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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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viel zu wenig Macht.«
    Robert Fludd strich sein Gewand glatt, was jedoch nur ein paar feuchte Schmierstreifen auf dem Samt zurückließ. Er blickte mir in die Augen. »Ich denke oft, dass der Meister aus Nolan die hellsten Köpfe einer Generation ruiniert hat. Niemand vermag die Verantwortung zu tragen, die Magister Giordano Bruno uns auferlegt hat. Solch eine Verantwortung gehört Gott allein.«
    »Dann schlaft also auch Ihr nicht gut.«
    »Nein«, bestätigte er.
    Schatten krochen von den Dachbalken herab und unter der Tür hindurch, als die Kerzen sich flackernd ihrem Ende näherten.
    »Es war das Scharnier, um das sich alles gedreht hat«, sagte Robert Fludd und schaute mich durchdringend an. »Dieses Jahr, das Jahr davor … Es wird nicht noch einmal solch ein Jahr geben und auch nicht solch eine einzelne Tat wie den Mordanschlag auf König James. Nun sind Millionen von Taten notwendig, über Generationen hinweg. Ihr und ich, Rochefort, wir werden das Ende nicht mehr sehen.«
    »Vielleicht ist das gar nicht mal schlecht«, entgegnete ich. »Sollen die ›Rosenkreuzer‹ in jener Zeit ihre eigenen Entscheidungen treffen.«
    Fludd wankte ein wenig, als er zur Küchentür ging.
    »Die Zeit der großen Zerstörer«, fügte Fludd hinzu und blinzelte mehrmals. »Die flüchtige Zeit, die Eitelkeit aller Dinge. Oder der Mensch, unabhängig, Schmied seines eigenen Schicksals, Gestalter …«
    »Ihr seid betrunken.« Ich schob ihn weiter in Richtung Tür, und er ließ es widerstandslos mit sich machen. »Geht, und schlaft Euren Rausch aus.«
    Hinter mir hörte ich, wie der Riegel der Hintertür gehoben wurde.
    Als ich mich umdrehte, öffnete sie sich.
    Gabriel schob sich herein, einen schuldbewussten Ausdruck auf dem Gesicht und drei verkorkte Krüge in den Armen.
    »Raoul?« Er stellte die Krüge auf den Tisch und warf einen misstrauischen Blick zu Robert Fludd.
    Schon ein wenig heiterer lächelte ich Gabriel an. »Du kannst dich genauso gut setzen. Ich habe dir einiges zu erklären.«
    Doktor Robert Fludd klammerte sich kreideweiß an den Türrahmen und rief amüsiert: »Ihr wollt das einem Diener erklären?«
    »Wenn Gabriel zustimmt«, erwiderte ich, »erkläre ich es dem neuesten Bruder des Rosenkreuzes.«
    Fludd fiel die Kinnlade herunter.
    Gabriel warf mir einen Blick zu, den ich seit den Niederlanden kannte und der eine sofortige Erklärung verlangte und zwar in allen Details.
    Mein Geist erreichte ein Gleichgewicht, das mir lange verwehrt gewesen war. Ich setzte mich auf die Bank und griff nach einem Krug, um Gabriel Santon einzuschenken.
    »Es ist mit keinerlei Nachteilen verbunden, solltest du dich weigern«, sagte ich zu ihm. »Es ist gefährlich, aber ich denke, du hast das Recht, das zu wissen.«
    Ich hielt kurz inne und stellte den Krug wieder hin.
    »Und … Es wird noch einen vierten von uns geben … falls sie denn zulässt, dass ich sie nach Hause bringe.«

Rochefort: Memoiren
Einundfünfzig
    Der mit Perlen bestickte Seidenärmel bedeckte ihre Narbe.
    Ich denke, jeder andere Mann hätte zunächst in ihr Gesicht geblickt, das kunstvoll mit Pigmenten betont war, oder auf das weiche Fleisch zwischen ihrem Hals und Mieder, das nur von einer hauchdünnen Lage Stoff bedeckt wurde.
    Mir fiel auf, dass sie die linke Schulter ein wenig bevorzugte: eine Haltung, von der jeder Fechtmeister verlangen würde, dass sie sie sich augenblicklich abgewöhnen solle.
    In den großen, dunklen, mit Holz verkleideten Räumen des Guts der Montargis war es heiß von all den Menschen, die sich darin drängten: Galane, Höflinge, Prälaten, Damen aus der Familie und jene der Gäste, und alle scharten sie sich um die großen Kerzenleuchter, die ihr Licht auf Seide und Edelsteine, Hüte und Kragen warfen. Trotz des lauten Geplappers hörte ich Darioles Stimme recht deutlich.
    »Monsieur de Herault«, sagte sie und streckte mir ihre nackte Hand entgegen.
    Ich freute mich an der Berührung ihrer Finger, auch wenn sie sie mir nur mit Sarkasmus darbot. Leicht berührte ich ihre Hand mit den Lippen – und der Duft ihrer Haut hätte mich fast die Fassung verlieren lassen.
    Einer ihrer Brüder stand neben ihr und fragte grollend: »Und Ihr, Monsieur, seid hier, weil …?«
    »Hier in Montargis?« Ich lächelte ihn an. Das ist Ambroise, glaube ich. Ihre Brüder ähneln sich stark. Sie selbst kommt wohl eher nach ihrer Mutter.
    »Ich habe ein starkes Interesse an der Geschichte«, erklärte ich in weltmännischem Tonfall. »Hat man in

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