1622 - Sie kamen aus der Totenwelt
musste wohl deshalb sterben, weil gewisse Wesen nicht wollten, dass es bekannt wird.«
Meine Theorie lag jetzt offen, und es gab keinen, der widersprach.
Glenda zupfte an ihrer Fransenjacke herum, die violett schimmerte. Um zu zeigen, dass der Sommer nicht mehr weit entfernt war, trug sie ein weißes T-Shirt und eine ebenfalls weiße Hose. Die Farbe der Schuhe war wieder violett.
»Meinst du mit den Wesen die Vögel?«, fragte Suko.
»Wen sonst? Auch uns haben sie angegriffen, und sie waren keine normalen Tiere, denn sie zerfielen zu Staub, als unsere Silberkugeln sie trafen. Aber ich denke auch nicht, dass alles auf ihrem Mist gewachsen ist, da muss eine andere Macht im Hintergrund lauern.«
»Die aus der Totenwelt«, sagte Glenda.
»Ja, zum Bespiel.«
Glenda zuckte mit den Schultern. »Aber weiter kommen wir damit auch nicht. Welche Totenwelt denn? Welche Dimension? Wer steckt dahinter? Das ist alles sehr vage.«
»Leider«, gab ich zu.
Wir konnten noch so lange reden, es brachte uns nichts ein. Unser Wissen war zu gering. Es ging um mutierte Raben, wobei sie äußerlich nicht verändert waren. Dafür hatte man sie magisch beeinflusst, und daran trugen sie bestimmt nicht selbst die Schuld.
Im Vorzimmer wurde die Tür geöffnet. Glenda sprang auf und lief hin.
Wir hörten die Stimme unseres Chefs. Kurze Zeit später hatte er Glendas Platz eingenommen. Sie war mit ihrem eigenen Drehstuhl bis in Hörweite auf die Türschwelle gefahren.
Wie so oft rückte Sir James zunächst seine Brille zurecht. Dann fing er an zu sprechen und sah dabei alles andere als zufrieden oder glücklich aus.
»Ich habe dafür gesorgt, dass der Tote abgeholt wurde. Er liegt jetzt zur Untersuchung in der Pathologie. Aber das bringt uns nicht weiter, denke ich.«
»Haben Sie denn was über den Mann herausgefunden?«
»Ja, aber das wird Sie kaum weiterbringen, denke ich. Er ist nie negativ aufgefallen. Er war Single und hat als Verkäufer in einem Sportgeschäft gearbeitet.«
Suko fragte: »Hatte er denn eine Verbindung zu Vögeln? Konnten Sie darüber was in Erfahrung bringen?«
»Nein, nichts. Ich konnte mit seinem Vater sprechen. Seine Mutter war nicht fähig, irgendwelche Antworten zu geben. Todd Hayes wohnte allein, ging seinem normalen Beruf nach, lebte nicht in einer festen Partnerschaft, aber er hatte ein Hobby.«
Sir James legte eine Kunstpause ein, sodass wir aufhorchten.
Als er dann weitersprach, wurden wir schon leicht enttäuscht, denn dieses Hobby hatte nichts mit schwarzer Magie zu tun. Es war zwar recht selten, aber letztendlich normal.
»Todd Hayes war Bergsteiger. Er fuhr zweimal im Jahr in die Schweiz, um dort Gipfel zu besteigen. Das sagte mir sein Vater.«
»Wohin dort genau?«, fragte ich.
»Ins Obere Engadin. Nach Pontresina.«
Ich wusste, wo es lag, denn vor Jahren hatte es mich dorthin mal verschlagen. Der Ort lag sehr hoch. Im Winter ein idealer Platz für Skiläufer, und im Sommer konnten sich dort die Bergwanderer austoben.
Wer Spaß daran hatte, dem standen viele Möglichkeiten offen.
Sir James hob die Schultern. »Mehr habe ich nicht herausfinden können. Es gab nichts Unnormales, und deshalb kann ich mir ein Motiv für einen Mord nicht vorstellen.«
Das konnten wir auch nicht. Trotzdem war er geschehen, und das auf eine grausame Weise, als hätten sich seine Mörder bei ihm regelrecht ausgetobt.
»Es muss eines geben, und es muss mit den Raben in einem Zusammenhang stehen«, sagte ich. »Dann frage ich mich auch, warum man uns angegriffen hat. Was haben wir den Raben denn getan? Ich wüsste es nicht. Sie flogen herbei und griffen uns an. Und ich kann mir vorstellen, dass sie uns ebenfalls getötet hätten. Wobei sie auch nicht allein waren, denn vor dem Haus haben wir einen großen Schwärm dieser Vögel gesehen. Da fragt man sich, woher sie kamen und wohin sie wollten.«
Da konnte mir niemand eine Antwort geben. Ich selbst wusste ja auch keine.
Sir James sprach nicht mehr. Er sorgte dafür, dass wir unseren Gedanken nachgehen konnten.
Es war Suko, der mit einem Vorschlag herausrückte, dem auch ich zustimmte.
»Wir sollten vielleicht sein persönliches Umfeld in Augenschein nehmen. Es ist möglich, dass wir bei der Durchsuchung seiner Wohnung auf etwas stoßen, das uns weiterbringt.«
Sir James nickte. »Sie haben recht, Suko, ich sehe im Moment auch keine andere Chance.«
Glenda meldete sich von der Türschwelle. »Ich will mich ja nicht groß einmischen, aber wenn ich das recht
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