1686 - Kugelfest und brandgefährlich
zusammen und kam zu dem Schluss, dass sie in ihrem gesamten bisherigen Leben keinen Feind gehabt hatte, der eine solche Stärke aufwies. Selbst in London nicht, als sie für den Mafiaboss Logan Costello als Leibwächterin gearbeitet hatte.
Langsam stand sie auf. Sie trat an den Rand der Plattform und schaute über das Gitter hinweg nach unten. Sie dachte an John Sinclair, der diese Chandra verfolgte, und sie konnte nur hoffen, dass er mehr Glück hatte als sie.
Zugleich stieg die Angst in ihr hoch, denn sie wusste genau, wie gefährlich diese Chandra war und möglicherweise sogar nicht zu besiegen …
***
Ich glaubte nicht daran, dass die kugelfeste Chandra in dieser Höhe bleiben würde. Sie musste nach unten, denn in diesem Rohbau waren ihre Fluchtchancen begrenzt.
Ihr standen zwei Wege zur Verfügung. Sie konnte über die Leitern des Gerüsts nach unten laufen, aber auch den Weg durch das Haus nehmen. Genügend Fensteröffnungen standen ihr zur Verfügung. Und ich musste zugeben, dass sie einen Vorsprung gewonnen hatte. Ob ich den aufholen konnte, war schon fraglich.
Mit langen Überlegungen hielt ich mich nicht auf. Ich jedenfalls wollte den Weg nehmen, den ich schon kannte. Ein Geländer war noch nicht vorhanden, und so war es mir nicht möglich, so schnell die Treppe nach unten zu laufen, wie ich es mir vorstellte.Um einigermaßen Sicherheit zu haben, stützte ich mich hin und wieder an der Wand ab, so konnte ich manchmal zwei oder drei Stufen auf einmal nehmen.
Was mich am Eingang erwartete, wusste ich nicht, und so überlegte ich schon, ob ich nicht durch eines der Fenster nach draußen springen sollte.
Als die letzte Treppe vor mir lag, änderte ich mein Tempo und wurde langsamer. Mir gelang der Blick auf den Eingang, der irgendwann mal eine normale Tür bekommen würde. Momentan stand nur eine primitive zur Verfügung, und die war zudem weit geöffnet. Das hatte ich beim Ankommen nur am Rande wahrgenommen.
Der Eingang war frei. Dort lauerte niemand auf mich. Ich war trotzdem vorsichtig. Nach der letzten Stufe huschte ich in den Flur und lief vor bis zum ersten Fenster.
Ein rascher Blick aus dem Viereck. Vor mir war alles frei. Auch rechts und links, wie ich sofort feststellte. Ein hartes Grinsen huschte über meine Lippen. Mit so etwas hatte ich gerechnet. Entweder lauerte Chandra noch auf dem Gerüst oder es war ihr gelungen, vor dem Rohbau eine Deckung zu finden, aus der hervor sie das Haus unter Kontrolle behalten konnte.
Ich setzte meinen Plan sofort in die Tat um und kletterte durch das Fenster ins Freie. Nichts passierte dabei. Niemand schoss auf mich, und ich erlebte die gleiche Umgebung wie vor meinem Eintritt in den Rohbau.
Nahe der Hauswand wartete ich ab. Dabei schaute ich in die Höhe. Das Gerüst wuchs über meinem Kopf hoch. Da war nichts zu hören. Kein leichter Schall, wenn Füße über die Bretter liefen oder auf den Sprossen der Leiter nach unten glitten.
Wo steckte sie? Hatte sie tatsächlich die Flucht ergriffen, um es nicht zu einem Kampf kommen zu lassen? Oder lauerte sie auf eine günstige Gelegenheit, um mich aus einer sicheren Deckung hervor abzuschießen?
Rechnen musste ich mit allem.
Ich wollte nicht länger untätig bleiben und dachte auch daran, dass die Dunkelheit mir einen recht guten Schutz gab.
Mit der Waffe in der Hand machte ich mich auf den Weg. Erst mal weg vom Haus und dann nach links, dorthin, wo der Maybach stand, neben dem die beiden Leichen lagen.
Mein Kreuz hatte ich natürlich mitgenommen. Es hing wie fast immer unter der Kleidung vor meiner Brust. Ich hätte mich gefreut, wenn es mir eine Warnung geschickt hätte, aber das war leider nicht der Fall. Nichts geschah. Ich hörte nur meine eigenen Schritte und schmeckte den leichten Brandgeruch.
Als ich die Seite des Hauses erreicht hatte, blieb ich stehen. Mein Blick fiel jetzt über das gesamte Baugrundstück hinweg. Die Dunkelheit hatte ihm ein anderes Aussehen gegeben. Kein Gegenstand war mehr genau zu erkennen, und so sah ich eigentlich nur unterschiedlich große Hügel.
Und hinter einem davon erklang das harte Lachen. Es geschah so plötzlich, dass ich zusammenzuckte.
Chandra war also da. Das brachte mich leider nicht weiter, denn ich wusste nicht, welchen Hügel oder Gegenstand sich Chandra als Deckung ausgesucht hatte.
Das Lachen verstummte. Wahrscheinlich wollte die Person, dass ich mich meldete. Den Gefallen tat ich ihr nicht. Ich ging in die Knie, huschte etwas zur Seite und bot ein
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