162 - Wer den Sturm sät...
Chandra hervor. »Er wollte es nicht, weil er Angst hatte, mich mit irgendetwas anzustecken. Ich habe mich durchgesetzt, und ich bereue es nicht!« Sie funkelte Maya an. »Und ich werde es wieder tun, so oft ich nur kann!«
»Warum?«, flüsterte Maya. »Liebst du ihn?«
»Ich weiß es nicht«, murmelte Chandra. »Ich habe ihn sehr gern, und ich begehre ihn.« Ihre Augen füllten sich plötzlich mit Tränen. »Außerdem passt er zu mir… sonst schaut mich ja keiner an…«
»Das ist nicht wahr«, sagte Maya.
»Ach ja? Woher willst du das wissen?« Eine steile Zornesfalte bildete sich auf Chandras Stirn. Dann sprudelte es aus ihr hervor: »Du hast diese Probleme ja nicht. Du bist die perfekte Tsuyoshi, das Vorzeigebild! Du ziehst alle magisch an und dirigierst sie, wie es dir passt! Du bist groß und perfekt schön, an dir gibt es keinen Makel, und jeder liebt dich!«
Maya schwieg für einen Moment betroffen. Sie hätte nie gedacht, welche Qualen Chandra anscheinend schon seit ihrer Kindheit durchlitt. Obwohl gerade die Tsuyoshi-Familie Wert darauf legte, niemanden auszugrenzen oder ihn wegen irgendwelcher Schwächen oder Makel zu benachteiligen. »So ist es gar nicht«, sagte sie mit einem trockenen Gefühl in der Kehle. »Du überzeichnest mich, Chandra.«
»Warum wohl?«, sagte Chandra anklagend. »Schon von frühester Kindheit an bist du immer als leuchtendes Vorbild genannt worden. Die ganze Familie war so stolz auf dich, und jeder sollte dir nacheifern! Du und deine Eltern, was besseres als euch gibt es ja gar nicht!«
Maya schüttelte den Kopf. »Du hast dich da in etwas hineingesteigert, Chandra, und machst es dir etwas zu leicht, anderen die Schuld für deine eigene Unzulänglichkeit zu geben.«
»Und du bist blind für alles, was unterhalb deiner luftigen Höhe existiert!«, zischte Chandra. »Aber ganz so heilig bist auch du nicht – oder willst du etwa leugnen, dass zwischen dir und dem Baummann nichts läuft?«
Maya blinzelte irritiert. »Bitte?«
»Windtänzer!« fauchte die weißblonde junge Frau. »Die Funken, die zwischen euch hin und her schlagen, sind selbst bei Tageslicht deutlich zu sehen!«
»Das ist Unsinn«, widersprach Maya entschieden.
»Zwischen uns ist gar nichts, Chandra, wir kennen uns nur schon sehr lange, das ist alles. Da wird man mit der Zeit vertrauter. Außerdem ist das keine Entschuldigung für dein Verhalten!«
Chandra schüttelte den Kopf. »Mag sein, vielleicht bin ich pflichtvergessen, aber ich werde keinesfalls meine Gefühle einsperren, nur weil ihr alle Panik habt, dass Matt uns den Tod bringt! Außerdem ist er inzwischen standesgemäß, als Mitglied unseres Hauses, denkst du nicht?«
»Das ist etwas anderes, Chandra. Dies geschah aus politischen Erwägungen, weil wir Matts Unterstützung benötigen… und weil er ein Anrecht auf ein menschenwürdiges Leben hat! Wir haben ihn lange genug schlecht behandelt. Aber denkst du, deine gegenwärtige Beziehung zu ihm wird es ihm erleichtern, bei uns Fuß zu fassen? Er ist nach wie vor eine virulente Zeitbombe für uns!«
»Bei den Monden, Maya, er stammt aus der Zeit der Gründer, er trägt keine anderen Gene in sich als wir!«
»Du gefährdest alles, wobei deine Karriere noch das kleinste Problem ist«, meinte Maya.
»Das ist mir inzwischen egal«, schnappte Chandra.
»Aber mir ist es nicht egal, wenn dadurch unsere Mission aufs Spiel gesetzt wird!«, sagte Maya streng. »Es ist schon problematisch genug, wenn zwei Teammitglieder etwas miteinander anfangen – aber das eröffnet noch mehr Probleme! Es könnte eine erhebliche Unruhe auslösen!«
»Keine Sorge, wir sind uns beide darüber im Klaren, dass wir diskret sein müssen«, gab Chandra zurück. »Dass niemand unser Verhältnis akzeptieren wird und dass man auf einer Unternehmung wie dieser Distanz zu wahren hat. Deshalb werden wir dich schon nicht in Schwierigkeiten bringen!«
»Noch besser wäre es, dieses Verhältnis, das sowieso keine Zukunft hat, ganz zu beenden!«, schlug Maya im autoritären Ton vor.
Chandra fixierte sie aus verengten Augen. »Hast du das denn getan?«
Maya biss sich auf die Lippen. Chandra sprach auf ihre Beziehung zu Lorres an, die auf dem ersten Flug zum Mond begonnen hatte. Der Hieb saß.
Chandra verteidigte sich weiter: »Verstehst du, Matt ist der einzige Mann, der sich jemals wirklich für mich interessiert hat, völlig ohne Vorbehalte, ohne irgendwelchen politischen oder wirtschaftlichen Hintergrund. Er… will einfach
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