1662 - Welt ohne Schatten
den ich mir vorstellen kann. Weit und breit kann sich dem Shift nichts ungesehen nähern, der Boden ist fest und trocken. Immer hat einer von euch was zu meckern."
„Reg dich doch nicht gleich auf", beschwichtigte Bean. „Es ist aber ungewöhnlich, daß plötzlich mittendrin so eine leblose Wüste ist."
„Mir gefällt das nicht", sagte Cara.
Sie war das Gelände rund um den Shift abgegangen; ihre Stirn runzelte sich nachdenklich, und sie sah sich immer wieder verunsichert um. „Na großartig. Macht nur so weiter", sagte Norman gekränkt. „Ich dachte, ich hätte das Richtige gefunden, aber wenn euch das nicht paßt, bitte, dann fliegen wir eben weiter, und ihr sucht einen Platz, der euch genehm ist."
„Darum geht es doch gar nicht, Norman", erwiderte Cara sanft. „Irgend etwas stimmt hier nicht."
Norman sprang heftig auf und ab und stampfte ein paarmal mit den Füßen auf. „Und was, bitte sehr, stimmt hier nicht?" Dann verstummte er plötzlich. Der Boden wirkte fest und sicher, aber es klang merkwürdig dumpf, als er aufgestampft hatte, und irgendwie hatte er plötzlich das seltsame Gefühl, daß er nachschwang. „Verdammt!" stieß er hervor. „Ihr habt recht. Weg hier!"
Sie rannten auf den Shift zu, als die Schwingungen des Bodens immer heftiger wurden, er schien sich aufzuwölben und wie ein Meer Wellen auszuwerfen; sie stolperten und mußten sich gegenseitig stützen, um weiterlaufen zu können.
Sie hatten den Shift fast erreicht, als sich der Boden vor ihnen plötzlich senkte. Der Shift schwankte und schaukelte und neigte sich gefährlich einem sich öffnenden Abgrund entgegen. „Halt!" schrie Jacques und riß Cara zurück, die anderen beiden stürzten und rutschten einige Meter auf den Abgrund zu; sie konnten rechtzeitig die Antigravfelder der SERUNS aktivieren und schwebten nach oben. Der Boden schwankte und zitterte, riß in einer mächtigen Erschütterung immer weiter auf, eine riesige Sturmflut brach hervor, Wasser überschwemmte das halbe Land und verschlang den Shift.
Wenige Minuten später hatte sich wieder alles beruhigt: Das wüstenartige Gelände lag wieder glatt und scheinbar fest da, das letzte Wasser versickerte, und der Boden trocknete. „Scha ... Schei... was für ein Mist", stammelte Norman. „War ich das etwa?"
„Kaum", erwiderte Cara. „Könntet ihr eure Diskussion vielleicht kurz unterbrechen und den Syntron des Shifts rufen?" fragte Jacques freundlich. „Dann brauchen wir nicht so lange zu warten."
„Scheint eine Art Torf zu sein", sagte Bean zu Jacques, während die anderen beiden versuchten, den Shift zurückzuholen. „Eine dicke, instabile Schicht, unter der Wasser lagert und die auf jede Erschütterung sehr empfindlich reagiert - wie zum Beispiel auf die Landung des Shifts. Die Wellen setzen sich fort, werden an den Rändern zurückgeworfen und schaukeln sich so hoch, bis es zu diesem Ausbruch kommt."
Kurz darauf erbebte die Torfdecke erneut und schien sich heftig gegen etwas zu wehren, das unter ihr herumwühlte. Schon wenige Augenblicke später brach der „Boden" auf, und der Shift flog langsam nach oben.
Durch den im Bruchteil einer Sekunde errichteten Prallschirm hatte er keinerlei Schaden davongetragen. Das kleine Team konnte sich erneut auf die Suche nach einem geeigneten Landeplatz machen. „Aber diesmal wirklich festen Boden, Norman", bat Cara nicht ohne Ironie. „Ja, ja, wie's beliebt", brummte er. „Ihr macht vielleicht ein Theater, als ob ihr euch die Füße naß machen könntet."
„Ich dachte doch nur ..."
„Jetzt hört aber auf, ihr beiden", mischte sich Bean ein. „Norman, du konzentrierst dich doch bestimmt vor allem auf deine Metall-Messungen, nicht wahr?"
„Klar. Das wenigstens kann ich wirklich gut. Ich denke, ich fliege alles der Reihe nach ab."
„In Ordnung. Und wir anderen steigen dann aus und wühlen ein bißchen im Schlamm herum, denkst du nicht auch, Cara?"
Sie nickte. „Das Gelände ist so riesig, daß wir uns auf alle Fälle trennen sollten, um jede Menge Proben zu sammeln. Und wir bleiben in Funkkontakt, verstanden? Daß mir keiner von euch auf die Idee kommt, einen Alleingang zu unternehmen. Wir kennen die Gefahren dieser Welt viel zuwenig."
Die Gruppe zerstreute sich; Norman flog dicht über dem Sumpf davon, und die anderen drei suchten verschiedene Stellen auf, um dort herumzustochern.
Einige Stunden vergingen auf diese Weise; die Arbeit war langweilig und zeitraubend, und der eine oder andere fragte sich, ob
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