1615 - Allee der Toten
Kippe und musste lächeln, als ich in den Kissen beinahe versank.
Hier konnte der Mensch gut schlafen. Ich streckte mich aus. Meine Müdigkeit hatte zugenommen. Wenn ich jetzt hätte aufstehen müssen, wäre mir das verdammt schwergefallen. Aber niemand kam, der mich dazu aufgefordert hätte.
Als mir die Augen zufielen, war ich sofort weg. Der berühmte Tiefschlaf, der dafür sorgt, dass der Mensch am anderen Morgen frisch und munter erwacht.
So war die Regel. Dass es allerdings auch Ausnahmen davon gab, erlebte ich ungefähr zwei Stunden nach Mitternacht, als ich aus diesem tiefen Schlaf in die Höhe schreckte und im ersten Moment den Faden verlor, weil ich nicht wusste, wo ich mich befand. Nach einigen Sekunden hatte ich mich orientiert und fühlte mich fortan hellwach.
Was hatte mich geweckt?
Ich wusste es nicht, aber es musste einen Grund gehabt haben. Im Liegen drehte ich den Kopf und schaute zum Fenster. Es stand noch immer gekippt, sodass der Nachtwind sich seinen Weg durch die Lücke bahnen konnte und die Gardine leicht bewegte. Es sah beinahe so aus, als würde eine Hand von der anderen Seite dagegen drücken.
Das plötzliche Erwachen hatte für einen stärkeren Herzschlag bei mir gesorgt. Warum das so war, wusste ich selbst nicht, aber die innere Unruhe blieb.
Der recht große Raum war mit den nächtlichen Schatten gefüllt. Besuch hatte ich nicht bekommen, das sah ich, ohne dass ich das Licht der alten Glaslampe einschaltete, die auf dem Nachttisch stand.
Dennoch fühlte ich mich nicht mehr allein. Es musste wohl daran liegen, dass ich so schnell erwacht war, und dafür fand ich noch immer keinen Grund.
Eigentlich hätte ich die Augen schließen und weiterschlafen müssen, was mir nicht gelang, denn die nicht zu erklärende Unruhe steigerte sich. Was war das?
Dann ging alles blitzschnell, denn plötzlich hatte ich die Gewissheit, nicht mehr alleine zu sein. Ich sah niemanden. Der oder die Besucher befanden sich woanders, und zwar in meinem Kopf.
Stimmen?
Ja, es waren tatsächlich leise Stimmen, und ich musste sofort an Lucky Lister denken.
Starr blieb ich liegen. In meiner Umgebung passierte nichts, nur in meinem Kopf und da vermischten sich die Stimmen, sodass ich nicht herausfand, wie viele es waren.
Ich verstand auch nicht, was sie sagten. Es war mehr ein allgemeines Zischeln und Flüstern, das ich als störend empfand.
Ich regte mich nicht, lag da wie tot. Aber ich konzentrierte mich auf das Unheimliche oder Unerklärliche. An meinem Kreuz verspürte ich keine Reaktion, dafür wurden die Stimmen in meinem Kopf konkreter, sodass ich jetzt etwas verstand.
»Wir warten auf dich…«
»Ja, du wirst bald kommen…«
»Geh über die Allee…«
»Komm ins Haus - komm ins Haus.« Ein schrilles Kichern folgte. »Die Toten freuen sich…«
Das waren Botschaften, die mich nicht eben erfreuten, wobei ich nichts dagegen unternehmen konnte. Ich musste alles so hinnehmen, wie es mir mitgeteilt wurde.
Ich stellte auch keine Fragen und konzentrierte mich nur darauf, was in meinem Kopf vorging. Die Stimmen waren auch jetzt noch vorhanden, aber sie redeten wieder durcheinander, sodass ich nicht verstand, was sie mir sagen wollten.
Ich wusste nicht, wie lange mich die Stimmen in ihren Bann gezogen hatten, bis ich das hämische Lachen und danach wieder eine deutliche Botschaft hörte.
»Die Allee der Toten wartet - komm zu uns - komm zu uns…« Die Botschaft wurde mehrere Male wiederholt, bis sie schließlich völlig verstummte und ich mich im Bett liegend in der Stille wiederfand.
Es gab nichts mehr zu hören. Ich lag einfach nur auf dem Rücken und war gezwungen, nachzudenken.
Nichts mehr. Dafür spürte ich den Schweiß auf meiner Stirn, und ich schaute nach vorn, suchte nach irgendwelchen Anzeichen, ob jemand in dieses Zimmer eingedrungen war.
Es war nichts zu sehen. Ich wollte trotzdem auf Nummer sicher gehen und schaltete das Licht ein. Unter dem tulpenförmigen Glas der Lampe wurde es hell, aber da war kein Strahlen zu sehen, sondern eine weiche Helligkeit.
Auch jetzt veränderte sich nichts. Zwar verschwanden einige der Schatten, das war aber auch alles.
Ich richtete mich im Bett auf, blieb sitzen und dachte erst mal nach, was ich hier erlebt hatte. Das war eine Botschaft auf der einen und eine Einladung auf der anderen Seite. Wer immer dahinter lauerte, er wusste genau, was ich vorhatte, also war die andere Seite über alles informiert.
Durch wen?
Es konnte sein, dass Lucky Lister
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