1683 - Aus der Hölle entlassen
traute sich auch, eine Frage zu stellen. »Wer – wer ist dieser Mann? Wem habt ihr den Kopf abgeschlagen?«
Moreno lachte, und seine Leute stimmten in dieses Lachen mit ein. »Er ist ein Templer gewesen. Einer dieser Oberschlauen, die den Teufel nicht mögen. Er hat sich bei einem Popen versteckt gehalten. Der Pope ist an seinem eigenen Blut erstickt, den Kopf des Templers aber haben wir dir als Trophäe mitgebracht, damit du jedem, der deinen Gasthof betritt, erklären kannst, wer er ist. Damit die Templerbrut das bekommt, was sie verdient. Sie sollen sich hier nicht ausbreiten können, und so hat uns ein Bischof zur Aufgabe gemacht, sie zu jagen und zu vernichten. Die Zeit der Ritter und Kreuzzüge ist vorbei. Jetzt herrschen andere Gesetze.«
Ich hatte alles gehört. Es schloss sich zwar kein Kreis, aber ich stand auf der Seite der Templer, und das schien Moreno gewusst zu haben. Hatte er mich deshalb gesucht? War er nur aus diesem Grund aus der Hölle entlassen worden?
Das konnte ich mir nicht vorstellen. So einfach lagen die Dinge nicht. Da musste noch etwas hinzukommen.
Über die Position des Beobachters aus dem Hintergrund war ich froh. Ich war mir nur sicher, dass dies nicht so bleiben würde. Irgendwann würde man mich entdecken, und dann musste ich zeigen, was ich konnte.
Noch wollte ich abwarten. Der Kopf sollte nicht auf dem Boden liegen bleiben. Der Wirt erhielt den Befehl, ihn aufzuheben und auf seine breite Holztheke zu stellen.
Es war eine schlimme Aufgabe. Jeder sah, dass er sich unwohl fühlte. Er stand in geduckter Haltung vor Moreno.
»Na los, heb ihn auf. Er gehört dir doch, er ist ein Geschenk von uns. Und Geschenke lässt man nicht einfach am Boden liegen. Oder willst du auch deinen Kopf verlieren?«
»Nein, nein …«
»Dann heb ihn auf und stell ihn auf deine Theke.«
Edgar zitterte. Er schloss die Augen, öffnete sie wieder und sprang über seinen eigenen Schatten.
Schlurfend setzte er sich in Bewegung. Sein Mund stand halb offen. Stöhnlaute drangen über seine Lippen und die fünfköpfige Bande grölte vor Vergnügen.
Ich überlegte, ob ich dem Mann zur Seite stehen sollte, aber meine Position war bisher so gut, die wollte ich nicht verlassen, und so verrichtete Edgar seine schaurige Arbeit allein.
Die Bande lachte und machte Witze, und der Wirt bewegte sich wie ein Automat auf die Theke zu, wo er den Kopf in eine leere Schale stellte.
»Gut gemacht.« Moreno deutete ein Klatschen an. »Und jetzt haben wir Hunger.«
Edgar nickte.
»Was kannst du uns anbieten?«
»Einen Hasenbraten.«
»Ach, zu wenig für uns alle.«
»Aber ich habe nichts anderes. Brot schon und …«
»Hör auf damit.« Moreno ging auf ihn zu und sah dabei nicht eben freundlich aus. »Was ist mit Wein?«
»Sir, den – den – habe ich.«
»Gut, dann lass ihn kommen. Mary ist doch noch immer hier, nicht wahr?«
»Ja, aber nicht jeden Tag.«
Die Antwort hatte Moreno nicht hören wollen. Er schlug dem Wirt zweimal mit dem Handrücken ins Gesicht. An den Wangen platzte Haut auf. Blut war zu sehen.
»Ist sie da?«
»Ja!«
»Das war die richtige Antwort. Und wo steckt sie?«
»Im Keller!«
Moreno grinste. »Was macht sie dort?«
»Sie füllt Wein ab.«
»Das hört sich gut an. Da kann sie gleich welchen für uns mitbringen. Sag ihr das.«
»Ja, Sir.« Der Wirt drehte sich um, um wieder hinter seine Theke zu gehen, denn an deren Ende befand sich eine Falltür, die in den kalten Lehmkeller führte.
Sie stand offen, doch bevor der Wirt hinabgehen konnte, erschien ein Kopf mit schwarzen Haaren. Mary verließ den Keller. Zwei Kannen trug sie bei sich, die ihr der Wirt abnahm.
»Was ist denn los?«
»Sie sind wieder da.«
»O nein.«
»Doch. Sieh zu, dass du ihnen Wein einschenkst. Sei recht großzügig. Umso schneller sind sie betrunken.«
»Ja, ja, gut. Aber ich will nicht, dass sie mir noch mal die Kleider vom Leib reißen und ich für sie tanzen muss.«
»Schenk erst mal ein.«
Kaum hatte sich Mary gezeigt, dröhnte aus Andreas Morenos Mund ein hartes Lachen.
»He, da bist du ja! Komm her!«
Sie wollte nicht, aber Edgar stieß sie nach vorn, und den Rest erledigte Moreno. Er schnappte sie sich, drückte sie vor seinen Körper und fasste mit beiden Händen in ihren Ausschnitt.
»He, was haben wir denn da? Deine Äpfel sind wieder mal reif zum Pflücken. Ich denke, dass du heute neben mir bleiben wirst. Du wirst zuerst mit mir essen und trinken, und dann machen wir beide uns einen
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