1665 - Boccus Traum
Angst und keine innere Abwehr. So nahm sie ihm auf ihre Art den Wind aus den Segeln. „Wir sind bereit, Perry. Mila und ich werden dich nach Trantar begleiten. Mit Voltago aber, das ist unsere einzige Bedingung."
Rhodan trank ihr zu und musterte wieder den Kyberklon. Voltago blickte weiter ins Leere und schwieg. Perry schüttelte mit einem Seufzer den Kopf. Einmal eine spontane, impulsive Reaktion des „Dieners", überlegte er, das hätte ihm wahrscheinlich einen echten Schock versetzt. „Ihr wißt also, worum es geht", stellte er fest. „Ich möchte herausfinden, wie sich das Phänomen des kurzen Horizonts auf eure Psyche auswirkt. Es kann für die Expedition und für euch selbst wichtig sein zu wissen, wie ihr reagiert, wenn die Sicht auf Trantar durch ein unbekanntes Phänomen so drastisch herabgesetzt wird."
„Kurzer Horizont?" kam es von Mila, die ruhig und gefaßt wirkte.
Rhodan nickte. „Trantar ist ein fast erdgroßer Planet. Daß man auf ihm nur so weit blicken kann wie auf einem Asteroiden, ist ja nicht normal. Es ist das Rätsel dieses Sampler-Planeten, das wir zu knacken haben. Wir haben nichts orten können, was auf technischem Weg für das Phänomen in Frage kommen könnte. Aber es existiert, und die Antwort finden wir nur unten auf Trantar, falls es überhaupt eine gibt. Nadja hat sich zwar schon in eurem Namen bereit erklärt, mit mir zu fliegen, Mila. Ich möchte es aber von dir selbst hören."
Mila stand von ihrer Couch auf, drehte sich um und starrte eine Weile auf den großen Wandschirm, der den Raum entlang der Großen Leere mit seinen wenigen Sternen zeigte. „Wir werden mit dir auf Trantar landen, Perry", stimmte sie endlich zu. „Wir vertrauen dir."
„Noch einmal", sagte er. „Ich will euch zu nichts zwingen."
„Eben deshalb", antwortete Nadja lächelnd. „Konzentrier du dich auf Trantar, Perry, und zerbrich dir nicht unnötig den Kopf wegen uns. Wir werden dasein, wenn das Boot startet."
Es kam ihm auf einmal vor, als hätten ihm die Zwillinge die Initiative aus der Hand gerissen. Voltago blickte ihn plötzlich so an, als sei er ein Fremdkörper in diesem Raum.
Immerhin konnte er die Zwillinge guten Gewissens mit nach Trantar nehmen.
Er verabschiedete sich und war bereits auf dem Gang, als Nadja ihn einholte und ihm die Hand auf die Schulter legte. „Mach dir bitte keine Gedanken über Voltagos Verhalten, Perry", bat sie ihn. „Du weißt doch, daß er sich um uns kümmert. Wir verstehen das zwar sowenig wie du, aber wir sind dafür dankbar. Manchmal denke ich, daß wir uns deshalb so nahekommen, weil wir alle drei irgendwie Außenseiter sind."
„Das ist Unsinn", wehrte er ab. „Als Außenseiter betrachtet ihr euch höchstens selbst.
Sonst niemand."
„Hat sich die Menschheit wirklich so sehr verändert, Perry", fragte sie mit einem wehmütigen Lächeln, „daß du das selbst glaubst?"
Er hatte eine schnelle Antwort auf der Zunge, schwieg dann aber
5.
Boccu Er war nicht gestorben.
Er war nicht in das große, schwarze Nichts gestürzt, das er in jenem Moment wieder zu sehen geglaubt hatte, als er losrannte und die Brücke zum Stamm und zu seiner gewohnten Welt hinter sich zerriß. Urplötzlich war es wieder in seinem Kopf gewesen, genau vor ihm: eine Mauer, die wuchs und die ganze Welt ausfüllte. Ein aufgerissener Rachen, in den er hineinrannte, in dem er ausgelöscht wurde wie eine Mooskerze, über die man kaltes Wasser goß.
Nein, Boccu war nicht in ein schwarzes Nichts gefallen, sondern über seine eigenen Beine in eine hohe Wiese, als er zu schnell abzubremsen versuchte und dabei von seinem eigenen Schwung mitgerissen wurde.
Jetzt lag er da. Er lag auf dem Rücken und blinzelte. Die Sonne schien ihm auf das Gesicht. Er hörte das Summen von Insekten, und es roch würzig nach Kräutern und Blumen.
Es roch ganz genauso wie in seinem Land, aus dem er sich in das große Abenteuer seines Lebens gestürzt hatte.
Boccu wuchtete sich mühsam auf seine Beine und blickte den Weg zurück, den er bis hierher gelaufen war. Es war kein Weg, wie er bis an jene Stelle führte, von der aus man den Eingang zur Schlucht und dem Dorf nicht mehr sehen konnte, sondern einfach eine Strecke von niedergewalztem Gras. Aber in einiger Ferne begann ein Pfad, der weiterführte. Boccu konnte ihn als gewundene Linie erkennen, die eine Anhöhe hinaufging und die Wiesen teilte. „Geistvogel!" rief Boccu leise, so als könnte ihn jemand hören, der sich hinter einem Gebüsch
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