1649 - Niemals sterben
weil wir besser sind. So und nicht anders wird es laufen. Und jetzt musst du dich entscheiden.«
Marlene Dawson war ganz still. Selbst ihr Luftholen war kaum zu hören.
Dann sagte sie: »Ja, damit kann ich mich anfreunden. Ich muss nicht unbedingt hier in der Gegend bleiben, um meinem Beruf nachzugehen. London wäre für mich zwar ein neues Gebiet, aber warum nicht? Ich kann es ja mal versuchen.«
»Was bist du denn von Beruf?«
»Ich reise als Repräsentantin für eine Kosmetik-Kette und sorge für den direkten Verkauf an der Haustür. Ich stelle die Produkte vor, nachdem ein Termin vereinbart wurde. Das könnte ich auch in London versuchen. Die Stadt ist zwar an andere Kolleginnen auf geteilt worden, aber das macht nichts. Ich werde es später richtigstellen können. Hauptsache, ich bin hier weg.«
»Das wirst du.«
»Und du bist sicher, dass Gilda nicht aufgeben wird?«
»So sicher, wie ein Vampir nur sein kann.«
»Dann sollten wir es versuchen.«
»Wunderbar.« Die Cavallo freute sich. Sie kümmerte sich nicht aus Menschenliebe um Marlene. Sie wollte so etwas wie einen Lockvogel haben, um Gilda in eine Falle zu locken. Justine ging davon aus, dass sie einiges über Mallmanns Hinterlassenschaften wusste. Da hoffte sie, ansetzen zu können.
Als sie den schiefen und misstrauischen Blick sah, mit dem Marlene sie betrachtete, runzelte sie die Stirn und fragte: »Hast du noch irgendwelche Probleme?«
»Ja, mit dir.«
»Oh…« Ein Lachen folgte. »Lass hören!«
Marlene hob die Schultern. Es fiel ihr schwer, die richtigen Worte zu finden, platzte dann aber damit heraus. »Ich weiß ja nicht, ob ich dir trauen kann. Ich begebe mich in deine Hand. Wer garantiert mir, dass dich nicht plötzlich die Gier nach Blut überfällt? Dann musst du nur die Hand ausstrecken und hast mich.«
»Das stimmt.« Justine sah, dass Marlene noch etwas hinzufügen wollte.
Sie kam ihr zuvor. »Wenn das wirklich der Fall wäre, hätte ich dein Blut schon längst getrunken. Jemand wie ich kann mehr vertragen als nur den Lebenssaft einer einzigen Person.«
Marlene erschauderte, als sie diese Antwort gehört hatte. Aber sie akzeptierte sie und stimmte zu.
»Ja, ich komme mit dir.«
»Das ist eine gute Entscheidung, meine Liebe…«
***
Ich hatte mein Versprechen gehalten und Jane Collins abgeholt. Wir wollten Mayfair auch nicht verlassen, und so hatte ich in einem guten Fischrestaurant zwei Plätze reserviert.
Es sah sehr hübsch aus mit seinen Kacheln an den Wänden, die mit Motiven aus dem Meer bemalt waren. Die viereckigen Tische waren weiß gedeckt. Servietten waren gefaltet, und das schwachblaue Porzellan hob sich sanft von dem hellen Untergrund ab.
Eine dralle Bedienung trat an unseren Tisch. Sie erkundigte sich, ob wir schon etwas zu trinken bestellen wollten.
Jane Collins strahlte. »Ja«, sagte sie, »ich hätte Durst auf ein Glas Champagner.«
»Gut, Madam. Und Sie ebenfalls, Sir?«
Obwohl ich nicht eben ein Freund dieses Getränks war, stimmte ich zu.
»Sehr wohl.«
Jane nickte mir zu. »Na, das hat dich ja schon Überwindung gekostet.«
Ich grinste breit. »Was tut man nicht alles für eine gute Freundin. War mir eine Ehre.«
»Oooh…«, stöhnte sie. »Gib nur acht, dass sich nicht der Putz von der Decke löst.«
»Keine Sorge.« Ich nickte Jane zu. »Habe ich dir schon gesagt, dass du gut aussiehst?«
»Nein, hast du nicht.«
»Dann habe ich es hiermit gesagt.«
»Ich werde es nicht vergessen.«
Jane sah wirklich top aus in ihrem schlichten schwarzen Hosenanzug. Im unteren Teil des spitzen Ausschnitts schimmerte ein helles Oberteil durch.
Eine Kette aus schwachbunten Perlen peppte das Ganze etwas auf. Das Haar hatte Jane wieder wachsen lassen. Es fiel als blonde Flut bis über ihre Ohren. Auf ihrem Gesicht lag nur ein leichtes Make-up, und über den Tisch hinweg wehte mir der schwache Duft eines nicht zu aufdringlichen Parfüms entgegen.
Die Karten wurden zusammen mit den Getränken gebracht. Wir stießen an, tranken, und ich musste zugeben, dass mir das edle Getränk schon mundete.
Zugleich griffen wir nach den Karten. Es gab wirklich nur Fisch. Die Gerichte waren auf zwei Seiten aufgeführt. Als Spezialität wurde eine Suppe mit Nordseefischen angeboten. Dafür entschied ich mich und nahm als Vorspeise Lachstatar.
Jane ließ sich noch ein wenig Zeit. Ich sprach sie auch nicht an, lehnte mich zurück und schaute mich ein wenig um. Man konnte sich hier wirklich wohl fühlen. Es war alles sehr
Weitere Kostenlose Bücher