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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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Die kommenden Wochen werden für unseren Freund sicher sehr schwer werden.«
    »Ihr habt recht, Mutter, das ist zweifellos das Klügste. Ich werde d’Artagnan Befehl geben, seine Musketiere nach Vincennes zu schicken, damit sie die Kardinalsgarde verstärken. Wir sollten schnellstens aufbrechen. Hättet Ihr die Güte, alles Nötige zu veranlassen? Ich will die Zeit nutzen, um mehr über den beunruhigenden Vorfall in Erfahrung zu bringen. Ich werde sofort Fouquet kommen lassen«, erklärte Ludwig XIV. schon im Fortgehen.
    Als er den Namen des Oberintendanten der Finanzen hörte, schrak Mazarin aus dem Schlaf hoch. Doch sah er nur noch, wie sich die Tür hinter dem davoneilenden König schloss.

Theater im Palais-Royal
    Sonntag, 6.   Februar, im Laufe des Nachmittags
    »Sie können wohl, mein Prinz, um unser Leid zu rächen,
    Durch manche Heldentat zu Ihren Gunsten sprechen.
    Jedoch für jenen Preis, den Sie erobern wollen,
    Genügt der Beifall nicht, den Reich und Bruder zollen;
    Elviras Herz und Hand ist so nicht   …«
     
    »Nein, nein und nochmals NEIN!«
    Zum dritten Mal seit Beginn der Nachmittagsprobe war Molière wutentbrannt von seinem Sitz aufgesprungen und hatte den Monolog unterbrochen. Madeleine Béjart schaute ihn überrascht an. Gekränkt ließ sie die Hand des Darstellers von Don Garcia los, die sie ergriffen hatte, um diesen Teil der dritten Szene überzeugender darstellen zu können. Die anderen Schauspieler standen wie versteinert da und starrten ihren Meister fassungslos an. An diesem Sonntag zeigte sich Molière jähzorniger als gewöhnlich. War es die unheimliche Entdeckung des toten Jungen, der einige Stunden vorher durch das Glasdach mitten auf die Bühne des Palais-Royal gestürzt war? Oder die Erinnerung an die turbulente Generalprobe zwei Tage zuvor? Der Theaterdirektor wirkte noch magerer als sonst, seine Mundwinkel zuckten nervös und seine Stimme klang rau, als er jetzt die Arme weit ausbreitete, um seinen Anweisungen dadurch besonderen Nachdruck zu verleihen.
    »Meine Liebe, Ihr zwingt mich schon wieder dazu, einzugreifen. Wie oft muss ich mich noch wiederholen? Doña Elvira darf ihre Liebe zu Don Garcia auf keinen Fall zeigen! Das ist die
Essenz
meines neuen Werkes, was Ihr, wie es scheint, absichtlich nicht beachten wollt, Madame! Warum sonst solltet Ihr Don Garcias Hand ergreifen? Beginnt noch einmal von vorn!« Der Dichter schäumte vor Wut.
    »Aber, mein Freund   …«
    »Hört gefälligst auf, mir ständig zu widersprechen! Ihr wisst genau, wie wichtig der Erfolg von ›Don Garcia von Navarra‹ für mich, für uns alle ist. Ich habe nicht Tag und Nacht an diesem Text gefeilt, um jetzt tatenlos mit anzusehen, wie Ihr den tieferen Sinn meines Stücks verdreht. Heute Abend werden Monsieur und sämtliche Pariser Theaterliebhaber, ja vielleicht sogar Seine Majestät zugegen sein. Ich wage mir nicht vorzustellen, was passiert, wenn Ihr so mittelmäßig spielt! Wenn ich heute Nachmittag diese außerordentliche Probe angesetzt habe, dann nur aufgrund der schwachen Vorstellung von Euch und Euren Kameraden. Wir sind nicht mehr in Pézenas, zum Teufel noch mal! Hört mir jetzt gut zu: Es ist unsere
Pflicht
, das künstlerische Niveau dieser königlichen Spielstätte zu halten und unsere Mäzene nicht zu enttäuschen!«
    Tief getroffen brach die Schauspielerin in Tränen aus und stürzte hinter die Kulissen. Die Schande, in Gegenwart all ihrer Kameraden gerade von dem Mann, den sie unendlich liebte, so ungerecht und übertrieben kritisiert zu werden, konnte sie nicht ertragen.
    »Noch einmal von vorn!«, brüllte Molière nun, den Madeleines Kummer wenig zu kümmern schien.
    Als er sah, wie die übrigen drei Schauspieler sich ratlos anblickten, drehte Molière sich zu dem jungen Mann neben ihm um, der damit beschäftigt war, einen Brief ins Reine zu schreiben, den er ihm kurz zuvor diktiert hatte.
    »Mein junger Freund, freut Euch, Eure Stunde ist gekommen. Habt Ihr Euch nicht in den Kopf gesetzt, ebenfalls Theater spielen zu wollen? Und wähntet Ihr Euch, allein durch die göttliche Gnade, nicht schon auf dem Gipfel dieser Kunst? Nun gut, dann legt Eure Ärmelschoner ab und kommt her. Klettert auf die Bühne und offenbart uns Euer Talent. Ihr werdet die arme Madeleine ersetzen. Zumindest so lange, bis sie sich die Tränen getrocknet hat. Wir können es uns nicht leisten, unsere Zeit mit weiblichen Launen zu vertrödeln.«
    Gabriel ergriff das Manuskript, das der Meister ihm nun reichte.

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