1683 - Aus der Hölle entlassen
seinen Schädel ging. Der Wille, mich zu töten, war sicherlich vorhanden, aber da waren die äußeren Bedingungen, die ihn davon abhielten, zur Waffe zu greifen.
So starrte er mich nur an.
Ich konnte mir den Grund denken, denn ich sah völlig anders aus als diese Banditen. Das lag vor allen Dingen an meiner Kleidung, die er noch nicht gesehen hatte. Sie war völlig anders, dazu war sie nicht verschmutzt wie bei den fünf Männern.
»He, wer bist du?«
»Ein Fremder.«
»Das sehe ich. Hast du auch einen Namen?«
Es gab für mich keinen Grund, ihn nicht zu nennen, und so sagte ich: »Mein Name ist John Sinclair …«
Moreno überlegte. Nach einer Weile bewegte er seinen Kopf und sah seine Leute an. Die wussten, was er von ihnen wollte, und reagierten, bevor er noch seine Frage hatte stellen können.
»Wir kennen ihn nicht.«
»Ja, hatte ich mir gedacht.« Moreno verengte die Augen. Er grübelte weiterhin über meinen Namen nach und sagte mit leiser Stimme: »Gehört habe ich ihn schon. Aber nicht hier in der Gegend. Ich kenne jemanden, der in Schottland lebt. Dort ist der Name nicht unbekannt.« Er lachte. »Kommst du aus Schottland?«
»Das streite ich nicht ab.«
»Gut, Schotte, aber wo ist dein Kilt? Was trägst du für eine Kleidung? Zieht man sich so bei euch an?«
»Ja. Und einen Kilt brauche ich nicht.«
Er spie neben mir auf den Boden. »Dann bist du auch kein echter Schotte.« Seine Augen verengten sich wieder. »Es stört mich auch nicht weiter, auch wenn du so seltsam bist. Ich will dir nur sagen, dass ich hier in der Gegend bestimme, was geht und was nicht geht. Mein Name hat hier Gewicht. Ich heiße …«
»… Andreas Moreno«, vollendete ich.
Für einen Moment blieb ihm der Mund vor Staunen offen stehen. Es war auch sehr ruhig in meiner Umgebung geworden. Nur Evas scharfen Atem hörte ich und spürte die warme Luft, die schräg über meinen Nacken glitt.
Moreno fing sich wieder. »Ach, du kennst mich?«
»Ja, das hast du doch gehört.«
»Und woher?«
»Wir sind uns schon mal begegnet.«
Das Gesicht zeigte einen dümmlichen Ausdruck. Moreno war tatsächlich perplex. Er wusste nicht, was er fragen sollte, dabei war es so einfach, aber das fiel ihm erst später ein.
»Und wo haben wir uns schon gesehen?«
Ich hatte beschlossen, ihn noch weiter zu verunsichern, und sagte deshalb: »In einer anderen Zeit. Da bist du längst in der Hölle gewesen, doch der Teufel wollte dich nicht mehr. Er hat dich entlassen, und so sind wir uns begegnet.«
Das war ein zu harter Tobak für ihn. Ich war davon ausgegangen, dass jemand wie er auch an den Teufel glaubte, und ich sah, dass er unsicher wurde. Er fluchte leise vor sich hin, trat sogar mit dem Fuß auf und sah seine Männer an.
»Glaubt ihr das?«
»Nein«, sagte einer.
Moreno nickte. Danach holte er röchelnd Luft. »Wie kann dann jemand so etwas behaupten?« Er starrte mich mit einem wilden Ausdruck in den Augen an.
»Der Teufel mag Gestalten wie dich. Menschen, die andere Menschen töten. Das ist es doch, was ihm großen Spaß macht. Solche Kerle sucht er, auf die kann er sich verlassen. Die sind so etwas wie ein Stellvertreter außerhalb der Hölle.«
»Oh, du weißt verdammt viel.«
»Ich habe meine Erfahrungen sammeln können.«
»Aha. Du bist ein ganz Großer, wie? Auch so einer wie der, der seinen Kopf verloren hat? Ein Templer, ein Pope, der die Menschen gegen die Hölle aufhetzt?«
»Das bin ich nicht.« Ich lächelte ihn an. »Aber ich kenne die Templer und sie sind meine Freunde. Nicht alle, aber eine bestimmte Gruppe, da bin ich ehrlich.«
Es war mir klar, dass mir diese Ehrlichkeit schaden konnte. Ich sah auch, dass sich der Mann unruhig bewegte. Seine Leute fingen an zu flüstern, und einer konnte seinen Mund nicht mehr halten.
»Diese Templer sind Hundesöhne. Man hat nicht umsonst versucht, sie auszurotten, ihre Rituale sind verboten und …«
»Nicht alle sind so.«
»Aber die meisten!«, keuchte Moreno, und dann sprach er weiter. »Du gehörst zu ihnen oder stehst auf ihrer Seite. Wir aber kennen die alten Regeln. Templer sind verflucht und verachtet, sie sollen nicht mehr leben. Wir haben den einen hier aus einer Kirche geholt und ihn geköpft, er hat sich gegen uns gestellt, wollte uns aufhalten, als wir in die Kirche eindrangen, um uns zu bereichern. Und wie ihm ergeht es auch seinen Freunden.« Er lachte und sagte dann: »Ich freue mich schon, wenn ich deinen Kopf neben seinen dort legen kann. Das wird
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