1610 - Das Ende des Spuks
Verschwörer waren chancenlos, wenn ihnen der jzu erwartende Coup nicht gelang.
Rhodan befand sich bereits in der Klimaanlage mit den Luft- und Wasserregeneratoren, fast unmittelbar über dem Rollo und dem Standort der Space-Jet. Er wollte das, was jetzt kam, etwas abkürzen, indem er sich persönlich zum Empfang der Meuterer begab. Die kurze Nachricht an Harcangelic bedeutete, daß die Aktion jetzt gestartet wurde.
Harcangelic bestätigte durch ein Nicken. Die dicht beieinanderstehenden und stechend wirkenden Augen hatten ihm den Spitznamen „Adler" eingebracht. Durch die schwarzen, im Nacken zu einem Zopf zusammengebundenen Haare und die olivbraune Haut wirkte er exotisch.
Abgesehen von seinen überdurchschnittlichen Fähigkeiten als Nahkämpfer, schätzte Perry Rhodan ihn als ausgezeichneten Taktiker und Analytiker.
Von der Hauptzentrale aus, mit der Rhodan ebenfalls ununterbrochen in Kontakt stand, war den Meuterern mitgeteilt worden, daß Perry es sich nicht nehmen lassen wollte, sie selbst an Bord der ODIN willkommen zu heißen. Sie waren gebeten worden, mit dem Aussteigen auf ihn zu warten.
Es war unwahrscheinlich, daß sie Verdacht schöpften. Die Sorge um die Centauri-Station und deren Besatzung war für Perry Rhodan eine große Belastung gewesen. Die Meuterer wußten das.
Sein Verhalten mußte ihnen glaubwürdig erscheinen. „Wenn die Sache schiefgeht, Perry", sagte Norman Glass aus der Zentrale, „dann stehst nicht nur du allein ganz schön dumm da."
„Saudumm, Norman", erwiderte Rhodan in Anspielung auf die Ausdrucksweise eines gewissen Ennox. „Aber es wird nicht schiefgehen."
Er nickte den drei Männern und beiden Frauen zu, die ihn als einzige begleiteten. Sie waren ebenfalls erfahrene Nahkämpfer und konnten im Notfall eingreifen. In erster Linie aber nahm Rhodan sie der Glaubwürdigkeit halber mit.
Er ganz allein - das hätte schon seltsam ausgesehen.
*
Perry Rhodan und seine Begleiter, die wie eine ranghohe Abordnung der ODIN-Besatzung zurechtgemacht waren, betraten das Hangardeck und schritten zielstrebig auf die Space-Jet zu. Sie trugen leichte Raumanzüge, denn das Rollo-Deck war nach beiden Seiten hin offen. Es herrschten Weltraumbedingungen. Magnetschuhe gaben ihnen zusätzlichen Halt.
Noch hatte sich das Bodenluk nicht geöffnet. Unter der Panzerplastkuppel war nichts zu entdecken. Sie war dunkel abgetönt und schimmerte matt im grellen Licht der Hangarbeleuchtung.
Zehn Meter vor dem Diskus blieb Rhodan stehen.
Er hob langsam eine Hand zur Begrüßung. Wahrscheinlich waren jetzt dreizehn Augenpaare auf ihn gerichtet.
Immer noch tat sich nichts.
Und wenn sie die Bordwaffen benutzen? durchfuhr es ihn. Wenn ich mich doch verrechnet habe?
Plötzlich wurde ihm klar, wie hoch das Risiko war, das er einging.
Er trug keine Waffe. Das hätte die Meuterer auf der Stelle mißtrauisch werden lassen. Er hatte ein Mikroaggregat zur Erzeugung eines Körperschutzschirms im Anzug. Doch auch dessen vorzeitige Aktivierung wäre angemessen worden und verräterisch gewesen.
Ein Schuß aus einer der Bordkanonen, und alles wäre so schnell vorbei, daß er wenigstens nichts davon merken würde.
Doch dann öffnete sich endlich die Bodenluke. Rhodan schloß ganz kurz die Augen und atmete auf.
Dennoch mußte er sich dazu zwingen, ruhig stehenzubleiben. Er wußte Harcangelics beste Kämpfer in Schußposition, hinter Aggregateblöcken und überall dort versteckt, wo sich eine Deckung bot.
In den nächsten Sekunden mußte es sich entscheiden, ob sein Plan aufging - oder ob in diesem Teil der ODIN ein Feuersturm entfesselt wurde.
Der erste Ertruser erschien. Er ließ sich einfach aus der Schleuse gleiten und die wenigen Meter bis auf den Hangarboden fallen. Für ihn war das keine besondere Leistung. Er knickte kaum in den Knien ein, federte hoch und wartete darauf, daß seine beiden Artgenossen es ihm gleichtaten.
Dann standen sie in ihren Raumanzügen vor Perry Rhodan und dessen Begleitern.
Sie spielten ihre Rolle gut. Ihre Gesichter waren freundlich und sollten Erleichterung über die „Rettung" ausdrücken. Rhodan blickte zu ihnen auf und lächelte ebenfalls.
Er nickte. „Ich freue mich, euch an Bord der ODIN begrüßen zu können", sagte er. Und dann: „Inzwischen haben wir einen weiteren Funkspruch von der Centauri-Station erhalten. Ich schätze, der Inhalt wird euch interessieren."
Das war gelogen. Es war ebenso falsch wie die Behauptung im am 2. Mai empfangenen Spruch,
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