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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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Holzpuppe aus. Und das gefällt ihr? Wie kann das sein?
    »Nein«, wiederholte ich. »Hört mich an, Dariole. Ich habe Euch vorgeschlagen, hierher zurückzukehren, weil ich Euch glücklich sehen wollte, und das seid Ihr offensichtlich. Und jetzt … Wenn es nur um mich ginge, würde ich einfach gehen. Wenn ich nicht selbst wissen würde, was für ein Narr ich bin, würde Gabriel es mir ohne Zweifel sagen – er scheint sich inzwischen eine recht eindeutige Meinung über die Tatsache gebildet zu haben, dass ich immer wieder Entscheidungen für andere treffe, ohne diese vorher davon in Kenntnis zu setzen.«
    Ihre Mundwinkel zuckten.
    Wenn ich jetzt ihr typisches Lächeln sehe, wird es mir die Sprache verschlagen, dachte ich. Also sprach ich rasch weiter.
    »Wie auch immer, die Tatsache bleibt bestehen, Mademoiselle … Madame. Ich bin heute Abend hierher gekommen und sehe, dass Ihr glücklich seid. Zufrieden. Ihr seid hier geblieben. Euer Gemahl liebt Euch, und Eure Brüder wollen Euch beschützen. Und ich wage zu behaupten, dass Euer Vater mich mit Freuden von seinen Stallburschen vom Gut wird werfen lassen. Warum ich hier bin?«
    Ich bemerkte, dass ich immer lauter geworden war. Dariole warf mir einen sittsamen, ermutigenden Blick zu.
    »Ja. Warum seid Ihr hier, Messire?«
    »Ich baue eine Organisation auf, die sich die Arbeit von Doktor Fludd zunutze machen soll«, erklärte ich rundheraus. »Während er und seine Schüler ihre Fähigkeiten vorgeblich Königen zur Verfügung stellen werden, werden sie in Wahrheit für mich arbeiten, und dabei brauche ich Eure Hilfe.«
    Sie blickte mich kalt an. »Weil ich ein Schwert zu gebrauchen weiß.«
    »Ja. Nein! Ja, Mademoiselle!« Ich fing schon wieder an zu stottern. »Wenn ich nur unter vier Augen mit Euch sprechen könnte, um es Euch zu erklären …«
    Wieder änderte sie abrupt ihre Haltung, als hätte sie plötzlich erkannt, dass das Auftreten eines Fechters einer Dame nicht anstand.
    Sie klappte ihren Fächer auf. »Frau Tante!«
    Eine große Frau in Schwarz und mit Adlernase trat zu uns heran, ignorierte Dariole und wandte sich stattdessen mir zu. Sie musterte mich von Kopf bis Fuß. »Monsieur! Bitte, schließt Euch doch der Gesellschaft an. Arcadie, du auch: Du vernachlässigst unsere Gäste.«
    Ihre Einladung klang mehr nach einem Befehl. Ein rascher Blick um mich herum verriet mir, dass mehrere Brüder sich anschickten vorzurücken, um den Fehler ihrer Verwandten zu korrigieren. Die Brüder des Montargis de la Roncière schienen allesamt Anfang bis Mitte zwanzig zu sein (auch wenn das nicht sein konnte), und sie hatten mir in den vergangenen zwei Stunden deutlich zu verstehen gegeben, dass ich nicht willkommen war – auf jede erdenkliche Art, außer mich am Kragen zu packen und rauszuwerfen.
    Und nun, nach drei Monaten warten, ist es mir gelungen, jeder Beleidigung gerecht zu werden, die sie für mich im Kopf gehabt haben.
    Ich verneigte mich, bot ihrer Schwester den Arm an und sagte: »Es wäre mir eine Freude, mit Madame zu tanzen.«
    Dariole schnaufte leise. »Ja ja, nur bin ich mir nicht sicher, ob ich es riskieren will, zum Krüppel gemacht zu werden.«
    Sofort schmerzte mich alles vom Kopf bis in den Unterleib. Das war der alte, bösartige, spöttische Jungentonfall. Einen Augenblick lang verschlug es mir die Sprache, als ich der großen Frau, Darioles Tante, in einen größeren Raum folgte.
    Ich musste das ertragen, wenn ich mit Dariole sprechen wollte.
    Hier war wenigstens die Musik zu hören. Eintausend Wachskerzen brannten und erfüllten die Luft mit Honigduft. Die gesamte Jugend des Landadels schien sich in dem Raum versammelt zu haben.
    »Was tanzt Ihr denn hier?«, fragte ich Dariole, nachdem man uns ein Stück voneinander entfernt aufgestellt hatte, sodass man uns durchaus hätte belauschen können. »Die Voluta vielleicht?«
    In diesem speziellen Hoftanz hoben die Herren die Damen in die Höhe, indem sie sie mit einer Hand im Rücken und mit der anderen vor dem Bauch fassten – oder tiefer.
    »Oder ist das zu kraftvoll für Euren Gemahl?«, fügte ich hinzu.
    Du Narr!, tadelte ich mich selbst, als sie mich daraufhin anfunkelte.
    »Ich halte es in der Tat für wahrscheinlich, dass Euer Gemahl mich herausfordern wird, solltet Ihr mich ohrfeigen«, warf ich rasch ein. »Ich hoffe, das vergesst Ihr nicht.«
    Wieder funkelte sie mich an. »Ich würde Euch nicht ohrfeigen, Messire. Doch vielleicht würde ich Euch einfach ein paar Zähne

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