1630 - Das Vampirwelt-Monster
bald erleben.«
Er war so sicher, so überzeugt, dass es mir kalt den Rücken hinablief.
Das hier war zudem der ideale Treffpunkt. Die Stadt London schlief zwar nie, doch hier in dieser kleinen Straße in Mayfair war alles anders. Da schienen selbst die alten Häuser in einen tiefen Schlaf gefallen zu sein.
Zusammen mit den alten Bäumen.
Auch hatte ich den Eindruck, dass Mallmann nicht allein gekommen war.
Aber es gab keinen Beweis dafür. Ich setzte nur auf mein Gefühl, das mich selten getrogen hatte.
Ich nickte gegen das offene Fenster und sagte: »Ja, wir werden sehen, Will.«
»Du gibst dich noch sehr gelassen und scheinst mir nicht zu glauben. Oder irre ich mich?«
»Soll ich schreien?«
»Aber du glaubst mir.«
»Ja, denn ich weiß, dass Justine es gesehen hat. Und sie ist eine gute Zeugin.«
»Das beruhigt mich.«
Dracula II hatte etwas vor. Ich spürte es. Auch als er sich abwandte, hatte ich nicht das Gefühl, dass er tatsächlich gehen wollte.
Er entfernte sich zwar von meinem Rover, aber er tat es nicht mit zügigen Schritten und blieb schon bald stehen. Dabei drehte er sich halb um und nickte mir zu.
Es war eine Aufforderung, die ich sofort verstand. Er wollte, dass ich den Wagen verließ.
Was er beabsichtigte, wusste ich nicht. Aber ich tat ihm den Gefallen und stieg aus. Nicht sehr schnell, sondern recht vorsichtig.
Leise drückte ich die Autotür ins Schloss und sah in genau diesem Moment, dass Mallmann nach vorn deutete. Er wollte mir nicht die leere Straße zeigen, denn sie war nicht mehr leer.
Mitten auf der Fahrbahn hatte sich ein monströses Gebilde aufgebaut.
Mallmanns VampirweltMonster…
***
Das hatte so kommen müssen. Dracula II war sich so sicher. Er musste mir etwas präsentieren, auch deshalb, um seine Macht zu demonstrieren und mich möglichst klein aussehen zu lassen.
Es war keine der Straßen, die strahlend hell erleuchtet waren. Sie war zwar nicht finster, aber die wenigen Laternen reichten gerade mal für so etwas wie eine Notbeleuchtung, aber auch davor hob sich die Gestalt gut sichtbar ab.
Justine Cavallo hatte sie mir beschrieben. Jetzt sah ich dieses Gebilde mit eigenen Augen und musste zugeben, dass sie nicht übertrieben hatte.
Ja, sie war übergroß, obwohl der Begriff Riese nicht passte. Aber zwei Köpfe größer als ich war sie schon, und bei ihr konnte man auch nicht von einem Gesicht sprechen. Es war eine helle, aschgraue Fratze, bei der mir sofort der Mund auffiel, der diesen Namen nicht verdiente. Es war nur ein schiefes, halb offenes Maul und besetzt mit einem Kranz spitzer Zähne.
Nackt war das Monster nicht. Es war in einen dunklen Umhang eingewickelt, und ich ging zwei Schritte näher an die Gestalt heran, um sie besser sehen zu können.
Sie strahlte etwas ab, das man als eine böse Aura bezeichnen konnte.
Ich wunderte mich nur darüber, dass mir das Kreuz keine Warnung schickte. Es konnte sein, dass ich zu weit entfernt stand, und ich hörte Mallmanns leises Lachen.
»Na?«, fragte er. »Was sagst du zu meiner Errungenschaft?«
Ich hob die Schultern. »Sie sollte vernichtet werden. So etwas gehört nicht in unsere Welt.«
Er amüsierte sich. Dann lachte er mich aus und sagte: »Ich wusste, dass ich das hören würde.«
»Und?«
»Dann tu was dagegen, Sinclair.«
Er wollte mich provozieren. Er wollte, dass es zu einem ersten Kampf zwischen uns kam, und ich überlegte, ob ich ihm diesen Gefallen überhaupt tun sollte.
Er gab sich einfach zu sicher, und mir kam plötzlich der Gedanke an eine Aussage, die ich von Justine Cavallo gehört hatte. Sie hatte gesehen, wie sich dieses Monster vor den Zug gestellt hatte, von ihm erfasst worden war und sich dabei in zahlreiche Einzelteile aufgelöst hatte. Es war zu Puzzleteilen geworden, die sich wenig später von allein wieder zusammengesetzt hatten.
Ein Phänomen, das ich kaum glauben konnte.
Da mein Kreuz mir keine Warnung schickte, wollte ich es auf eine andere Art versuchen. Auf die ganz schlichte, und zwar mit einer geweihten Silberkugel. Das war zwar nicht besonders originell, aber tun musste ich was.
Deshalb zog ich die Waffe.
Dabei ließ ich Mallmann nicht aus den Augen und wartete darauf, dass er etwas unternahm. Vielleicht hätte er auch etwas getan, wenn ich nicht zu schnell gewesen wäre.
Ich hatte sie kaum gezogen, als ich die Mündung schon ins Ziel stach und abdrückte.
In der Stille hörte sich der Schuss an wie ein peitschender Donnerschlag.
Als Echo brandete er von
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