165 - Olivaros Tod
Abfälle lagen herum und Schmutz schwamm im Wasser. Der Strand war überlaufen. Man fand kaum noch ein freies Fleckchen und hätte lange Strecken über die Körper von in der Sonne Liegenden laufen können, ohne einen Fuß auf den Sand zu setzen.
Kofferradios und Kassettenrecorder dudelten. Man flirtete und lachte, schlenderte und amüsierte sich, saß in den Strandcafes. Schwimmen konnte man nicht. Seit die Avenidas verbreitert und die Strände künstlich aufgeschüttet waren, brandeten die haushohen Wellen bis unmittelbar an den Strand heran. Wer sich da hineinwagte, mußte die Knochen numerieren und sein Testament schreiben. Mir fielen besonders die bildschönen, glutäugigen brasilianischen Schönheiten auf.
Eine war hübscher als die andere. Die Brasilianerinnen hatten eine besondere Art, mit den Hüften zu wackeln und einem glutäugige Blicke zuzuwerfen, die wie die Verheißung einer Tropennacht waren. Ich fand offensichtlich Anklang.
Das war aber nichts gegen die bewundernden Pfiffe und die Gestik der männlichen Badegäste, als Coco, die weiße Hose und die Bluse ablegte. Sie trug einen Tanga darunter, der selbst in Rio als gewagt gelten mußte. Er bestand aus vier Stoffdreiecken von Handflächengröße.
Nachdem wir uns genügend gesonnt hatten, kehrten wir zum Hotel zurück.
Wir dinierten auf der Terrasse. Ich hatte den Kommandostab zusammengeschoben, daß er so ähnlich wie eine Pfeife aussah und hielt ihn jeweils unauffällig ans Essen und die Getränke. Wenn Gift darin war, besonders eine schwarzmagische Essenz, würde ich das merken. Der Kommandostab verriet es durch Erwärmen und Prickeln oder ließ das Getränk Blasen werfen.
Ich hatte nicht vergessen, wie bei meinem ersten Aufenthalt in Rio Vicente Neiva, der Großmeister, und die übrigen Mitglieder der Loge durch einen Zaubertrank in Schweinemonster verwandelt worden waren. Das gleiche Schicksal hatte man mir auch angedroht.
Das Essen und die Getränke waren aber einwandfrei und schmeckten ausgezeichnet. Hinterher tanzten wir. Coco schmiegte sich in meine Arme, und ich fühlte mich wie in den Flitterwochen. Das Leben konnte so schön sein. Ich brauchte die Glücksmomente, sonst wäre es allzu trist gewesen. Unter den bei der Tanzfläche Sitzenden fiel mir ein bekanntes Gesicht auf. Ich hatte es schon am Flughafen gesehen. Es handelte sich um Elia Gereon, der sein Weinglas hob und uns zutrank.
„Wer ist dieser Mann?" fragte Coco.
Ich erklärte es ihr.
„Merkwürdig, daß er auch im Copacabana Palace wohnt. Ich habe den Eindruck, er beobachtet uns." „Ich werde ihm bei der nächstbesten Gelegenheit auf den Zahn fühlen", sagte Coco. „Glaubst du, er ist ein Dämon?"
„Keine Ahnung. Ich will Olivaro demnächst nach ihm fragen. Doch ob Dämon oder nicht, wir wollen uns den Abend nicht von ihm verderben lassen. Dazu würde schon mehr gehören als seine bloße Anwesenheit hier."
Wir suchten unsere Suite auf. Der Nachthimmel über Rio war samtschwarz. Die Sterne funkelten zu Myriaden, und das Kreuz des Südens prangte am Himmel. Es war eine laue, romantische Nacht.
Viel später schliefen wir nebeneinander ein. Doch es sollte uns kein ungestörtes Ausschlafen beschieden sein, denn Dolfo, der Urwalddämon, störte uns.
„Mein Oheim, dessen Name du nicht hören willst, hält seine schützende Hand nicht über sie", sagte Astaroth frohlockend zu Viviana. „Ihre Stunde hat geschlagen. Ich gehe mit Dolfo los."
Bald bebte der Boden, denn Dolfo kam. Er brummelte vor sich hin und grollte. Die Hütte wackelte, als er sie an der Ecke faßte, um die darin Weilenden von seiner Ankunft zu verständigen.
„Was wollt ihr? Kaum habe ich einen Augenblick geruht, schon stört ihr mich wieder. Das ist vielleicht eine Hektik in der Stadt. Teufel, Teufel."
Der Augenblick hatte immerhin mehr als zwölf Stunden betragen. Für Dolfo war das aber nichts. Er gähnte, daß im Slum alles aufschreckte. Die Schweine im Stall grunzten und quiekten, Ziegen meckerten und Hühner gackerten. Kinder schrien.
Dolfo gähnte wieder und trommelte sich an die Brust.
„Was ist jetzt?"
„Laß meine Hütte stehen!" kreischte Viviana.
Sie humpelte mit ihren Krücken ans Fenster und teilte Dolfo mit, was zu erledigen war. Der ungeschlachte Dschungeldämon nickte. Dabei platzten große Schmutzbrocken von seinem Hals, und auch mehrere Käfer und Spinnen fielen herunter. Gedankenverloren brach Dolfo ein Stück von Vivianas Hüttendach ab und aß es.
„Na gut", brummte er
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