161 - Der Kristallschlüssel
werden, dann übergibst du meinen Leichnam Windtänzer, der weiß, was damit geschehen soll.«
»Sie sagen das so einfach…« Matt war etwas schockiert; diese Verantwortung wollte er eigentlich nicht übernehmen.
»Erschreckst du wieder Außenstehende, Meister?«, erklang eine tiefe, melodische Stimme hinter ihm, und er fuhr herum.
»Windtänzer!«, rief er überrascht und erfreut.
Sogleich war er wieder von der charismatischen Ausstrahlung des ätherischen Waldbewohners eingefangen, der ihn um fast zwei Haupteslängen überragte.
Windtänzer lächelte. »Ich freue mich, dich gesund wieder zu sehen, Maddrax.« Er legte zum Gruß eine Hand an Matts Brust, der daraufhin umgekehrt dasselbe tat. Auf diese Weise, das hatte der von dem AikoCyborg getötete Schwarzstein ihm einmal erklärt, konnte man den Herzschlag des anderen fühlen und wusste, woran man war. Es war allerdings ein vertrauter Gruß nur unter Waldleuten, und Matt war erstaunt, dass Windtänzer ihn bei ihm anwandte. Sollte er etwa einen Freund auf dem Mars gefunden haben?
»Es wird Zeit, dass du kommst, Junge«, meckerte der Uralte im Hintergrund. Wie immer kauerte er in der Nähe des Strahls. »Ich werde schließlich nicht jünger!«
Windtänzer kniete sich in ehrerbietiger Haltung vor seinen Meister und senkte den Blick. »Verzeih mir, Meister. Ich habe deinen Ruf nicht eher vernommen, weil mein Geist taub war für die flüsternden Wipfel und nur noch meiner lärmenden Trauer lauschte.«
»Es ist gut, dass du einsichtig bist«, brummte Sternsang. »Nun, wie du festgestellt hast, sind die Städter gerade dabei, die ganze Anlage in die Luft zu jagen, und mich dazu. Wir werden also nicht viel Zeit haben für das, was ich dich lehren muss.«
»Glaubst du, ich bin so weit, Meister?«, fragte Windtänzer mit einer seltsamen Unsicherheit in der Stimme, die Matt überraschte. Stets schien es so, als habe Windtänzer alles im Griff. Zumindest war es so gewesen, bis er vom Tod seiner Lieblingsfrau erfuhr; das hatte ihn völlig aus der Bahn geworfen. Doch wie es aussah, erholte er sich endlich davon.
»Was für eine unsinnige Frage«, wies Sternsang ihn zurecht. »Natürlich bist du es, schon seit deiner Geburt, denn du bist Windtänzer, kein anderer. Also lass uns gleich beginnen, bevor ich wieder auf Reise gehe.«
Matthew Drax fühlte sich plötzlich fehl am Platz. »Ich gehe wohl besser.«
»Aber nein«, winkte Windtänzer ab. »Du störst nicht, Maddrax. Hier geht es nicht um großartige Geheimnisse, und außerdem wirst du die Art unseres Gespräches ohnehin nicht hören und erst recht nicht verstehen können.«
»Ach so«, meinte Matt achselzuckend.
Windtänzer fügte hinzu: »Zudem meint mein Meister, dass es von Vorteil wäre, wenn du auch weiterhin über uns wachst und darauf achtest, was dort draußen vor sich geht.« Er zwinkerte Matt zu.
Dann steckten die beiden die Köpfe zusammen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Windtänzer nahm dieselbe Haltung ein wie Sternsang. Knie an Knie hockten sie voreinander, die Oberkörper nach vorne geneigt, Stirn an Stirn gelegt. Sternsangs Hände, die auf den Knien lagen, waren mit der Handfläche nach oben gerichtet. Windtänzer legte seine Hände in die seines Meisters. Sie schlossen die Augen, und ihre Lippen bewegten sich in lautlos gemurmelten Worten.
Matt, der sie beobachtete, hatte auf einmal das Gefühl starker Energieströme, und er bildete sich ein, eine schwach schimmernde dünne Aura zu sehen, die beide Körper umgab. Die Welt, die diese Männer teilten, war nicht seine. Und auch nicht die der Städter.
Das Waldvolk stand in einer einzigartigen Verbindung zu seinem Planeten, die geradezu ans Paranormale grenzte. Es war nicht nur Naturverbundenheit, sie konnten tatsächlich mit Pflanzen und Tieren kommunizieren, auch die weit verstreuten Sippen konnten einander auf geheimnisvolle Weise fühlen.
Am deutlichsten trat die enge Bindung an den Mars durch die Korallenbäume und die TjorkKäfer zutage; alle drei Lebensformen profitierten in einer Art Symbiose voneinander.
Diese Entwicklung war mit nichts auf der Erde zu vergleichen. Kein Wunder, dass Städter und Waldleute sich nicht »grün« waren; hier handelte es sich ganz offensichtlich um eine mutierte zweite Menschenrasse.
Das zeigte auch die Kälteunempfindlichkeit und das stärker veränderte Aussehe,; das Matt in einer scherzhaften Anwandlung einmal als »elfisch« bezeichnet hatte. Da er wie stets auf Unverständnis gestoßen
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