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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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gesenkt, die Zügel locker.
    Ich atmete tief ein, um ihren Namen zu rufen, und Dariole rappelte sich neben dem lahmen Tier auf.
    Je näher ich dem schmalen Strandstreifen kam, desto besser konnte ich auch die beiden Männer erkennen.
    Robert Fludd.
    Und daneben Saburo Tanaka. Gott verdamme diesen dreckigen Judas.
    Keuchend sprintete ich über das von den Hufen platt gedrückte Gras. Vor mir bückte sich Dariole, um sich die Sporen abzureißen. Langsam humpelte sie vorwärts und zwischen den jungen Pinien hindurch, die viel zu klein waren, um einem Mann Deckung zu gewähren. Sie war von den Booten aus, die auf dem Meer fischten, deutlich zu erkennen.
    Doch kein Schuss ertönte.
    Kein Mann sprang aus dem dichteren Wald hinter mir heraus.
    Lediglich zwei Männer standen am Ende der Landzunge von Hako.
    Der Schweiß lief mir in die Augen. Ein kleiner, stämmiger Samurai in ockerfarbenem und blauem kamashino über grünem kosode und kabakama. Ist das Saburo? Oder bin ich angesichts der Kleidung verwirrt?
    Und neben ihm Robert Fludd.
    Daran bestand kein Zweifel: ein Europäer in Wams und Pluderhose, alles in nüchternem Grün und Grau. Die Sonne verwandelte sein Gesicht in eine weiße Scheibe über einem schmalen Kragen. Es war ein dürrer Mann, wie man an den entblößten Schenkeln sehen konnte; er sollte eine Robe tragen, die ihm Substanz verleihen würde.
    Ja. So leicht vergesse ich nicht.
    Saburo trat vor.
    »Stopp!«, brüllte ich mit tiefer, befehlsgewohnter Stimme.
    Dariole wurde langsamer und blieb stehen, fünfzig Schritt von Robert Fludd entfernt, dreißig von Saburo.
    Ich holte Dariole ein, hielt neben ihr an, beugte mich vor, die Hände auf den Knien, und schnappte nach Luft. Kaum dass ich mich wieder aufrichten konnte, legte ich ihr die Hand auf die Schulter und hielt sie so fest. Sie hat es versucht, und ich habe es verhindert!
    Es gab hier nicht genügend Deckung, als dass Gabriel mir hätte folgen und Saburo flankieren können. Wir standen genauso im Freien wie der Samurai und Robert Fludd.
    »Ist das Fludd?« Dariole wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Sie atmete schwer und beschattete mit der Hand die Augen. »Der Gaijin. Ist er das?«
    »Erkennt Ihr ihn denn nicht? Oh … Ihr habt den Mann nie getroffen!«, korrigierte ich mich selbst verwundert. Sie ist um die halbe Welt gereist auf der Suche nach einem Mann, den sie nur aus Beschreibungen kennt!
    »Saburo hat ihn mir beschrieben … in dem Haus in Southwark. Einmal habe ich ihn auch gesehen, aber nur von weitem. Und ich habe eine Zeichnung aus Lord Cecils Akten.« Dariole starrte weiter geradeaus, die Augen zum Schutz vor der Sonne zusammengekniffen. »Ich habe jemand Beeindruckenderes erwartet.«
    Ich ließ sie nicht los.
    »Er muss nicht beeindruckend sein. Er hat andere, die für ihn die Drecksarbeit erledigen.« Ich funkelte Saburo Tanaka an, der nahe genug herankam, um mit uns reden zu können.
    Saburo hob die Hand. Das Licht fing sich in einem zusammengefalteten Fächer.
    Die Fischerboote vor dem Ufer wendeten gleichzeitig und ruderten an den Strand. Gut dreißig Mann in billigen Rüstungen und mit dünnen, langen Speeren bewaffnet kletterten heraus, wateten ans Ufer und nahmen hinter Robert Fludd Aufstellung.
    Dariole murmelte. »Was zum Teufel …? «
    »Es tut mir Leid, Dari-oru, Roshfu«, rief Saburo uns zu; seine Stimme klang tief und klar. »Die Ehre gebietet mir, diesen Mann zu verteidigen. Der Shogun braucht ihn. Wir müssen miteinander reden, hier. Und Frieden schließen.«
    Ich zählte rasch durch und kam auf vierzig von Saburos hashagar, die sich hinter Fludd positioniert hatten. Wenn es zum Kampf kommt, sind sie dann auch noch so diszipliniert, wie sie aussehen?, fragte ich mich. Und wie viel bin ich bereit zu riskieren angesichts der Chance, dass sie es nicht sind?
    Ein zweites Boot kam an Land, diesmal näher zu uns. ›Fischer‹ entledigten sich ihrer weiten kosode und griffen nach teppo mit langen Läufen. Ob nun in Nihon gefertigt oder importiert, Musketen sind Musketen.
    Saburo ging einige Schritt zur Seite, um mit den Offizieren seiner schwerbewaffneten Bauern zu sprechen. Sein Gesicht schien seit unserer letzten Begegnung schmaler geworden zu sein und sein Haar grauer; außerdem hatte er sich die Stirn kahl geschoren. Zwei Schwerter ragten aus seinem obi , doch er hatte die Hände nicht in ihrer Nähe.
    Fludd blieb zurück. Er stand fast in der ersten Reihe der Soldaten. Die Entfernung … Zu weit für mich, um mit der

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