1667 - Gefangene der Pharaonen
wurde, sondern aus der Pyramide drang und seinen quadratischen Standplatz erhellte.
Cleo war auch da.
Sie stand vor der Pyramide. Den Kopf hatte sie in den Nacken gelegt, damit sie zu Echem hinaufschauen konnte. Diesmal würden sie kein Duett singen. Was hier ablief, war kein Spiel auf der Bühne. Das konnte zu einem tödlichen Ernst werden. Wir hofften, dass Cleo noch nicht völlig in Echems Sog geraten war. Allerdings behielt sie ihre demütige Haltung bei und lauschte den Worten des Hohepriesters.
»Du wirst mich hinführen. Du wirst die alte Zeit wieder zurückbringen. Ich habe sie geliebt, ich konnte ihren Tod nicht überwinden. Aber ich wusste, dass ich irgendwann wiedergeboren werden würde und dass dies auch bei dir der Fall sein würde, Cleopatra. Ja, du bist es. Du willst es nur nicht zugeben. Aber ich spüre es. Ich kenne dich. Ich habe dich lange genug verehrt und habe dafür gesorgt, dass ich in deine Nähe gekommen bin. Es war einmalig. Wir haben gemeinsam auf der Bühne gestanden, und das in einem Stück, das perfekt zu uns passte. So habe ich die Verbindung zu dir aufbauen können.«
Wir hatten jedes Wort gehört und hielten uns mit einem Kommentar zurück. Es war interessant, was er uns da mitteilte.
»Und deshalb sage ich, dass du Cleopatra bist. Du bist ihre Wiedergeburt. Ich lasse mich nicht davon abbringen. Du und ich, jetzt gehören wir zusammen, und ich werde der Menschheit dein Grab zeigen können, um eine Sensation perfekt zu machen.«
Von Cleo erhielt er keine Antwort. Keiner von uns wusste, ob sie seinen Gedankengängen folgen konnte, aber er war noch nicht am Ende und sprach weiter.
»Und so wünsche ich mir von dir, dass du die Stufen der Pyramide erklimmst und zu mir kommst, damit Cleopatra und ihr Diener Echem wieder vereint sind.«
Er hatte seine Rede kaum beendet, da ging Cleo vor. Sie stand noch immer unter seinem Bann, und sie schritt auch weiterhin wie eine Schlafwandlerin über den Bühnenboden.
»Sollen wir sie lassen, John?«, flüsterte Suko.
»Nein.«
»Okay, dann…«
Längst hätte ich mich zu einer Aktion entschlossen und sagte: »Ich werde zunächst allein gehen.«
»Und warum?«
»Weil ich das Kreuz habe und damit auch im Besitz des Allsehenden Auges bin. Es hat mich schon einmal gewarnt, und ich gehe davon aus, dass dies wieder geschehen wird.«
Das sah Suko ein und nickte.
Es war mein Glück, dass Cleo sich nur langsam bewegte. Auch weil sie nicht anders konnte. Ich war natürlich schneller, und ich sorgte zugleich dafür, dass ich mich mit möglichst leisen Schritten bewegte und die andere Seite nicht zu früh warnte. Auf halber Strecke überholte ich Cleo. Nur so weit entfernt, dass sie mich weder hörte noch sah. Auch Echem hatte nur Augen für sie, und so kam ich an die Pyramide heran, ohne zu früh entdeckt zu werden.
Ich hörte Echems Stimme. Sie hallte über die Bühne hinweg und erreichte jeden Winkel.
»In den folgenden Stunden wird das eintreten, von dem ich schon lange geträumt habe. Die Vereinigung der mächtigen Cleopatra mit ihrem treuesten Diener…«
Das war für ihn keine Spinnerei, das glaubte er selbst, aber er würde sich wundern.
»Glaubst du wirklich daran, Echem?«, rief ich. »Wenn ja, bin ich gespannt, wie du das durchziehen willst…«
***
Eine Bombe hätte nicht stärker einschlagen können. Echem schien auf der Stelle erstarrt zu sein.
Auch Cleo tat nichts. Ich hörte nur ihren leisen Ruf und sah, dass sie stehen blieb. Ich aber ging vor, denn ich wollte auf die Plattform der Pyramide, die ich nur über eine der drei Treppen erreichen konnte.
Sie lag nicht mehr weit vor mir, und auf ihr erwartete mich Echem. Er dachte nicht im Traum daran, sich zu verziehen, obwohl ich das Kreuz mit dem Allsehenden Auge offen vor der Brust hängen hatte. Meiner Ansicht nach musste er das Kreuz schon gesehen haben, aber er schaute nicht dorthin, sondern in mein Gesicht, als ich vor ihm auf der Plattform stand.
»Du bist da!«
»Genau.«
Er senkte den Blick. Jetzt fixierte er das Kreuz und das Allsehende Auge. Seine Gesichtszüge verzerrten sich, als er es anschaute, und er fing an zu zittern. »Wer bist du?«
»Jemand, der deinem Treiben ein Ende setzen will.«
»Nein! Nein!« So brüllte er mich ah. »Das schaffst du nicht Lieh stehe unter dem Schutz der Götter! Sie haben mir ein zweites Leben gegeben! Und ich habe Cleopatra gefunden, ich…«
Plötzlich verstummte er. Ich sah auch den Grund, denn das Allsehende Auge strahlte
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