1661 - Tabuplanet Shaft
Halbdunkel - dorthin, wo ARS nach seiner Ansicht die entschlüsselten Daten projizieren würde. Tatsächlich entstand Sekunden später ein würfelförmiges Bildfeld, das in bequemer Sehhöhe über dem Boden schwebte.
Der Kubus erschien zunächst von Dunst erfüllt. Dann wurde es allmählich heller, und während der Dunst verschwand, schälte sich aus dem Hintergrund ein in grellem Rot leuchtendes Symbol. „Das Quidor-Zeichen", staunte Norman Bliss ehrfürchtig.
Die liegende Acht schob sich nach vorne, bis sie zu beiden Seiten fast an die Begrenzung des Bildfelds stieß. Danach bewegte sich nichts mehr. Junker, Bliss und Hagen warteten atemlos vor Spannung, was ihnen als nächstes vorgeführt werden würde. Dreißig Sekunden verstrichen, eine Minute. Donald Hagen gähnte ein zweites Mal. „Also gut, ich glaub's ja schon", murmelte er. „Wir stehen im Zeichen des allmächtigen Quidor. Und was gibt's sonst noch?"
Knapp zwei Minuten lang schwebte das strahlende Bild der liegenden Acht reglos und stumm vor den Augen der Betrachter. Dann erlosch es unvermittelt, und mit ihm verschwand das Bildfeld. Die Deckenbeleuchtung flammte wieder auf. „Was? Ist das alles?" staunte Keith Junker.
Norman Bliss machte ein Gesicht, als wollte er gleich weinen. „Es muß wohl so sein", brachte er mühsam hervor. „Mehr war auf dem Chip nicht drauf."
„Soviel Mühe für eine lausige liegende Acht", maulte Donald Hagen.
Junker schlug dem korpulenten Physiker auf die Schulter. „Mach dir nichts draus, Norman", sagte er mit aller Fröhlichkeit, die er im Augenblick aufzubringen vermochte. „Da liegen noch eine ganze Menge mehr Elemente, die wir untersuchen können. Vielleicht finden wir doch ein paar Daten, die mehr hergeben als nur ein leuchtendes Quidor-Symbol."
Norman Bliss winkte ab. „Du willst mir nur Hoffnung machen", klagte er. „Und was wäre daran falsch?" lachte Keith Junker.
*
Norman Bliss sah den Fehlschlag als Beweis seiner Unzulänglichkeit und vergrub sich zwei Tage lang in seinem Labor in der Kuppel der Physiker. Er kam erst wieder zum Vorschein, als er endlich die Entdeckung gemacht hatte, auf die er schon seit Monaten hinarbeitete, und er sich demzufolge als „rehabilitiert" betrachten durfte.
In diesen zwei Tagen hatte Keith Junker Boden-, Wasser- und Luftproben analysiert und nirgendwo etwas Absonderliches gefunden - mit Ausnahme des allgegenwärtigen Superschweren Wasserstoffs. Shaft zeigte sich, von eben dieser Ausnahme abgesehen, als gänzlich normale Welt wie viele andere auch. Durch nichts gab sie zu erkennen, wie die Ennox hatten auf die Idee kommen können, sie einen Sampler-Planeten oder gar eine Verbotene Welt zu nennen.
In der Zwischenzeit beschäftigte sich Donald Hagen mit der Apparatur, die er gebaut hatte, um hyperphysikalische Phänomene zu registrieren.
Hagen war mit großem Eifer darangegangen, ein geeignetes Nachweisgerät zu konstruieren.
Er hatte viel Zeit und bedeutende Mittel darauf verwendet. Das war ein Unterfangen, das seiner Ausbildung und seinen Neigungen entsprach.
Mittlerweile allerdings war er anderen Sinnes geworden. Er war fast schon davon überzeugt, daß seine teure und mit soviel Hingabe zusammengebaute Apparatur ihren Zweck niemals erfüllen würde. Er nannte sie seine Mückenkanone. Zwei Überlegungen waren es, die ihn zu dieser Ansicht bewegen.
Erstens war es höchst fraglich, ob sich überhaupt je ein Ennox nach Shaft verirren würde. Auf die Sampler-Planeten gelangten die Ennox nur, wenn sie versuchten, in die Große Leere zu gehen, und dann war die Chance, eine bestimmte Welt zu erreichen, sehr gering.
Wenn also die Ennox daran interessiert waren, über den Gang der Dinge auf Shaft zu erfahren, würden sie eher einen der Ihren zur FORNAX schicken, aber niemals unmittelbar auf den Schachtplaneten. Tauchte aber kein Ennox auf Shaft auf, dann war alle Mühe, die Donald Hagen sich mit seiner Apparatur gegeben hatte, umsonst.
Zweitens war schon des öfteren und an verschiedenen Orten versucht worden, jene hyperphysikalischen Effekte zu messen, die entstanden, wenn Ennox sich auf den Kurzen Weg begaben. Keiner dieser Versuche hatte ein Ergebnis erbracht.
Warum sollte es hier auf Shaft anders sein? Nur weil es anscheinend eine direkte Verbindung zwischen Shaft und der Großen Leere gab? Donald Hagen glaubte nicht daran.
Er wollte sich mit Keith Junker darüber unterhalten. Junker war zwar Chemiker und besaß kein einschlägiges Fachwissen, aber er
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