Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
162 - Das Grauen aus der Baring Road

162 - Das Grauen aus der Baring Road

Titel: 162 - Das Grauen aus der Baring Road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
Gewohnheitsmäßig zog Dorian die Vorhänge zu. Sterne würden in dieser Nacht keine zu sehen sein, aber in wenigen Tagen war Vollmond, Zeit für Werwölfe und Vampire, ihr ruchloses Treiben in verstärktem Maß fortzusetzen.
    Die meisten Stücke seiner Sammlung waren mit persönlichen Erinnerungen verbunden. So auch der unscheinbare, rauhe Gesteinsbrocken, der aus der sagenumwobenen Lost-Dutchman-Mine in Arizona stammte. Auf den ersten Blick täuschte sein goldenes Aussehen. Obwohl ihm innewohnende schwarzmagische Kräfte bis vor kurzem noch viele Menschen in Atem gehalten hatten, war er nun nichts weiter als tauber Glimmer.
    Es klopfte an der Tür. Ehe Dorian „Herein!" rufen konnte, wurde sie aufgerissen, erschien Miß Pickfords verhärmt wirkendes Gesicht in der entstandenen Öffnung.
    „Das Abendessen ist fertig, Mr. Hunter", brummte sie mißgelaunt. „Falls Sie sich von dem alten Kram trennen können, sollten Sie das gleich tun."
    „Was fällt Ihnen ein…?"
    Sie hörte seine Reaktion schon nicht mehr, hatte sich eiskalt lächelnd und schwungvoll wie eine Filmdiva umgewandt und die Tür krachend hinter sich zufallen lassen. Sekundenlang starrte Dorian ihr entgeistert hinterher. Martha Pickford war ein Stück seiner Vergangenheit, und trotz aller Haßliebe, die beide verband, brachte er es nicht fertig, sie endgültig an die Luft zu setzen. Womöglich würde er mit ihrer Nachfolgerin vom Regen in die Traufe kommen. Es gab zu viele resolute alte Damen in London.
    „Mr. Hunter!" krächzte sie von oben die Treppe herab, mit einer Stimme, die einer rostigen Säge Ehre gemacht hätte. „Wie lange soll ich mit dem Essen auf Sie warten?"
    Seufzend legte Dorian Hunter den Erzbrocken in den Schrank zurück, auf einen Stapel loser Schriften und Bücher, deren oberste Blätter sich bereits aufzuwölben begannen. Mit einem letzten Blick auf die im Ascher verrauchte Players knipste er das Licht aus und verließ den Raum.
    Während er mit den anderen beim Abendessen saß, geschahen in seinem Archiv ungewöhnliche Dinge, wurde das schattenhafte Wesen geboren, das lautlos durch die Korridore der Villa schlich.

    Jemand befand sich in ihrem Zimmer.
    Martha Pickford wußte es, ohne die Augen zu öffnen. Sie besaß ein Gespür dafür, eine Art sechsten Sinn (tatsächlich war es eher so, daß sie wie viele ältere Menschen über einen leichten Schlaf verfügte).
    Vergeblich lauschte Miß Pickford auf das Geräusch schleichender Schritte. Das hastige, kurze Atmen, das sie wahrnahm, entsprang ihrer eigenen Erregung. Sie war über 60, keine 16 mehr - wenn jetzt jemand in der Nacht zu ihr kam, dann wohl nur, um ihr Übles zu tun.
    Obwohl sie schlagartig hellwach war, fiel es ihr nicht schwer, sich weiterhin schlafend zu stellen. Nur ihr Zittern konnte sie nicht ganz verbergen. Langsam, Zentimeter um Zentimeter, glitt ihre Rechte unter der Bettdecke hervor und näherte sich dem Schalter der Nachttischlampe.
    Der unheimliche Besucher hatte die Nähe der Tür verlassen. Wenn Martha Pickford sich nicht täuschte, stand er nun mitten im Zimmer und starrte sie an. Sie spürte seine brennenden Blicke auf sich ruhen. Trotzdem fröstelte sie.
    Es war kühl geworden.
    Miß Pickford hielt den Atem an, als der Fremde sich dem Fußende des Bettes näherte. Ihre Phantasie gaukelte ihr eine schreckerregende, finstere Gestalt vor, einen Mann undefinierbaren Alters, groß und kräftig, gekleidet in einen langen Umhang mit einem Cape über den Schultern. Schauder liefen ihren Rücken hinab, als sie sich vorstellte, wie dieser Mann sie mit rot glühenden Augen musterte, während seine Lippen sich zu einem wahrhaft satanischen Lächeln verzogen und dabei nadelspitze Reißzähne entblößten.
    Ein Vampir… Einer der klassischen Art, wie ihn schon Bram Stoker in seinem Roman Dracula beschrieben hatte.
    Er beugte sich über sie - langsam und erwartungsvoll…
    Miß Pickford spürte seinen Atem. Ein eisiger Hauch.
    Gleich würde sie auch seine Zähne an ihrem Hals und den Schauder spüren, wenn er ihr das Blut aus den Adern sog. Flüchtig fragte Martha Pickford sich, wie es wohl sein mochte. Vielleicht sogar ein schönes, berauschendes Gefühl…
    Endlich schlug sie die Augen auf.
    Die Dunkelheit war vollkommen. Aber fast zum Greifen nahe vor ihr schwebten zwei golden leuchtende Pupillen.
    Martha Pickford begann gellend zu schreien. Sie rollte sich mit aller Kraft, deren sie in ihrer Angst noch fähig war, zur Seite. Unmittelbar hinter ihr, es lief wie

Weitere Kostenlose Bücher