1612 - Der Vampir-Töter
den Gedanken gekommen, sich dessen alte Waffe zu besorgen. Er hat lange gebraucht. Unser Freund Marek ist schließlich schon eine Weile tot. Ich kann mir gut vorstellen, dass er ihn in Rumänien kennengelernt hat. Vielleicht sogar in Petrila, wo Marek wohnte. Oder?«
»Das kann sein«, sagte ich leise und fuhr fort: »Warum hat Marek ihn nie erwähnt? Wir sind seine Freunde und Vertrauten gewesen. Er hätte uns bestimmt informiert, wenn er diesen Landsmann getroffen hätte.«
»Ja, das denke ich auch.«
»Es ist alles nicht so einfach.«
»Dann werde ich mal beim Yard anrufen und den Namen durchgeben. Vielleicht finden die Kollegen von der Fahndung etwas über ihn.«
»Tu das.«
Ich war froh, dass Suko mich unterstützte.
Aus der Küche holte ich was zu trinken. Meine Kehle war ausgetrocknet.
Fit fühlte ich mich noch nicht, und der Streifen auf meiner Brust brannte immer noch leicht.
Wer war dieser Ethan Hunter? Sollte ich ihn noch als einen Menschen einstufen oder gehörte er zur anderen Seite? Möglich war es, und trotzdem konnte ich mich mit dem Gedanken nicht anfreunden. Er hatte dieses Blut gebrochen, als wäre er froh gewesen, es loszuwerden. Aber war es auch sein eigenes Blut? Genau diese Frage quälte mich.
Über die Antwort konnte ich nur spekulieren. Wenn es nicht sein eigenes Blut war, wem gehörte es dann? Einer fremden Person, das war dann die einzige Alternative. Wie kam es aber dann in seinen Körper?
Wäre er ein Vampir, wäre die Erklärung klar gewesen. Aber das war er offenbar nicht. Ihm fehlten die äußeren Voraussetzungen. Kein Vampir und trotzdem das Blut.
Ein bestimmter Begriff schoss mir durch den Kopf, über den ich beinahe gelacht hätte.
War dieser Ethan Hunter möglicherweise eine Mischung aus Vampir und Mensch? Die eine Hälfte menschlich, die andere ein Blutsauger? Wenn ja, wäre das ein Phänomen gewesen. Ein Halbvampir, eine Gestalt, die für uns völlig neu war.
Ich wollte diesen Gedanken zur Seite schieben, weil er mir unmöglich vorkam. Das schaffte ich leider nicht, denn er wollte mich einfach nicht loslassen.
Sukos Stimme hörte ich nicht mehr. Er stand da und hielt das Telefon noch in der Hand.
»Hast du was erreicht?«, fragte ich.
»Nein, noch nicht. Die Kollegen kümmern sich darum.«
»Okay.« Ich trank wieder einen Schluck Wasser. Dann erzählte ich Suko von meinen Gedankengängen und wollte wissen, was er davon hielt.
Suko sagte zunächst mal nichts. Sein Gesicht zeigte auch keinen abweisenden Ausdruck. Nach einer Weile nickte er mir zu.
»Ich denke, dass du nicht so falsch mit deinen Überlegungen liegst. Auch ich kann mir keine andere Erklärung vorstellen.«
»Danke. Und wie wird man zu einer derartigen Person? Kannst du mir das sagen?«
»Kann ich nicht. Aber wenn Marek noch leben würde, könnten wir ihn fragen.«
Darauf einzugehen war müßig.
Ethan Hunter besaß jetzt Mareks Erbe. Und ich war sicher, dass er es auch einsetzen würde. Dafür gab es nur einen Grund. Er würde die Vampire jagen und uns praktisch Konkurrenz machen.
Das Telefon meldete sich. Da Suko es noch in der Hand hielt, sprach er mit dem Anrufer. Es war der Kollege vom Yard.
Suko hörte zu und ich beobachtete ihn dabei. Sein Gesicht zeigte einen neutralen Ausdruck. Er war auch sehr einsilbig. Wenn er einen knappen Kommentar abgab, hörte der sich nicht eben optimistisch an.
»Gut, danke für Ihre Mühe.« Suko stellte den Apparat wieder auf die Station.
»Jetzt rede schon!«, forderte ich ihn auf.
»Ja, nur gibt es da nicht viel zu sagen.«
Das hörte sich nicht gut an. »Kennt man den Namen nicht, oder was ist los?«
»Doch, der Name Ethan Hunter ist bekannt.«
»Aber…?«
Suko hob die Schultern. »Er ist mit einem Sperrvermerk versehen«, erklärte er dann. »Wir kommen nicht an ihn heran. Es gibt bewusst keine Informationen über ihn. Das hängt wohl damit zusammen, dass man ihn aus bestimmten Gründen schützt.«
»Geheimdienst?«
»Das meinte der Kollege auch. Ethan Hunter muss für den Geheimdienst gearbeitet haben. Er war ein Agent, und ich könnte mir vorstellen, dass er diese Tätigkeit in Rumänien ausgeübt hat, zum Beispiel.«
Ja, das war eine Möglichkeit, an die ich noch gar nicht gedacht hatte. In diesem Fall erschien sie mir logisch. Die Agenten wurden abgeschirmt, und es war auch für uns ungeheuer schwer, an sie heranzukommen.
In diesem Fall jedoch musste die Tarnung aufgegeben werden. Das konnten wir nicht so schnell schaffen, und erst recht
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