Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
167 - Jagd auf die Teufelin

167 - Jagd auf die Teufelin

Titel: 167 - Jagd auf die Teufelin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
verwahrlost. Eidechsen und Leguane huschten an den Wänden, zu den geborstenen Fenstern hinaus und über den Boden. Der Boden der Kapelle war mit Unrat übersät gewesen und mit einem Reiserbesen nur notdürftig ausgefegt. Ramön Figueiras lag vor dem Altar aufgebahrt. Es gab schon lange kein Allerheiligstes und kein Ewiges Licht mehr. Doch immer noch stand ein angedunkeltes Silberkreuz auf dem Altar mit der löchrigen, schmutzigen Decke und hingen Heiligenbilder und solche der Jungfrau Maria in der Kapelle. Pasquela und Orlando knieten beide neben der Bahre mit dem greisen Jüngling Ramön. Pasquela trug schwarze Trauerkleidung und hatte einen Schleier vorm Gesicht. Sie fühlte sich als Witwe, ohne je verheiratet gewesen zu sein. Orlandos Lippen bewegten sich murmelnd im Gebet. Als er meine Schritte hörte, drehte er sich um und stand mühsam auf.
    „Senor Hunter", sagte er mit fester Stimme, „ich bin bereit, Sie und Ihre Gefährten zum Heiligtum der Santeria und zur Tumba Satanas zu führen, sobald mein Sohn begraben ist. Ich habe nichts mehr zu verlieren, und es ist mir ganz gleichgültig, was mit mir geschieht."
    „Wann soll die Beerdigung stattfinden?"
    „Morgen früh. Wir haben keine Zeit zu verlieren."
    „Einverstanden." Den Nachmittag über wollten wir uns im Dorf erkundigen und in der Umgebung umsehen. Dann würde sich herausstellen, was die Nacht brachte. Ich beabsichtigte, am Tag zur Tumba Satanas zu gehen. Wenn das Tageslicht auch nur einen kleinen Vorteil gegen den Dämon bot, wollte ich ihn doch nicht außer acht lassen. „Ihr bleibt in der Kapelle?"
    Orlando nickte. Pasquela streichelte Ramöns welke, runzlige Züge.
    „Ich bleibe bei meinem Geliebten, bis er unter die Erde muß", sagte sie. „Ramön, ach, Ramön, ein Stück meines Herzens wird mit dir begraben, und nie werde ich die Zeit unserer Liebe vergessen. Ich will dir treu bleiben, auch über den Tod hinaus. Ich werde niemals einen anderen Mann auch nur ansehen."
    Pasquela meinte in diesem Moment, was sie sagte. Aber sie war noch sehr jung, gerade erst siebzehn. Auch wenn eine Kubanerin in dem Alter vergleichsweise viel reifer war als eine Siebzehnjährige in Europa, so hatte Pasquela ihr Leben doch noch vor sich. Irgendwann würde ihr bitterer Schmerz vergehen, und sie würde sich einem anderen Mann zuwenden.
    So mußte es sein, denn die Lebenden gehörten zu den Lebenden und nicht zu den Toten. Ich hörte Pasquela schluchzen. Ich wandte mich ab, im Moment hatte ich keinen Trost für sie.

    Das Mädchen Oyä, das wir auf der Straße auf gelesen, notdürftig verbunden und im Jeep mitgenommen hatten, war im Dorf völlig unbekannt. Auch sonst erfuhren wir bei unseren Nachforschungen nicht viel. Kiwibin hatte den Alcalden nicht antreffen können. Vielleicht deswegen nicht, weil er vorgehabt hatte, ihn mit Weihwasser, einem geweihten Kreuz und mit Silber auf die Probe zu stellen?
    Wir stießen auf eine Mauer des Schweigens, auch als die Arbeiter und Arbeiterinnen von den Feldern zurückkehrten. Selbst die junge Lehrerin, die aus der Stadt stammte, konnte oder wollte uns nicht mehr erzählen. Pasquela und Orlando waren noch die besten Informationsquellen, aber in ihrer Trauer kaum ansprechbar.
    Wir berieten abermals zu dritt in dem leeren Gastzimmer, an dessen Decke sich ein Flügelventilator drehte.
    Immerhin verfügte San Jaguey über eine eigene Stromversorgung. Ein Bergbach trieb den Generator an. Auch wenn das Licht manchmal flackerte und die Stromstärke öfter mal schwankte oder der Strom ganz ausfiel, im Prinzip war welcher da. Kiwibin hatte trotz der Hitze seinen Gummimantel übergezogen, um seine zahlreichen Ausrüstungsgegenstände in seinen vielen Taschen unterzubringen.
    Kiwibin schleppte auch noch ein Schnellfeuergewehr mit - ich weigerte mich entschieden, so ein Mordinstrument zu tragen - und lief herum wie eine Ein-Mann-Armee.
    „Ich habe eine Idee", sagte ich. „Wozu hat uns Makemake die Vogelpfeife gegeben? Ich wollte sie schon die ganze Zeit einmal ausprobieren. Du kannst Pseudokörper erschaffen und lenken und durch deren Augen sehen, Coco. Wenn ich Vögel in meinen Bann bringe, mit Makemakes Pfeife, kannst du dann auch durch ihre Augen beobachten?"
    „Normalerweise könnte ich das", antwortete Coco. „Doch ob ich es jetzt zustande bringe, weiß ich nicht."
    Wir verließen das Gasthaus und versuchten es, an einem unbeobachteten Platz. Ich blies auf der silbernen Pfeife. Sofort ertönte Flügelschwirren in der Luft.

Weitere Kostenlose Bücher