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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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das Tor zum Paradies, das man ihr gerade vor der Nase zugeschlagen hatte. Saburo nickte Fludd höflich zu, sprach mit einem Offizier und ging dann zu dem anderen Trupp in unserer Flanke.
    »Ich erwähne das, Mademoiselle, weil im Augenblick vermutlich weitere Männer durch die Bäume hinter uns anrücken, und Schwimmen könnte die beste Fluchtmöglichkeit sein … je nachdem, wie gut sie schießen können …«
    Sie hört mir nicht zu, erkannte ich.
    »Dariole …«
    Schmerz schoss durch meine Eingeweide. Ich konnte nicht mehr atmen und sackte auf ein Knie.
    Erst im Nachhinein wurde mir klar, was genau geschehen war: Mit der Schnelligkeit eines Duellanten hatte sie ihren Dolch gezogen und ihn mir unmittelbar unter die Rippen gerammt.
    Ich fiel und rang mit schmerzenden Lungen nach Luft.
    Kein Blut!, erkannte ich und hockte vornübergebeugt auf der Erde. Die Arme hatte ich unwillkürlich um den Bauch geschlungen. Das war der Knauf des Dolches … Warum …?
    Dariole bewegte sich vorwärts. Sie ging mit festem Schritt, und ihr Zorn fand seinen Ausdruck in ihren geballten Fäusten. Ihr Gesicht war wie aus Stein gemeißelt.
    »D…!« Mir fehlte die Luft zum Schreien.
    Dariole lief weiter auf das Ende der Landzunge zu. Sie schaute weder rechts noch links, und gegen das Geschrei, das sich erhob, schien sie immun zu sein. Die hashagar und Saburo reagierten binnen einer Sekunde. Die Sonne glitzerte auf ihrem Haar, während Dariole immer schneller und schneller wurde. Die Soldaten senkten ihre Speere und hoben die teppo. Saburo stieß einem Mann den Ellbogen in die Rippen und bellte Befehle. Niemand schoss.
    Saburo löste sich von seinen Männern, um Dariole abzufangen. Er versuchte, ihr den Weg abzuschneiden.
    »Nein!« Ich rappelte mich wieder auf. Meine Brust zog sich vor Schmerz zusammen, und die Welt verschwamm vor meinen Augen. Ich zog eine der beiden Steinschlosspistolen aus dem Kimono.
    Mein Finger am Abzug zögerte.
    Ich kann nicht garantieren, wen ich treffen werde …
    Elegant zog Saburo seine beiden Kattanklingen, als er auf sie zuging; doch Dariole marschierte unbeirrt weiter, als sähe sie das gar nicht, den Blick stur auf Robert Fludd gerichtet. Ich konnte nur denken: Nein, tu das nicht. Geh niemals in einen Kampf, wenn du vor Zorn kochst …!
    Aber – das ist kein heißer Zorn, das ist kalte Wut.
    Die beiden Schwerter des Samurais fingen eine winzige Menge Licht und spiegelten sie wider. Zwei gekrümmte Klingen, schwer wie Säbel oder Breitschwerter.
    Fludd starrte begeistert über den weißen Sand hinweg zu Dariole.
    Das ist, was er ausgerechnet hat. Dass sie angreifen wird. Und sie wird sterben. Sie ist wütend. Sie wird einen Fehler begehen, und sie wird sterben …
    Ich hob meine Pistole. Die Männer des mir am nächsten stehenden Trupps von hashagar richteten ihre Musketen auf mich.
    Dariole zog ihre Klinge im Gehen. Es war dasselbe sechsunddreißig Zoll lange Rapier, das ich ihr in Wookey gebracht hatte. Mit der anderen Hand nestelte sie an ihrem Dolch herum, ließ ihn fast fallen. Das verriet mir, welch eine Wut in ihr toben musste und wie diese Wut ihren Blick verschleierte. Die Wut würde ihre Reaktionszeit verkürzen, und Dariole würde durch die Klinge des Samurai sterben.
    Muss ich das ertragen? Muss ich zusehen, wie Fludd Saburo zu ihrem Mörder macht, und muss ich ihn dann immer noch am leben lassen …?
    All das geschah in nur wenigen Sekunden, innerhalb von zwanzig Herzschlägen, wenn ich gezählt hätte.
    Dariole ging weiter, hielt keinen Augenblick inne, und schließlich rannte sie fast auf den Samurai zu. Erst da erkannte ich, dass sie sich seiner durchaus bewusst war. Saburo hob seine Kattanklinge, und seine Stirn legte sich in Falten. Dariole rief etwas; ich hörte nicht was.
    Ich umklammerte meine Pistole so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. Ich wage nicht, auf sie zu feuern, wenn sie so dicht beieinander sind! Ich muss etwas tun …
    Nun rannte Dariole tatsächlich los, genau auf den Nihonesen zu. Das Rapier gerade ausgestreckt wurde sie immer schneller und schneller … Fast lief sie genau in die Spitze der Kattanklinge hinein, und Saburo machte einen geschickten Ausfallschritt, schlug genau auf den Punkt.
    Ich hörte, wie ein erstickter Laut meiner Kehle entfuhr.
    In dem Augenblick, da Saburo zuschlug, riss Dariole den linken Arm hoch und parierte so den Hieb. Blut spritzte … flog in hohem Bogen durch die Luft …
    Schimmerndes Metall stak im Fleisch, ragte auf der

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