1622 - Sie kamen aus der Totenwelt
die durchgeführt wurden. Zweimal musste er eine rote Ampelphase überstehen, dann konnte er weiterfahren.
Im Stau steckend hatte er Dagmar nicht angerufen und war deshalb überrascht, als er sie in der Wohnung vorfand. Sie hatte sich soeben eine Tasse Kaffee gekocht und auch ihre Haare gewaschen, die von einem hellen Tuchturban bedeckt waren.
»He, ihr seid schon zurück?«, fragte Harry.
»Wir sind gar nicht gegangen.«
»Sag nur. Warum das denn nicht?«
»Magen und Darm zugleich«, sagte Dagmar.
»Aber nicht bei dir.«
»Nein, nein, bei Christel. Da war es natürlich nichts mit einem großen Shopping.«
»Das glaube ich.«
Sie lächelte ihn an. »Und wie ist es dir ergangen? Du siehst aus, als wäre nicht alles glatt oder zumindest ungewöhnlich gelaufen.«
»Setz dich, bitte.«
»Aha.«
»Bitte, nimm Platz.«
»Und dann?«
»Werde ich mich auch setzen.«
»Na, da bin ich gespannt.«
»Das kannst du auch.« Harry holte sich aus der Küche ein Glas Wasser.
Er brachte für Dagmar eines mit, und dann setzte er sich ihr gegenüber, um sie anzuschauen.
»Es war nicht nur gut, dass ich Paula Norton einen Besuch abgestattet habe, es war sogar sensationell.«
»Tatsächlich?«
»Und ob.«
»Dann lass mal hören.«
Harry nickte. Er war noch immer nervös und musste erst mal einen Schluck trinken. Erst danach konnte er reden und breitete dabei seine Arme auf dem Tisch aus.
Harry nahm kein Blatt vor den Mund. Seine Partnerin wusste, dass sie ihn reden lassen musste, und stellte auch keine Zwischenfragen.
Nachdem sie die ganze Geschichte erfahren hatte, saß sie da, staunte und schauderte.
»Was sagst du, Dagmar?«
»Erst mal nichts. Aber ich würde behaupten, dass da etwas Großes auf uns zukommt.«
»Zu groß?«
Sie lächelte. »Eigentlich nicht. Aber wir könnten schon eine gewisse Unterstützung gebrauchen.«
»Hm.« Harry räusperte sich. »Die natürlich aus dem Ausland kommt, denke ich.«
»Genau. Und zwar aus London.« Dagmar deutete auf das Telefon. »Ich denke, du solltest John Sinclair anrufen…«
***
Todd Hayes’ Wohnung lag in der Nähe des Flusses, allerdings nicht in einem der schicken Neubauten mit Blick auf den Strom. Von seiner Straße aus konnte man die Themse höchstens riechen, und das war oft nicht eben angenehm.
Zum Ufer hin wurden die Straßen kleiner und enger. Die Fassaden der Häuser waren grau. Sie sahen aus wie vierstöckige Klötze, und in einem davon hatte der Tote gewohnt. Zum Glück waren die großen Hausnummern sichtbar angebracht.
Wir mussten in das Haus mit der Nummer acht.
Einen Parkplatz fanden wir nicht. Suko stellte den Wagen im Parkverbot vor dem Haus ab mit der Frontseite zur Fassade hin. Das Blaulicht legte er sichtbar auf den Fahrersitz. So wurden wir hoffentlich nicht abgeschleppt.
Uns erwartete eine Überraschung, als wir auf die Haustür zugingen. Sie lag in einer Nische und war an beiden Seiten umgeben mit Klingelschildern. Normalerweise hätten so viele Mieter nicht hineingepasst, aber der Besitzer oder wer immer es war, hatte innen wohl umgebaut und die normalen Wohnungen zu zahlreichen Mini-Apartments vervielfältigt, damit er so viel Miete wie möglich kassieren konnte.
Den Namen Todd Hayes fanden wir auf der rechten Seite der Klingelschilder. Ich hielt den Schlüssel bereits in der Hand, was mir nichts brachte, denn wir mussten zunächst mal ins Haus kommen.
Ich wollte schon irgendwo klingeln, als Suko mir auf die Schulter tippte und sagte: »Lass mal.«
Ich drehte mich um und sah einen Mann im grauen Kittel neben unserem Rover stehen. Ein stiernackiger Typ, dessen Kopf rot angelaufen war. Er stand kurz vor dem Platzen.
Suko ging auf ihn zu.
»Gehört euch der Wagen?«
»Ja, Mister.«
»Der muss weg!«
»Wer sind Sie?«
»Der Hausmeister. Ich habe hier vier Häuser zu verwalten, und der Wagen steht hier falsch.«
»Das wissen wir. Aber haben Sie schon mal hineingeschaut?«
»Ja, das Ding habe ich gesehen.«
»Dann kann ich Ihnen zusätzlich noch meinen Ausweis zeigen, damit Sie wissen, mit wem Sie es zu tun haben.«
Der Hausmeister las, dass wir von Scotland Yard waren.
»Alles klar für Sie?«
Der Mann nickte widerwillig. Dann wollte er wissen, was wir hier wollten.
»Wir müssen in eine Wohnung.«
»Wollt ihr jemanden verhaften?«
»Nein, das können wir nicht mehr. Der Mieter ist tot. Er heißt Todd Hayes und…«
Dem Hausmeister fielen fast die Augen aus dem Kopf. »Echt?«, stöhnte er und blies danach die Wangen
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