1678 - Das Selbstmord-Haus
wollte er nicht denken. Ihm blieb keine andere Wahl. Gewisse Menschen würden ihn eiskalt über die Klinge springen lassen, das stand fest. Er hatte den Fehler gemacht, seine Aktien auch an Gangster zu verkaufen.
Es war davon gesprochen worden, dass der Tempel versteckt in einem kleinen verwilderten Park lag, um den sich niemand mehr kümmerte. Genau den hatte Patrick Füller jetzt erreicht. Mit einem Auto hätte man nicht hineinfahren können, weil keine Wege vorhanden waren, aber der Radfahrer hatte kein Problem damit. Füller fand einen Pfad, den er benutzen konnte. Zwar war er fast zugewachsen, und es war sicherer, wenn er sein Fahrrad schob, aber er konnte nun nicht mehr beobachtet werden, als er in den für ihn grünen Dschungel eintauchte. Die Geräusche der Großstadt hatte er längst hinter sich gelassen. Die Luft stand hier und so vermehrte sich der Schweiß auf seinem Körper.
Der Erdboden sah dunkel aus und war feucht. An einigen Stellen sogar schlammig. Da hatte die Sonne das letzte Regenwasser noch nicht verdampft. Er umging die Stellen, schaute nach vorn und sah, dass sich der Baumbestand ein wenig lichtete. Heller wurde es trotzdem nicht, denn als er durch die Lücken schaute, fiel ihm etwas Dunkles, Hohes auf. Das mussten die Mauern des Tempels sein. Zehn Schritte weiter hielt er an. Da stand er vor dem Bauwerk und schaute an ihm hoch. Der Tempel wies keine Ähnlichkeit mit einer Kirche auf und auch nicht mit einer Moschee. Es war ein quadratischer Bau, in dem er keine Fenster sah, dafür eine breite Eingangstür, die geschlossen war. Damit hatte Füller gerechnet. Man hatte ihm gesagt, dass er die Tür jederzeit öffnen könnte.
Sein Fahrrad lehnte er gegen einen Baumstamm, nahm den flachen Helm ab und befestigte ihn auf dem Gepäckträger. Noch war Zeit, den Rückweg anzutreten, doch das wollte Füller nicht. Er würde sich nicht verstecken können, die Geschädigten fanden ihn überall, denn ihre Beziehungen reichten weit. Also wollte er den neuen Weg gehen, der angeblich Mut machen sollte.
Es gab eine Klinke, die er drücken musste. Sie war aus einem dunklen Metall gefertigt. Füllers Herz klopfte schneller. Jeden Schlag spürte er hoch bis zum Hals. Er drehte sich noch mal um. Es gab keine Verfolger. Er war mutterseelenallein. Er ging den letzten Schritt. Dann drückte er die Klinke nach unten, spürte kaum Widerstand und zog die Tür langsam auf.
Etwas strömte ihm entgegen. Er wusste nicht, was es war, konnte es nicht deuten. Es war die andere Atmosphäre, die hier vorherrschte. Es gab keine Fenster, es konnte kein Licht in das Innere fallen, aber es war trotzdem nicht finster, denn es breitete sich eine ungewöhnliche Helligkeit aus, die sich aus den Farben blau und weiß zusammensetzte. Füller sah es, machte sich keine Gedanken darüber, hörte aber, dass die Tür hinter ihm zuschlug.
Er war gefangen!
Er stand in einer Atmosphäre, die ihm fremd war. Er sah keinen weiteren Menschen, aber er glaubte fest daran, nicht allein zu sein.
Füller musste einen kurzen, aber recht breiten Gang durchschreiten, um in die eigentliche Halle zu gelangen. Auch hier breitete sich das ungewöhnliche Licht aus, und es gab keine Stelle, die nicht von ihm erfasst wurde. Er betrat die Halle.
Dabei war er unter einem Rundbogen hergegangen. Die sah er auch an den Seiten. Dort bildeten sie große Nischen. Vier insgesamt zählte er.
Und er sah am Ende der kurzen quadratischen Halle die beiden Figuren rechts und links stehen. Zuerst glaubte er, dass es sich bei ihnen um Menschen handelte, doch das traf nicht zu, denn bei genauerem Hinsehen sah er zwei Engel aus Stein, die beide die Hände vor ihre Gesichter geschlagen hat-. ten.
Patrick Füller nahm das alles hin, ohne nachzudenken. Er ging bis in die Mitte des Tempels, schaute sich um und entdeckte nichts, was ihm gefährlich werden konnte. Ihm war wohl unheimlich zumute, aber das konnte an der ihn umgebenden Atmosphäre liegen, die so anders war.
Offiziell hielt sich hier niemand außer ihm auf, und doch wurde er den Eindruck nicht los, nicht allein zu sein. Irgendjemand war hier. Oder irgendetwas?
Man hatte ihm gesagt, dass er sich meditativ verhalten solle. Deshalb beendete er seinen Rundgang und setzte sich mitten in der Halle im Yogasitz auf den Steinboden, der glatt war, aber nicht kalt.
Dort blieb er sitzen.
Man hatte ihm aber nicht gesagt, wie er sich genau verhalten sollte. Wichtig würde die Stille und seine Unbeweglichkeit sein. Man würde
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