1662 - Welt ohne Schatten
Kontakt zu treten. „Während sich eure Owigos auf Owigorn bis ins, sagen wir mal, Mittelalter weiterentwickelt haben, sind unsere hier in der Steinzeit stehengeblieben", schloß er schließlich. „Falsch herum", korrigierte Michael. „Die Owigos auf Owigo 2 stammen von hier. Sie wurden einst auf dieser urtümlichen Welt ausgesetzt, weil sie >gegen die Schatten gekämpft hatten <. Das erfuhren wir von einem Medizinmann, als wir von euch sprachen.
Wie das möglich war, da die Owigos nicht einmal die Anfänge der Technik beherrschen, weiß er natürlich nicht. Das ist eine Legende wie viele andere mit einem Körnchen Wahrheit - ihr habt aber wirklich Owigos gefunden. Sie wurden auf diese Welt verbannt und degenerieren nun körperlich und geistig von Generation zu Generation, vermutlich, weil ihnen die Sonne oder irgendwas anderes Wichtiges fehlt.
Deshalb wird's euch auch nicht gelingen, Kontakt mit ihnen aufzunehmen. Sie mußten eine furchtbare Strafe erdulden, wenn man's genau nimmt."
„Zum Glück wissen sie nichts mehr darüber", stimmte Bull zu. „Wieso bist du dir da so sicher?" fragte Joara dazwischen. „Sie hatten doch große Angst vor uns. Zumindest die Urangst vor ihren Peinigern muß in ihnen stecken."
„Das war jedenfalls mein Bericht", fuhr Mike fort. „Wir machen weiter wie bisher.
Wenn die ewige Sonne nicht wäre, wäre diese Welt das wahre Paradies, das kann ich euch sagen. Vermutlich würde ich hier erst mal ein paar Jahre bleiben, und ihr könntet mich dann abholen. Eine Luft ist das, einfach herrlich. Und überhaupt der ganze Rest."
„Das schattenlose Dasein bekommt dir nicht", lächelte Bull. „Du wirst schon ganz wunderlich."
„Du solltest hiersein, Bully, dann würdest du mich verstehen. Obwohl ... wunderlich wird man tatsächlich von der andauernden Mittagszeit, das kann ich nicht leugnen. Die Einladung gilt jedenfalls - wenn dir langweilig wird, komm einfach her. Und jetzt... gute Nacht oder was wir hier gerade haben mögen." Er schaltete ab.
Joara musterte Bull kritisch. „Du bist wohl schon drauf und dran, nicht wahr? Ich sehe es dir an der Nasenspitze an."
„Unsinn", brummte er. „Man muß dem Jungen doch auch mal ein paar Erfolge gönnen.
Hier gibt es genug zu tun." Er streckte Arme und Beine aus. „Und ich werde mir jetzt den Luxus einer Dusche gönnen."
5.
„Was sollen wir nun weiter tun?" erkundigte sich Cara Indramat, jenes rundliche, schüchterne Mädchen, das manchmal Gegenstand gutmütiger Witze zwischen Fallar und Ribera war.
Sie sah nicht häßlich aus, nur unscheinbar, mit einer üppigen Figur, die sie durch lange, weite Hemden zu kaschieren versuchte. Ihre Augen waren groß und braun, ihre glatten schwarzen Haare schulterlang, ihre Nase war ein wenig zu groß, aber sie hatte einen sehr hübschen, feingeschwungenen, vollen Mund. Über ihren Mangel an Eßdisziplin half sie sich mit Süßigkeiten hinweg, ansonsten litt sie nicht besonders unter ihrer Figur.
Sie war meistens ohnehin allein, da sie sehr gern las und sich mit allem möglichen beschäftigte. Anderen Menschen gegenüber war sie freundlich, still und unaufdringlich, sie besaß eine gesunde Portion Humor und konnte stundenlang über einen Witz lachen, den sie erzählt bekommen hatte, und anschließend erzählte sie ihn in immer neuen Variationen gekonnt weiter.
Schon als Kind hatte sich Cara für die Archäologie begeistert, und auch die Sterne hatten es ihr angetan, so daß sie sich mit hartnäckigem Willen daranmachte, ihre Träume zu erfüllen. Körperliche Mängel machte sie mit zäher Ausdauer wieder wett, und so schaffte sie es tatsächlich, auf die Besatzungsliste der BASIS für die Coma-Expedition gesetzt zu werden. Sobald sie eine Aufgabe erhielt, blühte sie geradezu auf und ging richtiggehend aus sich heraus, wie damals im Lakoor-System, so auch jetzt auf Owigo 2.
Bull hatte sie nie richtig bemerkt, da sie sich an Bord der KAHALO stets im Hintergrund gehalten hatte, und war daher für einen kurzen Moment erstaunt, diese Frage ausgerechnet von ihr zu hören.
Neben Cara Indramat saßen Jacques Broekhoven und Bean Dayco, ihre besten Freunde, könnte man sagen, verträumt und ruhig wie sie, zugleich aber auch ebenso zäh und ausdauernd.
Sie arbeiteten ohne viele Worte Hand in Hand und bildeten ein verläßliches Team, das Joara sehr schätzte.
Die Kommandantin hatte den jungen Leuten Norman Fallar zugeteilt, weil sie davon ausging, daß er eine optimale Ergänzung bildete,
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