1610 03 - Soehne der Zeit
lächerlich aus.
»›Entschuldigungen‹«, echote sie, hielt kurz inne und fügte dann hinzu: »Mehr als eine?«
Ich ergriff erneut ihre Hand.
»Mademoiselle, ich muss mich mindestens für zwei meiner Taten entschuldigen – nein, für drei. Erstens dafür, dass ich Euch nicht erlauben wollte, Robert Fludd zu töten. Es war Euer Recht, aber ich habe eine andere Entscheidung getroffen, und das tut mir Leid.«
Sie runzelte die Stirn und unterbrach mich. »Glaubt Ihr jetzt etwa, ich hätte ihn doch töten sollen?«
»Nein, Mademoiselle. Ich halte ihn für äußerst wertvoll – und zwar aus einem Grund, den ich Euch gleich erklären werde. Aber ich hätte mir mehr Mühe geben sollen, Euch von meiner Meinung zu überzeugen, anstatt einfach zu entscheiden, dass er leben solle.«
Ihr Gesicht, das ich unter der Schminke kaum erkannte, entspannte sich zu einem reumütigen Ausdruck, wie er so typisch für sie war. »Ich wage zu behaupten, dass ich nicht in der Stimmung war, um mit mir diskutieren zu lassen.«
Ich verstärkte meinen Griff um ihre Hand, ließ diese dann aber unter großer Mühe wieder los. Vielleicht hatten wir nicht mehr viel Zeit zum Reden, erkannte ich; inzwischen sprachen schon zwei ihrer Brüder mit ihrem Gemahl.
Sie hatte in der Tat fünf Brüder.
Und nicht einer von ihnen mochte mich.
Rasch sagte ich: »Auch will ich mich dafür entschuldigen, dass ich Messire de Sullys Wohlergehen über das Eure gestellt habe.«
Sie machte große Augen. »Bitte?«
»Fludd hatte nur Zeit für grobe Vorhersagen. Messire de Sully hätte mich durchaus töten oder zum Krüppel machen können …« Ich hielt kurz inne und begann erneut. »Ich habe mich selbst in diese Gefahr gebracht, ohne daran zu denken, wie Ihr Euch fühlen würdet.«
Egal wie viele Menschen kaum ein, zwei Schritt um uns herum miteinander plapperten, deutlich hörte ich die Stille, die von ihr ausging, als sie mir in die Augen schaute.
»Wie ich mich fühlen würde?« Sie betonte jedes einzelne Wort wie eine Herausforderung: ein Handschuh, der einem anderen Mann ins Gesicht geworfen wurde.
»Dafür entschuldige ich mich«, wiederholte ich rasch, bevor sie noch mehr sagen konnte. Sie blickte mir weiterhin unverwandt in die Augen. Meine Muskeln verloren die Kraft und drohten zu zittern, und mich überkam eine Furcht, wie ich sie nie im Kampf verspürt hatte.
»Und?«, fragte sie.
Angesichts ihres gleichmütigen Tonfalls fiel es mir schwer, die Worte auszusprechen, die ich mir zurechtgelegt hatte. Dennoch sagte ich: »Lasst mich meine dritte Entschuldigung vorbringen.«
Dariole starrte zu mir hinauf, und dabei hatte sie so gar nichts von einer sittsamen jungen Frau. Plötzlich überkam mich die amüsante Vorstellung, was ihre Brüder und ihr Gemahl wohl tun würden, sollte sie mir einfach die Faust ins Gesicht rammen.
Mein Mund war knochentrocken. »Es tut mir Leid, Mademoiselle, dass ich heute Abend nicht nur aufgrund meiner Liebe für Euch zu Euch gekommen bin.«
Ihr Gesichtsausdruck war vollkommen leer.
Ich machte weiter und schob die Finger in meinen Kragen, der mir plötzlich unglaublich eng erschien. »Ich brauche Eure Unterstützung … in einer Angelegenheit, die mit Monsieur Fludds Fähigkeiten zu tun hat … Eure Hilfe …«
Ein Blick auf ihr Gesicht brachte mich zum Schweigen. Ich geriet ins Stottern und platzte dann plötzlich heraus:
»Was soll ich denn tun, Mademoiselle? Soll ich vergessen, dass Ihr ein Fechter seid, der sich vor niemandem zu verstecken braucht – höchstens vor mir? Soll ich Euer Können mit dem Schwert einfach ignorieren?«
Bissig schnappte sie: »Gott weiß, dass Ihr das hartnäckig genug versucht habt! Und lange genug!«
Das war nicht der wahre Grund für ihre Wut.
Ich atmete tief durch und versuchte, wenigstens ein Quäntchen meiner Würde zurückzugewinnen. »Mademoiselle, ich gebe es zu: Ihr seid … seid sehr jung, aber Ihr seid ein versierter Fechter. Damit kommt Ihr fast überall durch. Sicher, Ihr seid eine Frau, und es mangelt Euch ein wenig an Verstand, aber Ihr werdet reifer werden …«
»Aber sicher. Genau einen Tag nach Euch.« Sie hob das Kinn und funkelte mich an. »Ihr wollt also meine Hilfe. Und? Sehe ich wie ein Fechter für Euch aus?«
Trotz Rock und Mieder sah ich deutlich, wie sich jeder ihrer Muskeln anspannte und zum Leben erwachte, und doch …
»Nein«, gab ich zu.
Um die Wahrheit zu sagen, sah sie in ihrem Rock und mit den bestickten Schühchen darunter eher wie eine
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