1662 - Der Engelfresser
könntest alles aufklären?«
»Sicher.«
»Dann bin ich ganz Ohr.«
Die Cavallo-lachte. »Du weißt, dass ich in der letzten Zeit wenig zu Hause war.«
»Stimmt. Und wir haben dich auch nicht vermisst.« Die Spitze musste ich mir einfach gönnen.
»Sehr nett, Partner. Aber darauf will ich nicht weiter eingehen. Mallmann ist vernichtet, aber sein Erbe lebt. Dir ist bekannt, dass ich mich auf die Suche nach dem Erbe gemacht habe.«
»Die Halbvampire«, sagte ich.
»Genau die, und ich habe sie gefunden. Sie waren dabei, das Blut eines Menschen zu trinken. Sie haben ihn verletzt. Sie brachten ihm Halswunden bei und leckten praktisch seinen Lebenssaft. Ich bin leider etwas zu spät gekommen, um den Mann zu retten, aber ich habe die beiden Vampire gekillt.«
»Genickbruch?«
»Genau.«
»Und das Opfer konntest du nicht mehr retten?«
»Nein, konnte ich nicht. Es hatte bereits zu viel Blut verloren. An dem Rest habe ich mich gelabt. Schließlich muss ich sehen, wie ich zurechtkomme.«
Ich spürte, wie mir das Blut in den Kopf stieg, und hatte Mühe, eine bissige Bemerkung zu unterdrücken. Außerdem ging ich davon aus, dass die Blutsaugerin nicht angerufen hatte, um mir nur das zu sagen. Da kam sicherlich noch etwas nach.
»Das war doch nicht alles?«, fragte ich.
Ihr Lachen hallte in meinem Ohr nach. »Du hast es erfasst, John, das war nicht alles.«
Da sie eine Pause einlegte, hakte ich nach. »Was gibt es denn noch?«
»Ich denke, dass die Halbvampire nicht mehr allein sind.«
»Wieso?«
»Sie können sich auf einen neuen Helfer verlassen.«
»Und?«
»Er ist mir unbekannt. Aber ich habe ihn deutlich gesehen, und ich denke, dass er auch dich interessieren wird. Da kommt etwas auf uns zu.«
»Ich höre«, sagte ich nur.
Justine musste nachdenken, bis sie die richtigen Worte fand. »Er ist ein Mensch und doch keiner. Er ist auch kein reiner Engel, sondern eine Mischung aus beiden. Ich kann mich auch irren, aber ich denke…«
»Moment mal«, unterbrach ich sie, denn in mir war plötzlich ein Verdacht hochgestiegen, den ich auf keinen Fall für mich behalten wollte. Ich dachte automatisch an Matthias und sagte: »Wäre es okay, wenn ich dir diese Gestalt beschreibe?«
»Ja, wenn du willst.«
»Gut. Er hat zwei Gesichter und…«
Ich musste nichts mehr sagen. Ihr scharfes Lachen unterbrach mich. Dann die Stimme, die beinahe schon euphorisch klang.
»Wie wir uns doch wieder mal einig sind, Partner. Das ist ja perfekt. Wir können uns gratulieren. Wenn du mir sagst, dass dieser Typ noch einen bloßen Oberkörper hat, bin ich bei dir.«
»Das hat er.«
»Dann können wir uns freuen.«
»Und auf was?«, fragte ich schon knirschend.
»Auf einen neuen Supergegner. Ich habe ihn erlebt. Ich habe gespürt, dass etwas von ihm ausging, das für uns tödlich gefährlich werden kann. Ich würde sagen, dass dieser Engel eine Macht ist.«
»Er ist kein Engel«, widersprach ich.
»Ha? Was ist er dann?«
»Einer, der die Engel hasst. Man kann ihn auch als einen Engelfresser ansehen.«
»He, du kennst ihn gut.«
»Ja, ich habe ihn schon erlebt. Und ich weiß, dass ich darüber bestimmt nicht lachen kann.«
»Ja, ich mag ihn auch nicht. Dann sollten wir dem Schicksal noch mal danken, John.«
»Und warum?«
»Dass es uns wieder zusammengeführt hat. Wir haben einen neuen gemeinsamen Feind. Einen, der seine Zeichen setzen wird, wie du schon gesagt hast.«
»Darauf hätte ich auch verzichten können.«
»Dafür hat er mich nicht angegriffen.«
»Was soll das denn jetzt?«
»Denke nach, John. Es kam zu keinem Kampf zwischen ihm und mir, obwohl ich zwei seiner Helfer oder Diener vernichtet habe. Ich weiß von ihm, dass er sich um die Halbvampire kümmert. Sie sind seine Diener. Mit ihnen will er mehr schaffen. Was du mir erzählt hast, das habe ich auch von ihm irgendwie gehört. Er sprach sogar öfter von der Hölle. Sie scheint ihm sehr ans Herz gewachsen zu sein. Er hasst auch die Engel. Du hörst, ich habe alles erfahren und…«
»Ja, das weiß ich. Es ist schon klar. Er will die neue Hölle erschaffen.«
»Hm - hört sich nicht gut an.«
»Bestimmt nicht«, gab ich zu.
»Hast du schon einen Plan?«, fragte die Blutsaugerin.
»Nein, noch nicht.«
»Aber du bleibst dran - oder?«
»Natürlich.«
»Das ist gut«, lobte sie mich. »Dann können wir uns gegenseitig die Hände reichen. Es macht Spaß, wieder mitzumischen.« Sie lachte schrill auf. »Halbvampire und ein Engelfresser. Wenn das keine
Weitere Kostenlose Bücher