aber die Frau, die dort aufrecht stand, war nicht Dagmar.
Wenn sie starb, war auch ihr Leben vorbei. Und sie wollte sich dagegen wehren. Im Wagen hatte sie keine Chance, sie musste raus und rammte die Tür auf.
Sie tat es genau im richtigen Augenblick. Anne Höller hatte bereits zum Sprung angesetzt, als sie von der wuchtig aufgestoßenen Tür getroffen wurde.
Das schwere Metall schleuderte sie zur Seite. Schwer schlug sie bäuchlings in den Schnee, und Dagmar hörte, dass Moni Schmitz ihren Namen schrie.
Das sorgte dafür, dass sie blitzschnell reagierte. Noch während Anne Höller am Boden lag, schaffte es Dagmar, sich hinzusetzen. Sie zog die rechte Hand aus dem Schnee und damit die Pistole.
Der blutleere Körper der Wiedergängerin lag in Greifweite neben ihr. Er zuckte bereits. Es war ein Zeichen, dass sich Anne aufrichten wollte, aber das ließ Dagmar nicht mehr zu.
Sie griff nach rechts und drückte die Mündung gegen den Hinterkopf der ehemaligen Polizistin.
Dann jagte sie die Kugel in den Schädel der Blutsaugerin und zerstörte ihre würdelose Existenz…
***
Eines dufte nicht passieren. Ich konnte den Blutsauger auf keinen Fall entkommen lassen. Außerdem hasste ich es, wenn man mit mir spielte, denn bisher hatte ich noch jeden Vampir geschafft. Ausgenommen Will Mallmann.
Er war schnell. Er war kraftvoll. Er hatte einige Schritte Vorsprung, aber ich gehörte ebenfalls nicht zu den lahmen Enten. Ich würde ihn mir holen. Wenn möglich, noch auf diesem Areal.
Da ich gesehen hatte, wohin er gelaufen war, gab es keine größeren Probleme mit der Verfolgung. Er hatte auch seine Richtung nicht geändert. Sein Ziel war die Mauer und danach weg vom Friedhof, um mehr Platz zu haben.
Der Eisregen verschlechterte nicht nur die Sicht, er behinderte auch meinen Lauf. Aber mit den gleichen Problemen hatte auch Darius zu kämpfen. So machte ich mir keine Gedanken darüber.
Und ich kam näher, weil Darius den Fehler beging, sich umzudrehen. Er verlor deshalb wertvolle Zeit. Bestimmt hatte
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