1621 - Die Verdammten
Sinclair?«
»Weil ich denke, dass hier nicht der richtige Ort ist, um darüber zu reden.«
»Vielleicht. Aber wo dann?«
»Gibt es einen Ort, an den wir uns zurückziehen können? Ich möchte mich auch um Ihre Verletzungen kümmern.«
»Ja, die Sakristei. Man kann sie von hier aus erreichen, das sind nur wenige Schritte.«
»Gut, dann helfe ich Ihnen.«
Er wehrte sich noch. »Aber was ist mit dem Verdammten, Mr. Sinclair? Ich weiß, dass er die Kirche nicht verlassen hat…«
»Sind Sie sicher?«
»Ich glaube schon.«
Glauben hieß nicht wissen. Ich war in diesem Fall nicht die eigentliche Hauptperson, und so tat ich dem Geistlichen den Gefallen und schwenkte den Strahl der Lampe durch die Kirche, weil ich sehen wollte, ob sich irgendjemand in der Dunkelheit verbarg.
Sogar gegen die Decke leuchtete ich, aber die seltsame Gestalt mit den Flügeln war nicht zu sehen.
So gut es ging, leuchtete ich auch die Bänke ab, aber auch dort in den Zwischenräumen hockte niemand. McCallum konnte natürlich recht haben, und ich hätte meine Suche auch intensiviert, aber der Pfarrer war verletzt, und ich musste zuerst seine Wunden versorgen, das hatte Vorrang.
»Wir werden uns später darum kümmern«, sagte ich.
»Glauben Sie mir nicht?«
»Natürlich glaube ich Ihnen. Ich muss Sie ja nur anschauen. Aber es ist besser, wenn wir diesen Ort verlassen und ich mich um Ihre Wunden kümmere.«
Er dachte nach, dann lächelte er. »Ja, das sehe ich ein. Ich danke Ihnen.«
»Ist schon gut.«
Ich half dem Pfarrer von der Altarplatte. Es war nicht leicht für ihn, sich normal zu bewegen. Zwar waren seine Beine nicht in Mitleidenschaft gezogen worden, doch jede Bewegung jagte Schmerzen durch seinen geschundenen Körper.
Er stand dann, stöhnte und ließ sich gegen mich fallen. Ich hielt ihn fest und ließ mir den Weg zur Sakristei zeigen.
Es war nicht weit, ein Katzensprung.
»Wir schaffen es«, machte ich ihm Mut.
»Ja, hoffentlich.«
Wir gingen nur langsam. Das Licht wies uns den Weg. Ich bekam Gelegenheit, mich wieder umzuschauen, aber ich sah nichts, was uns hätte gefährlich werden können. Sollte sich der Angreifer tatsächlich noch in der Nähe aufhalten, dann hatte er sich ein gutes Versteck gesucht und auch gefunden.
Ich sah den Umriss einer Tür im Kreis der Lampe. Dahinter lag die Sakristei. Wir legten die letzten Schritte zurück, dann konnte ich die Tür öffnen.
Vor uns lag ein dunkler Raum mit einem kleinen Fenster. Es war finster hier, aber ich nahm den Geruch wahr, der mir entgegenwehte. So roch Weihrauch.
Der Pfarrer schaltete das Licht ein. Wir betraten den Raum, in dem ich ein Waschbecken sah. Daneben hingen zwei Handtücher. Ein geschlossener Schrank, ein Tisch, zwei Stühle, ein Holzkreuz an der Wand, und auf einer Stange hingen die Gewänder des Pfarrers zusammen mit denen der Messdiener.
Als ich einen Schritt weiter in den Raum gegangen war, sah ich auch eine schmale Liege. Sie stand an der Wand.
»Ich denke, das ist der ideale Platz für Sie, Father.«
McCallum wusste, was ich meinte, und nickte. Er schwitzte stark. Die nur wenigen Meter hinter sich zu bringen hatte ihn schon angestrengt. Ich brachte ihn bis zur Liege und half ihm dabei, sich hinzulegen.
»Was haben Sie jetzt vor?«, flüsterte er. »Wollen Sie wieder zurück in die Kirche?«
»Ja, aber später. Ich werde mich erst um Ihre Verletzungen kümmern. So gut wie möglich.«
»Danke.«
Ich lächelte ihm zu. Dann ging ich zum Waschbecken und fand auf einem Regal eine Schale, in die ich Wasser füllte. Ein Handtuch nahm ich auch mit. Ich wollte die Wunden auswaschen.
Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Ich spürte auch, dass mein Herz schneller schlug und mir der kalte Schweiß auf der Stirn lag. Es war längst nicht alles in Ordnung, auch wenn es den Anschein hatte, und ich konnte meine Gedanken einfach nicht von dem lösen, was mir der Pfarrer gesagt hatte.
Er schien zu merken, womit ich mich beschäftigte, und sagte mit leiser Stimme: »Sie denken an den Angreifer, von dem ich gesprochen habe?«
»Ja.«
»Dann sollten Sie…«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Father McCallum. Ich muss erst Ihre Wunden säubern.«
Ich nahm das Handtuch und tauchte eine Ecke ins Wasser.
Der Priester legte sich wieder zurück, sodass ich mich mit seinem Oberkörper beschäftigen konnte. Auch wusch ich die Ränder an den Wunden ab und sah jetzt, dass sie doch recht tief waren. Aber die wenigsten bluteten noch, sodass ich die Umgebung
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