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165 - Am heiligen Berg

165 - Am heiligen Berg

Titel: 165 - Am heiligen Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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vergnügt. »Hast du eine Ahnung, wo Induu liegt? Man braucht Monate hin und zurück! Viele Monate!«
    »Na, und? Du hast selbst gesagt, dass dir die Pferdezucht keinen Spaß macht.« Ki Lings Stimme wurde kalt. »Also erfülle den Wunsch des Himmlischen Hüters!«
    Quong Ho horchte auf. Er ahnt etwas! Er schickt mich fort, weil er sich bedroht fühlt! Sol te er am Ende gar nicht so dumm sein, wie ich dachte? Quong Ho verbeugte sich wütend und ging. Er nahm sich vor, eine Armee zu rekrutieren und Ki Ling zu einer zweiten Begegnung mit dem Lavadrachen zu verhelfen.
    Aber auch das schien der Kaiser zu ahnen.
    »Halt!«, rief er plötzlich. Quong Ho ließ die Tür los und drehte sich um. Ki Ling lächelte.
    »Du wolltest zu deinem Reichtum doch auch Macht, lieber Vetter. Die gebe ich dir jetzt.« Er wies auf seine schwarz vermummte Leibwache. »Tschinnaks! Handverlesen und absolut zuverlässig. Ich ernenne dich hiermit zu ihrem Anführer! Such dir ein paar Männer aus und nimm sie mit nach Induu.«
    Quong Ho ließ sich nichts anmerken. Ihm war klar, dass ihm Ki Ling diese Gestalten nicht aus Gefälligkeit abtrat. Sie sollten ihn im Auge behalten – und wenn sie Ki Ling tatsächlich so treu ergeben waren, wie er behauptete, dann war jeder konspirative Gedanke lebensgefährlich. Der Name Tschinnaks kam nicht von ungefähr. Er bedeutete Todesdrachen.
    ***
    Mai 2522
    Es war noch dunkel, als Aruula erwachte, und sie brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Gähnend rollte sie sich auf den Rücken und zog das angenehm weiche Fell ihres Nachtlagers eng an den Körper. Das Fenster in der gegenüber liegenden Wand war kaum zu sehen, aber man merkte die hereinströmende Kälte.
    Aruula erschauerte. Ihre Arme schmerzten von dem Kampf gestern Abend um ihr todgeweihtes Yakk, dessen Rettung sie bis in den Traum verfolgt hatte. Der Anblick des frei über dem Abgrund schwebenden massigen Tieres war so unheimlich gewesen! Tandra Meeru hatte ihr zwar versichert, dass es hier keine Dämonen gab, keine Schamanen und keine launischen Götter. Aber Tandra Meeru war ein Fremder – und dem Wort eines Fremden traute Aruula nie.
    Außerdem war er seltsam. Freundlich, ja, und auch irgendwie nett. Dennoch! Er hatte ihr Yakk kleiner Bruder genannt, und das war nicht normal. Aruula grinste in die Dunkelheit.
    »Kleiner Bruder!«, spöttelte sie, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und blickte zur Decke hoch. Was hatten Männer nur immer mit ihren Viechern? Der eine ließ sich von seinem Kamshaa beißen, der andere hielt sich für ein Yakk, der Dritte verhätschelte einen Lupa… Aruulas Lächeln erlosch, als ihre Gedanken an Rulfan hängen blieben.
    Wo mochte er jetzt sein, ihr Freund aus alten Tagen? Ging es dem Albino gut? Lebte Rulfan überhaupt noch? Aruulas Augen wurden feucht. Maddrax hatte ganze Arbeit geleistet, als er aus ihrem Leben verschwand. Mit ihm war auch alles andere verschwunden, das ihr einmal etwas bedeutet hatte: seine Welt, seine Lebensart, Freunde, Gefährten – einfach alles.
    »Ich hasse dich, Maddrax!«, flüsterte sie und wusste, dass es gelogen war. Sie hatte ihr Herz an ihn verloren – an den Mann, der vom Himmel fiel – und sie konnte es nie mehr zurück fordern. Commander Matthew Drax war fort. Für immer.
    »Tja«, sagte Aruula seltsam kraftlos und zog sich die Felldecke über den Kopf. Es war so ermüdend, immer die Starke zu sein! Klar konnte sie sich alleine durchschlagen. Sie war mutig und stolz und klug. Sie würde auch niemals untergehen, das wusste sie. Aruula hatte ihre Heimat auf den Dreizehn Inseln verloren, ihr Leben beim Clan der Wandernden Völker, ihren Geliebten und ihr Kind. Kein noch so hartes Schicksal hatte sie verzagen lassen – sie war immer wieder aufgestanden und ihrem Weg gefolgt.
    Trotzdem sehnte sie sich manchmal nach einem Gefährten, der die Last des Lebens mit ihr teilte.
    »Werde ich je eine Familie haben? Ein Zuhause? Kinder?«, murmelte Aruula in den wärmenden Pelz und fuhr erschrocken hoch. Tandra Meeru stand neben ihrem Lager, eine Öllampe in der Hand. Er blickte unsicher auf das Schwert, nach dem die Barbarin automatisch gegriffen hatte. Sie ließ es los.
    »Der Tag bricht an«, sagte er. »Du wirst hungrig sein. Komm und teile die Mahlzeit mit uns.«
    Aruula sah weit und breit keinen Tag, nur einen schwachen Lichtschein irgendwo draußen in der Ferne. Aber sie war tatsächlich hungrig. Gähnend setzte sie sich auf und griff nach ihren Stiefeln. »Wo ist

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