1649 - Niemals sterben
und das ist verdammt nicht zum Lachen.«
»Leider.«
Es wurde Zeit, dass ich die Kollegen anrief. Zuvor strich ich mir noch über die Stirn, um die Stiche im Kopf loszuwerden. Es war nicht möglich.
Auch jetzt kam ich nicht zu meinem Telefonat, denn aus dem Hintergrund trat eine Gestalt auf uns zu. Ein Blick reichte, um Justine Cavallo zu erkennen. Sie ging nicht eben forsch und schlich mehr dahin. Das kam bei ihr selten vor.
»Was ist los?« Ich fragte es, obwohl ich die Antwort bereits kannte.
Justines Haltung drückte sie aus.
Sie war ehrlich und sagte: »Ich habe es nicht geschafft. Sorry, aber das ist nun mal so.«
Ich nickte und Jane fragte: »Was ist passiert?«
»Mein Halt war nicht fest genug. Auf gerader Strecke hätte es anders ausgesehen. Leider raste der Wagen ungebremst in eine Kurve, und da hat es mich eben erwischt.«
Irgendwie freute es mich schon, dass auch ihr mal ihre Grenzen aufgezeigt worden waren. Nur half uns das nicht weiter.
Ich wollte wissen, ob sie etwas erkannt hatte.
»Nein!«, sagte sie knirschend. »Das habe ich nicht. Ich lag ja auf dem Dach. Ich wollte an die Frontscheibe heran, was mir leider nicht mehr gelang. Ich weiß nicht mal, wer den Wagen gefahren hat.«
»Gilda?«, fragte Jane.
»Möglich. Ich gehe sogar davon aus. Ja, sie muss meine Spur aufgenommen haben.« Es fiel der Cavallo schwer, ihre Wut im Zaum zu halten, was wir bei ihr kaum kannten. Immer wieder hatte sie sich überlegen gezeigt, oft arrogant. Sie hatte nur sich selbst gesehen und keine anderen Personen.
Sie ging auf den vernichteten Vampir zu, bückte sich und hob die Gestalt an. Sekundenlang betrachtete sie den Toten, dann ließ sie ihn fallen wie Abfall.
»Ich habe ihn noch nie gesehen. Tut mir leid. Mallmann hatte Zeit genug, sich eine neue Mannschaft zu suchen.«
Da hatten wir alle nichts ausrichten können.
Jane Collins wollte zurück zu Marlene Dawson, auch Justine verschwand.
Sie verriet uns nicht, wohin sie wollte.
»Ich komme später nach«, sagte ich zu Jane.
Nachdem auch sie mir den Rücken zugedreht hatte, griff ich zum Handy und telefonierte mit den Kollegen. Sie waren derartige Anrufe von mir gewohnt. Dass sich ihre Begeisterung in Grenzen hielt, lag auf der Hand.
Zumindest brauchte hier keine Spurensicherung zu erscheinen. Der Fall war eine Sache, die nur mich etwas anging. So mussten die Kollegen auch nicht mit Blaulicht und Sirene anfahren. Es würde kein großes Auf sehen geben.
Wie ging es weiter?
Genau diese Frage beschäftigte mich. Ich fand keine Antwort darauf. Es war alles wie vernagelt. Mallmann mochte schlimm gewesen sein, auf der anderen Seite aber auch berechenbar. Er hatte Pläne geschmiedet und er ging bei ihrer Umsetzung systematisch vor. Das alles war jetzt nicht mehr gegeben. Sein Erbe hatte keinen Anführer mehr. Niemand machte den Gestalten klar, was sie zu tun und zu lassen hatten. Sie konnten sich austoben, wie sie wollten, und das war nicht gut.
Ich sehnte mich nicht nach Dracula II zurück, das auf keinen Fall, aber als es ihn noch gab, wussten wir genau, woran wir waren.
Die Ankunft der Kollegen brachte mich weg von diesen Gedanken. Ich hörte keine Vorwürfe. Man wunderte sich nur über das Aussehen des Toten und fragte mich, woher er stammte.
»Kann ich euch leider nicht sagen.«
»Aber er war nicht normal?« Das Wort Vampir wurde bewusst vermieden.
»Kann man so sagen.« Weitere Erklärungen gab ich nicht. Dafür schaute ich zu, wie der Deckel des flachen Sargs geschlossen wurde.
Wenig später stand ich wieder allein auf dem Gehsteig, und auch jetzt waren keine Neugierigen erschienen.
Der Rücken tat mir noch immer weh, auch mein Kopf hatte seinen Teil abbekommen. Das allerdings ignorierte ich. Meine Gedanken drehten sich darum, wie es wohl weitergehen würde, und da hatte ich schon meine Probleme. Ich kannte die Pläne der anderen Seite nicht und war auf Spekulationen angewiesen.
Es war durchaus möglich, dass diese Gilda ihre Nachttour fortsetzen wollte. Marlene Dawson war ihr entkommen. Das hinzunehmen war nicht leicht für sie. Vampire verloren nicht gern, auch nicht gegen ihre Artgenossen. So musste ich damit rechnen, dass sie zurückkehren würden. Dass es noch in dieser Nacht geschehen würde, glaubte ich jedoch nicht.
Auch die andere Seite musste ihre Niederlage erst verdauen.
Ich hatte den Fluchtwagen gesehen. Es war mir nur nicht gelungen, die Zahlen auf dem Nummernschild zu lesen, und die Fahndung nach einem schwarzen Sprinter
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