1610 - Das Ende des Spuks
hatte sich offenbar sinnlos betrunken, um zu vergessen, worauf er sich eingelassen hatte. Für ihn galt die Beurteilung der Meuterer offenbar nur in eingeschränktem Maß. Er hatte sich aus Verzweiflung oder aus Feigheit auf ihre Seite geschlagen, aus Angst vor dem langsamen Tod in der Raumstation der Verlorenen.
Dennoch leistete er immer noch Widerstand. Obwohl im Einzelverhör wie die anderen zwölf Meuterer auch, waren es eben nur einige Brocken gewesen, die man ihm hatte entlocken können, und das mit psychologischen Tricks. Rhodan wußte nicht, was Phreser sich beweisen wollte, aber er sah, daß es nur noch eine Frage von Stunden, vielleicht nur Minuten sein konnte, wann er aufgab. „Bist du eingeschlafen?" holte Walters Stimme Rhodan aus seinen Gedanken. „Hör mal, ich versuchte dir gerade mitzuteilen, daß ich jetzt gleich springe; den Abflug mache. Wenn du deinen Freunden auf Olymp oder der ATLANTIS also noch etwas zu sagen hast, dann vertraue es mir jetzt bitte an."
„Warte bitte noch", versuchte Rhodan Zeit zu schinden. „Es kann sehr wichtig für die Galaktiker in der Weltraumstation sein, daß Atlan erfährt, ob sie noch leben und, falls ja, unter welchen Verhältnissen."
„Wenn sie tot sind, ist gar nichts mehr für sie wichtig", wurde er von Walter belehrt. „Also, ich spaße jetzt wirklich nicht mehr ..."
„Dieser Mann", Rhodan deutete auf die Projektion aus dem Verhörraum, „wird reden. Ich bitte dich nur noch darum, auf seine Aussage zu warten und diese dann Atlan zu überbringen. Viele Leben können davon abhängen."
„Das kann ewig dauern", wehrte der Ennox ab und begann zu zählen, wobei er seine Finger zu Hilfe nahm. „Bei >drei< bin ich fort. Also, eins ..."
„Ich erzähle dir solange Geschichten aus den alten glorreichen Zeiten", versuchte Perry ihn aufzuheitern. „Die kenne ich", winkte Walter ab. „Zwei..."
„Aber noch nicht die vom geheimen Schatz der Mausbiber ...!"
Es war eine verrückte Idee, aus der Verzweiflung geboren. Rhodan glaubte selbst nicht daran, daß er damit jetzt noch etwas änderte.
Aber Walters Gesicht hellte sich auf. Seine Augen wurden klein und forschend. „Mausbiber?" fragte der Ennox lauernd. „Geheimer Schatz? Wie geheim?"
„So geheim, daß ..."
„Ja?"
Walter hatte zweifellos angebissen, aber vielleicht nur halb. Und einmal schon in dieser verrückten Lage, entschloß sich Perry Rhodan, Nägel mit Köpfen zu machen. Er sah, daß sich beim Verhör noch nichts Wesentliches tat, Jancka Phreser aber dem Zusammenbruch immer näher war.
Deshalb schüttelte Perry heftig den Kopf, wie plötzlich von tiefen Gewissensbissen geplagt. „Nein", sagte er. „Vergiß es, Walter... Ich ... hätte nichts davon sagen dürfen. Springe nach Olymp zurück und berichte Atlan, daß ..."
„Ich will es aber wissen!" kreischte Walter wie ausgewechselt. „Ich ... ich muß es wissen! Erzähle mir alles über den geheimen Schatz der Mausbiber, und ich ..."
„Nein!" tat Rhodan entschlossen. „Ich warte auch! Solange du willst! Nur erzähle endlich! Was ist mit diesem Schatz? Wo liegt er?
Wie kommt man an ihn heran? Erzähle, erzähle, erzähle!"
Und Perry Rhodan trug sich in die Liste der unsterblichen Märchenerzähler ein. Er hoffte, daß Gucky niemals erfuhr, was er Walter hier auftischte.
Er kam sich albern und gemein vor. Aber die Leben, die er dadurch zu retten hoffte, waren es ihm allemal wert.
*
Perry Rhodan brauchte eine dreiviertel Stunde für seine Mausbiber-Gralsphantasien. Danach war Walter so überwältigt, daß er mindestens einen Tag lang nicht an die Tagung auf Olymp denken würde.
So lange schien er aber auch gar nicht warten zu müssen, denn Jancka Phreser brach endgültig zusammen und war bereit, alle Fragen zu beantworten. Rhodan begab sich selbst in den Verhörraum und bat Mertus Wenig, während seiner Abwesenheit ein wenig auf den Ennox zu achten - für alle Fälle.
Jancka Phreser war mager und hatte eine ungesunde, fahle Gesichtsfarbe. Die dunkelblonden Haare trug er kurz geschoren. Über die rechte Wange zogen sich einige parallel laufende Narben wie von Katzenkrallen. Die Lippen waren spröde und ebenfalls blaß.
Es war dem Mann anzusehen, daß er krank war. „Ich weiß, daß sie mich am Ende umgebracht hätten", erklärte er Perry Rhodan mit schwacher Stimme. „Ich habe mich vollaufen lassen und andere Drogen genommen, um das Gewissen totzuprügeln. Aber ich wollte niemals um Mitleid betteln. Nie!"
„Ich
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