1681 - Tödliche Fata Morgana
Ich will wieder zurück in meine Zelle. Alles sonst interessiert mich nicht.«
»Gut. Ich werde Ihrem Wunsch Folge leisten.«
Er schaute zu, wie ich nach dem Wärter kungelte, der gleich darauf die Tür aufzog. Es war ein Mann, der auch als Ringer hätte durchgehen können. Den warf so leicht keiner um.
»Was kann ich für Sie tun, Mr Sinclair?«
»Bringen Sie unseren Freund zurück in seine Zelle.«
»Gut. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
»Nein, vorerst nichts.«
Gamal stand freiwillig auf. Bevor er den Raum verließ, warf er mir noch einen Blick zu. Spöttisch und irgendwie siegessicher. Damit konnte er mich nicht provozieren. In verschiedene Richtungen gingen wir davon. Ich sehnte mich nach meinem Bett. Auch wenn es nur drei Stunden Schlaf waren, die ich bekommen würde, es war besser, als den Rest der Nacht herumzusitzen. In einigen Stunden ging es weiter. Da stand Sahib Bandur auf meiner Liste.
Die große Frage allerdings war, wie sich eine gewisse Fata Morgana namens Amara verhalten würde. Denn aus dem Spiel war sie sicherlich nicht…
***
Die Tür fuhr mit einem lauten Geräusch ins Schloss. Gamal war allein in der Zelle. Er erreichte sein Bett mit einem Schritt und ließ sich darauf nieder. Voller Wut starrte er seinen rechten Arm an, dessen Gelenk erst mal geschient worden war. Er hasste den Mann, der ihm dies angetan hatte, war aber auf der anderen Seite froh, überlebt zu haben. Die Zeit im Knast, sollte es so weit kommen, würde er auch überstehen. Da war er sich sicher.
Man hatte ihm zwar etwas gegen die Schmerzen verabreicht, doch er merkte jetzt, dass die Wirkung allmählich nachließ. Das Ziehen beschränkte sich nicht nur auf sein Handgelenk, es zog sich hin bis in den Arm und sogar bis zur Schulter. Gamal gab zu, den Mann unterschätzt zu haben. Aber auch alles andere hatte er unterschätzt. Es gab da jemanden, der stärker war als seine Kumpane. Er hatte die Person nicht gesehen, sie musste jedoch etwas Besonderes sein, wenn sie es geschafft hatte, zwei Männer zu vernichten, die mit allen Wassern gewaschen waren. Das roch nach Ärger, wenn sein Boss erfuhr, was da abgelaufen war. Die beiden Zeugen lebten noch, zwei seiner Männer aber waren tot. Es gab nur einen Überlebenden, an den er sich halten konnte, und das würde er auch tun. Gamal ging davon aus, dass er sich etwas ausdenken musste, wie er am besten aus dieser Lage herauskam. Einfach war das nicht, aber ihm würde schon etwas einfallen, da war er sich sicher.
Wenn nur nicht die Schmerzen gewesen wären, die ihn in seinem Denken behindert hätten. Er fluchte leise vor sich hin. Je mehr Zeit verstrich, umso schlimmer wurden sie. Er überlegte, ob er Krach schlagen sollte, damit einer der Aufpasser kam, um ihm neue Schmerzmittel zu besorgen.
Das musste sein. Schließlich war er kein normaler Gefangener, sondern ein Untersuchungshäftling. Der besaß schon gewisse Rechte.
Es gab einen Spind, ein Waschbecken und eine Toilette, die hinter einer Faltwand versteckt war. Aus den anderen Zellen hörte er nichts, die Mauern waren zu dick. Und doch gab es eine Veränderung. Zu sehen war sie nicht, nur zu spüren. Etwas veränderte sich in seiner Umgebung, und er wusste nicht, was es war. Er schaute sich im Liegen um. Es gab nichts zu sehen. Dann gefiel ihm seine Position nicht mehr. Er richtete sich langsam auf und hatte so einen besseren Überblick. Die Zelle war leer, die Zelle blieb leer.
Und doch fürchtete er sich. Das kam bei Gamal selten vor. Dazu war er zu abgebrüht, aber hier schien ihn ein besonderer Gegner besuchen zu wollen. Der Mann saß auf der Bettkante. Er bewegte seinen Kopf zuckend von einer Seite zur anderen. Auch seine Lippen bewegten sich, nur drang kein Laut darüber hinweg. Wer war es, und wo war es?
Er schüttelte den Kopf. Plötzlich musste er reden und sprach dabei mit sich selbst. Es waren mehr Flüche als vernünftige Sätze, und er hörte schlagartig damit auf, als er etwas vernahm, das ihn an eine flüsternde Stimme erinnerte. Ja, sie war da. Da hatte er sich nicht getäuscht. Von allen Seiten drang das Flüstern an seine Ohren, aber Gamal verstand nicht, was ihm da mitgeteilt wurde. Er stierte auf die Tür, weil er damit rechnete, dass sie plötzlich aufgedrückt wurde und er von diesem Flüsterer Besuch erhielt. Das war nicht der Fall, denn es verstrich immer mehr Zeit, ohne dass etwas geschah.
Gamal zählte sich zu den abgebrühten Menschen und nicht zu den ängstlichen. In diesem
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