1662 - Der Engelfresser
Speck. Genau das brauchte ich jetzt, denn ich hatte trotz allem Hunger.
»Ist in der Nacht noch etwas passiert?«, fragte Suko.
»Nein. Abgesehen davon, dass ich noch mit Father Ignatius gesprochen habe.«
»Und? Konnte er dir weiterhelfen?«
»In diesem Fall nicht. Allerdings hat er den Begriff neue Hölle schon gehört.«
»Von wem?«
»Von zwei Sterbenden.«
»Nur den Begriff oder noch mehr?«
»Nur den Begriff«, sagte ich.
Danach beantwortete ich zunächst keine Fragen mehr und kümmerte mich um mein Essen. Shao bekam ein großes Lob ab, das sie lächelnd entgegennahm.
»Jedenfalls sind wie so schlau wie am letzten Abend!«, fasste ich zusammen und schaute auf den leeren Teller.
»Könnt ihr denn nirgendwo ansetzen?«
»Nein, Shao«, sagte ich. »Noch nicht.« Dann musste ich grinsen. »Manch einsamer Typ wünscht sich, dass ihn ein Engel besucht. Das wünsche ich mir jetzt auch. Ich würde ihm sogar Asyl gewähren.«
»Das gäbe Ärger mit diesem Matthias.«
»Damit muss ich rechnen, Suko.«
»Und was könnte er vorhaben?«, fragte Shao.
Wir schwiegen, weil wir uns noch nichts vorstellen konnten. Ich sagte schließlich:
»Jedenfalls scheinen ihm gewisse Engel im Weg zu sein, sonst wäre nicht einer zu mir gekommen, um mich um Hilfe zu bitten.«
Suko meinte: »Dann muss er nicht der Einzige bleiben. Da könnten noch mehr kommen,«
»Rechnen sollten wir damit.«
Shao winkte ab. »Falls es sich nicht schon herumgesprochen hat, was mit ihm passiert ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas geheim bleibt.«
»Klar. Ich hätte nur länger mit dem Engel reden müssen. Aber diese Chance hat man mir nicht gegeben.«
»Wir bekommen schon noch eine Chance«, erklärte Suko. »Davon bin ich überzeugt.«
»Und wie wollt ihr gegen Matthias gewinnen? Das ist euch bei den ersten Begegnungen auch nicht gelungen.«
»Darüber mache ich mir keine Gedanken«, erwiderte Suko. »Du etwa, John?«
»Nein, noch nicht. Wer kennt schon seine Pläne?«
»Sie haben mit der neuen Hölle zu tun, John.«
»Ich weiß, Suko, ich weiß.« Hunger hatte ich keinen mehr. Dafür Durst. Ich griff zum Glas mit Orangensaft und trank es leer. Als ich es wieder auf den Tisch setzte, stand Suko bereits.
»Gehen wir?«
»Klar.« Auch ich stand auf, nickte Shao zum Abschied zu und sagte: »Mal sehen, was uns die nächsten Stunden bringen werden.«
»Vielleicht den Besuch von einem Engel?«
»Bestimmt nicht.«
»Wo sollen sie denn dann hin, wenn nicht zu euch?«
»In ihrer Welt bleiben.«
»Genau das will wohl eine bestimmte Person nicht. Sie räumt die Engelwelt leer und tauscht sie gegen die neue Hölle aus. Denkt mal auf dem Weg zum Yard darüber nach.«
Suko und ich schauten uns an. In unseren Blicken stand eine Antwort. Da hatte sie gar nicht so unrecht.
Ich lächelte Shao zu. »Danke für den Tipp.«
Als wir die Garage verlassen hatten, sagte ich mit leiser Stimme: »Engelwelt leer räumen. Wer das schafft, der muss ungeheuer stark sein.«
»Ist das dieser Matthias nicht?«
»Leider. Und ich denke, dass er in der Zwischenzeit noch stärker geworden ist.« Meine Stimme sackte leicht ab. »Das war schon verrückt, als er den Kopf drehte und ich sein zweites Gesicht sah. Dort hat sich tatsächlich Luzifer personifiziert. Zwar nicht mit dieser intensiven Stärke, aber seine Macht war schon zu spüren, und er hat Matthias die Kraft gegeben, um den Weg freizumachen.«
»Der wird ziemlich lang sein«, bemerkte Suko.
»Wie kommst du darauf?«
»Weißt du, wie groß die Anzahl der Engel ist?«
»Was soll denn die Frage? Manche sprechen von Trillionen, aber daran denke ich jetzt nicht.«
»Dann hat unser Freund eine Menge zu tun.«
Ich war nicht Sukos Meinung und ging davon aus, dass sich Matthias ein bestimmtes Gebiet vorgenommen hat, das er die neue Hölle nennen und dann auch beherrschen wollte.
Die Fahrt zum Büro glich der üblichen Quälerei, aber das ging auch vorbei. Ich hatte mir vorgenommen, so schnell wie möglich mit unserem Chef, Sir James, zu reden. Bei derartigen Fällen musste er eingeweiht werden.
Natürlich war Glenda Perkins, unsere Assistentin, schon da. Wie sie das schaffte, immer so verdammt pünktlich zu sein, war mir ein Rätsel. Ich hatte sie mal danach gefragt. Da hatte sie nur von ihrem Geheimnis gesprochen.
»Liegt noch Schnee?«, fragte sie.
Ich winkte ab. »Kaum.«
»Dann könnt ihr ihn ja nicht als Ausrede einsetzen.«
»Wollen wir auch gar nicht.« Ich tätschelte ihre
Weitere Kostenlose Bücher