1650 - Schrei, wenn der Albtraum kommt
gesehen. Das ist verrückt.«
»Es hat ihn befreit, Pat.«
Er war noch durcheinander. Seine Gedanken bewegten sich in eine bestimmte Richtung.
»Und du, John? Bist du ein Exorzist, der bei den Menschen Dämonen und böse Geister austreibt?«
Ich musste noch überlegen, welche Antwort ich ihm geben sollte.
War ich ein Exorzist?
Ich sah mich nicht so. Als Exorzist setzt man bestimmte Rituale ein, um einen Menschen von seinen Leiden zu befreien. Das musste ich nicht, weil ich eine Waffe besaß, in der die Stärke der Erzengel wohnte, und das hatte ich jetzt wieder bewiesen. Oder sie mir.
»Nein, nein, ich sehe mich nicht so. Gehe einfach davon aus, dass ich ein Mensch bin, der gegen das Böse kämpft. Und dabei schließe ich alle Facetten mit ein. Ein Exorzist ist in seinem Gebiet begrenzt. Ich bin es nicht.«
»Ja, das glaube ich dir.«
»Danke.«
Wir kümmerten uns gemeinsam um Irma Ferguson. Sie war sehr blass, aber die Presse aus Stoff hatte ihr gut getan. Die Tücher waren nicht durchgeblutet.
»Der Arzt sollte gleich hier sein«, sagte Cameron. »Er war bei einem anderen Kranken. Jetzt bin ich gespannt, ober…«
Es schellte, und plötzlich hatte es Pat Cameron sehr eilig. Er rannte zur Haustür, ich hörte ihn sprechen und die tiefe Stimme eines Mannes antworten.
Auch ich betrat den Flur und sah einen Mann, der vom Aussehen überhaupt nicht zu dieser sonderbaren Stimme passte. Er war klein, trug eine Regenjacke und einen schwarzen Hut auf dem Kopf. In der rechten Hand hielt er eine Arzttasche. In seinem Gesicht fiel die spitze Nase auf.
Er nickte mir kurz zu und ließ sich von Cameron in die Küche bringen.
Ich blieb im Flur zurück und hörte, dass sich Pat nach dem Krankenwagen erkundigte.
»Er ist unterwegs. Es kann sich nur noch um ein paar Minuten handeln. Und das ist die Verletzte? Oder soll ich mich erst um den Mann…«
»Nein, die Frau.«
»Was ist mit dem Mann?«
»Der ist tot.«
»Oh, da werden Sie der Polizei was zu erklären haben.«
»Die Polizei ist schon hier.«
»Ach, Sie meinen doch nicht sich selbst?«
»Nein. Es ist der Mann im Flur. Er heißt John Sinclair und ist Scotland-Yard-Beamter.«
Da sagte der Arzt nichts mehr und kümmerte sich um die verletzte Irma Ferguson. Er gab einige Kommentare ab, die recht verhalten klangen. Er gab zu, dass er nicht viel für sie tun konnte. Das musste in einem Krankenhaus geschehen.
Mir war das ebenfalls klar. Auch ich konnte Mrs. Ferguson nicht mehr helfen und ging deshalb nach draußen, um vor der Tür frische Luft zu schnappen.
Die Kühle tat mir gut. Die letzten Minuten waren doch recht hart gewesen und - wenn man so wollte - auch wenig erfolgreich für mich. Den Verursacher des Grauens hatte ich nicht stellen können, und das nagte an mir.
Ich schaute in eine dunkle Nacht, die intervallartig ihre Dunkelheit verlor, weil in regelmäßigen Abständen immer wieder ein Blaulicht aufzuckte, das Schneisen in die Finsternis riss.
Der Krankenwagen kam endlich. Das sorgte bei mir für Beruhigung. Ich wusste auch, dass die Leiche noch abgeholt werden musste, doch das würde wahrscheinlich nicht mehr in dieser Nacht geschehen. Ich wusste nicht mal, wo sich die nächste Polizeistation befand, die dafür zuständig war.
Zwei Sanitäter und ein Notarzt verließen den Wagen. In ihren weißen Kitteln sahen sie aus wie Gespenster, die durch die Dunkelheit glitten.
Ich gab ihnen die nötigen Informationen. Danach verschwanden sie im Haus, und ich blieb draußen.
Ich hatte ja gezögert, mich auf den Weg nach Cornwall zu machen, aber jetzt wusste ich, dass ich genau das Richtige getan hatte. Das war ein Fall für mich.
Die Fachleute wollte ich nicht stören. Die fahrbare Trage war mit ins Haus geschoben worden. Jetzt rollte sie wieder heraus, aber nicht mehr leer. Auf ihr lag die schwer verletzte Irma Ferguson. Sie war an einen Tropf angeschlossen, den der Notarzt festhielt. Der andere Mann blieb in der offenen Haustür stehen und wurde von mir angesprochen.
»Wie sehen die Chancen aus?«
»Nicht gut. Wenn sie Glück hat, kann sie den Stich überstehen. Ihr Vorteil war, dass sie nicht zu viel Blut verloren hat. Sonst hätte es anders ausgesehen.«
»Danke.«
»Dann werden wir mal fahren.« Er war schon an mir vorbei, da blieb er noch mal stehen und drehte sich zu mir um. »Sagen Sie, Mr. Sinclair, sind Sie wirklich von Scotland Yard?«
»Soll ich Ihnen meinen Ausweis zeigen?«
»Nein, nein, schon gut. Das glaube ich Ihnen. Es ist nur
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