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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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Pistole einen gezielten Schuss zu landen, aber nicht zu weit, um von einer Musketensalve zerfetzt zu werden.
    »Wenn Ihr noch einmal so einen Trick versucht«, sagte ich und versuchte, meine Stimme so ruhig wie möglich zu halten, »dann werdet Ihr Eurer Rache nicht näher kommen, als eine teppo braucht, um Euch das Hirn wegzublasen – und es könnte meine Waffe sein! Habt Ihr mich verstanden?«
    Dariole nickte stumm, ohne mich anzusehen.
    »Das war jetzt nicht gerade überzeugend, Mademoiselle.«
    Einer von Saburos Offizieren rief etwas.
    »Monsieur Saburo!« Ich deutete hinter mich. »Mein Diener Gabriel Santon wird jeden Augenblick aus diesen Wäldern kommen. Bitte, seid so nett und lasst ihn nicht erschießen.«
    »Hai.« Saburo blickte über die Schulter und grunzte.
    Das vertraute Geräusch ließ mich sofort an London denken, und ich konnte meine Verachtung nicht länger zurückhalten. »Ihr wolltet also Euren eigenen Nostradamus, ja? Für den König von Japan? Das hätte mir eigentlich von Anfang an klar sein müssen, Monsieur. In der Tat muss ich mich selbst dafür tadeln, nicht daran gedacht zu haben.«
    Dariole schwieg.
    Ihr Blick war auf Fludd fixiert, nicht auf Saburo – obwohl sie auch ihm hätte Vorwürfe machen können. Der Samurai war bei ihr im Tower gewesen und auf der Straße nach Wookey, und die ganze Zeit über hatte er über jede Aktion von Fludd Bescheid gewusst. Somit war er auch ein Judas für sie.
    Aber Dariole ignorierte Saburo.
    Ich krallte mich in den Stoff des kosode um ihre Schulter.
    »Tut nichts.« Es gelang mir, mich scheinbar beiläufig umzusehen. »So. Messire Saburo ist also ein Verräter, hm? Ja, ja. Biete einem Mann einen wertvollen Schatz an, und er wird ihn nehmen. Das ist nun mal die menschliche Natur … welche, so habe ich mir schon oft gedacht, mehr der des Judas als der jedes anderen Apostels gleicht.«
    Saburo wandte sich von seinen Soldaten ab. »Roshfu, das ist sehr schwer für mich.«
    Ich schaute demonstrativ zu seinen hashagar. »Offensichtlich.«
    »Da ist meine Pflicht Euch und meine Pflicht den Tokugawa gegenüber …« Er verzog das Gesicht. »Dari-oru-sama! Furada wird nicht durch Eure Hände sterben. Furada-san hat mir das selbst gesagt. Auf dem Schiff hat er entsprechende Berechnungen angestellt.«
    »Ja. Er hat sich ausgerechnet, dass wir dumm genug sein werden, hierher zu kommen und uns töten zu lassen«, bemerkte ich verbittert. Warum ignoriert der Mensch nur immer wieder seine Instinkte und rennt offenen Auges in einen Hinterhalt? Ich wusste doch, dass diese Männer hier sein würden!
    Ein Blick zur Seite verriet mir warum.
    Weil Dariole hierher gekommen wäre, egal ob mit oder ohne mich; egal ob sie hätte reiten können oder laufen müssen, bis ihre Füße bluteten. Ich war einfach nur hier bei ihr. Selbst wenn sich unsere Ansichten diametral entgegenstanden – sie wollte Fludd tot sehen, ich ihn lebendig –, würde ich alles tun, um sie vor Schaden zu bewahren.
    Saburo richtete den Blick seiner schwarzen Augen auf Dariole. Über das freie Feld hinweg rief er: »Ich verteidige Furada! Greift ihn nicht an. Ich will Euch nicht töten, Dari-oru, aber meine Pflicht dem Shogun gegenüber verlangt genau das von mir, solltet Ihr mich dazu zwingen.«
    Dariole starrte ihn an.
    »Ich bedauere das zutiefst und bitte Euch um Verzeihung.« Saburo verneigte sich. »Soll ich Furada jetzt sagen, dass Ihr bereit seid, mit ihm zu sprechen, Roshfu-san? Er will Frieden.«
    Auf Französisch, von dem ich hoffte, dass Fludd es Saburo nicht gelehrt hatte, sagte ich: »Spielt mit, Mademoiselle, oder wir sind so gut wie tot.«
    Ein scheinbar endloser Augenblick verstrich. Der Schweiß lief mir den Rücken hinunter. Schließlich nickte Dariole knapp und schien förmlich in sich zusammenzusacken.
    »Sagt ihm, dass wir reden werden!«, rief ich und ließ Dariole gleichzeitig los. Ich bewegte die verkrampften Finger.
    Saburo verneigte sich wieder, drehte sich um und stapfte zu seinen hashagar und Fludd zurück. Sie sprachen miteinander. Fludd nahm den Samurai auf europäische Art beim Arm und ging mit ihm ein-, zweimal den Strand auf und ab. Der Geruch brennender Lunten wehte zu uns herüber.
    »Ich glaube, ich habe Euch noch nie gefragt, ob Ihr schwimmen könnt, Mademoiselle.« Ich schaute zu ihr hinunter. »Und das nicht nur in ein paar Fuß Tiefe am Themseufer.«
    Kein Hauch der Erinnerung oder eines Lächelns erschien auf ihrem Gesicht. Sie schaute Fludd an, als wäre er

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