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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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auf und deutete mit einem von Tinte schwarzen Finger auf mich. »Ihr habt gesagt, Ihr würdet das tun. Eine Bruderschaft! Ihr habt gesagt, Ihr würdet weiter so handeln, wie Ihr es bei Heinrich getan habt. Habe ich Euch nicht bewiesen, dass ich solch eine Gruppierung weder aufbauen noch organisieren kann? Aber Ihr habt Erfahrung darin, solche Haufen zu befehligen: Spione, Soldaten … Rochefort, ich kann Euch helfen.«
    Falls ich je Demütigung in der Stimme eines Mannes gehört haben sollte, dann in diesem Moment.
    Er blieb hartnäckig angesichts meines Schweigens. »Hier ist der perfekte Name einer Organisation für uns, eine Organisation, von der nur wenige überhaupt glauben, dass sie existiert … Die meisten Menschen schieben Verschwörungstheorien ohnehin als Unsinn beiseite, und falls nicht, dann halten sie solche Gruppen für die harmlose Spinnerei irgendwelcher Gelehrter.«
    In der Küche blickte ich für einen langen Moment zu ihm hinauf. Ich trank aus dem Becher, von dem ich ganz vergessen hatte, dass ich ihn in der Hand hielt, und der Wein floss klebrig über meine Finger und den Kragen. Ich leckte ihn ab.
    »Wenn ich einer Sache überdrüssig bin«, sagte ich, »dann sind es übertrieben enthusiastische Amateure … und die Tatsache, dass kein Wein mehr in diesem Krug ist. Nein, das sind zwei Sachen.«
    Ich warf den Lederbecher. Er traf auf die Tischkante und rollte in die Dunkelheit.
    Mein Kopf war bei weitem nicht so benommen, wie ich mir gewünscht hätte.
    Ich seufzte und rollte mich von der Hitze des Feuers weg, das mir fast das Wams verbrannt hätte. Zu wenig Wein.
    Leichtfüßig kam ich wieder auf die Beine, wie es bei Fechtern nun einmal der Fall ist, musste dann jedoch nach dem Regal mit Kochgeschirr an der Wand greifen, um mein Gleichgewicht zu halten. Metall klapperte, und ich blickte zu Robert Fludd hinunter.
    Die Kerzen flackerten in der Novemberbrise, und ihr Licht drängte die Nacht nicht weit zurück. Die Ecken des Raums blieben im Verborgenen. Schatten bedeckten die verputzte Decke und die Schürhaken sowie die Zinnteller, die am anderen Ende des Tischs gestapelt standen. Das Licht der Kohleglut betonte Fludds Gesicht.
    Leise sagte er: »Ich weiß, dass Ihr mir nicht vertrauen könnt. Oder zumindest könnt Ihr es höchstens im Nachhinein, wenn Ihr die Ergebnisse meiner … Eurer Taten seht. Rochefort, ich bin bereit, Schüler aufzunehmen. Ich werde Euch Männer geben, die für Euch überprüfen können, ob meine Mathematik richtig ist.«
    Kalter Wind und die Umstände veranlassten mich dazu, mich wieder zu konzentrieren. Ich blickte in die dunklen Ecken des Raums, und meine Wachsamkeit und meine Erinnerungen kehrten uneingeladen wieder zurück. Robert Fludd schaute zu mir hinauf und schien sich bewusst zu sein, wie weit ich ihn überragte. Dieser Mann, den Saburo ausmanövriert und den Dariole verletzt hatte … und hier war er immer noch.
    Mit brechender Stimme sagte Fludd: »Ich … Ich will Euch etwas sagen. Als ich in Oxford gelebt habe, habe ich mir gewünscht, ein Arzt im Sinne des Paracelsus zu werden. Ein Arzt, der heilen würde, was wir sind. Ein Arzt, der die Geschichte heilt und die Zukunft … Ich habe mir vorgestellt, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um die Folgen von Krieg, Krankheit, Pest und Hunger zu lindern. Ich wollte in den Kategorien der Nächstenliebe denken.«
    Ich antwortete mit einem Memento mori für ihn: »Nur schade, dass Ihr nicht auch daran gedacht habt, als es an die Methoden ging.«
    Robert Fludd zuckte unwillkürlich zusammen.
    »Hier geht es um weit mehr als nur um Not und Elend, Monsieur Rochefort. Hier geht es ums Überleben! Ein Mann, der gelitten hat, ist besser als ein toter.«
    Er strich das Pamphlet zwischen seinen Fingern glatt.
    »Ich nehme an, meine Wünsche waren den Regeln dieses Ordens nicht unähnlich. Ein Arzt zu sein. Die Kranken zu heilen … auch wenn die Umstände es mich nicht so frei tun lassen, wie die Brüder es tun würden. Und ich kann auch nicht das Leben verlängern wie sie, oder Metalle wandeln oder die Geheimnisse der Kabbala entschlüsseln.«
    Er hob sein unrasiertes Kinn und schaute mich abermals an.
    »Glaubt mir, was den Rest betrifft, hören sie sich ganz wie typische Informationssammler an! Die Brüder tragen keine Zeichen, die sie erkennbar machen, sondern Kleider, wie sie in dem jeweiligen Land üblich sind. Gerüchten zufolge wissen sie sogar, was an weit entfernten Orten vor sich geht.«
    Fludd lächelte

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