Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1687 - Fremde auf Titan

Titel: 1687 - Fremde auf Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
auch nur einen Moment den jeweils anderen aus den Augen zu verlieren.
    Dann aber wandte Zwei, der Terraner, für eine kurze Bewegung den Kopf. „Wir sind von derselben Art", sagte er. „Es war gut, was ihr getan habt."
    Von derselben Art. Myles Kantor erschauerte. Zwei so unterschiedliche, ja gegensätzliche Geschöpfe - die einander nicht einmal ähnelten. Ähnlichkeit besteht im Geist. Und birgt geistige Verwandtschaft nicht einen viel größeren Wert? Wie könnte es Verständigung im Kosmos geben, wäre wirklich die körperliche Erscheinung so wichtig?
    Rhodan versuchte, von Eins oder Zwei weitere Aussagen zu erhalten, doch keiner von beiden öffnete den Mund. Unverwandt starrten sie sich an: in die Augen, die ganze Zeit.
    Kantor und Rhodan verließen die Zelle gemeinsam mit ihrer robotischen Eskorte. Daß keine Katastrophe zu befürchten stand, war nun klar, alle Vorsichtsmaßnahmen umsonst. Und beobachten konnte man besser aus der Kommandozentrale. Kantor fand zur normalen Tatkraft zurück. Die Lähmung, die ihn so lange befallen hatte, wich einer ungezügelten Neugierde. „Gucky!" rief er. „Was spielt sich zwischen den beiden ab? Gedankenimpulse?"
    Der Ilt bot eine Maske der Konzentration. Dann aber öffnete er die Augen und sagte: „Nichts, Myles. Das einzige, was ich wahrnehme, sind Gedankenmuster. Unentwirrbar, keine Chance."
    „Verständigen sich die beiden telepathisch?"
    „Nein. Hundert Prozent nicht."
    „Hmm. Dann ... ach, ich weiß auch nicht mehr."
    Das Hologramm in der Mitte der Zentrale lieferte ein präzises, etwas verkleinertes Abbild.
    Szene ohne Bewegung. Gefrostet. Momentaufnahme mit Geheimnissen. „Zehn Minuten schon, und sie zucken nicht mal mit den Wimpern."
    „Haluter haben keine Wimpern, Myles", meldete sich Gucky. „Aber Nummer Zwei hat welche!" gab er ärgerlich zurück. „Für Menschen ist es ein biologisches Bedürfnis, ab und zu mit den Wimpern zu zucken. Zwei sollte es ebenfalls tun, so wie bisher auch."
    „Tut er aber nicht."
    „Ich wette, daß das seinen Grund hat." Kantor schüttelte den Kopf. „Warum diese Starre, Perry? Warum sehen sie sich an, Gucky? Oder anders gefragt: Was gibt es zu sehen, was zwei solche Wesen länger als eine halbe Stunde beschäftigt? Wenn sie komplexe astronomische Daten erfassen wollen, brauchen sie keine halbe Sekunde dafür."
    „Vielleicht die Faszination", mutmaßte Rhodan. „Zwei hat gesagt, daß sie von derselben Art sind. Stell dir vor, du wächst unter Fremdlebewesen auf und triffst zum erstenmal ein Wesen deiner Rasse."
    Kantor sah, wie sehr Rhodan die eigenen Worte bezweifelte. Etwas stimmte nicht. „Ich wüßte gern, wie Nummer Zwei das gemeint hat", murmelte er. „Dieselbe Art... Sicher, beide sind Spindelwesen. Aber wenn es uns mit allen Mitteln nicht gelingt, die Spindelwesen optisch von ihrem Rassenvorbild zu trennen, wie können sie es dann auf den ersten Blick?"
    Rhodan zuckte mit den Achseln. „Sie haben Geheimnisse. Oder ein gut entwickeltes Gespür."
    „Offenbar", gab Kantor sarkastisch zurück.
    Der Wissenschaftler nahm eine zunächst unruhige, dann immer mehr schleppende Wanderung durch die Zentrale auf. Es war derselbe Anblick, den er immer bot; bei geistiger Hochleistung wirkte Kantor wie ein Mann, der im Stehen schlief. Dann bewegte er sich schleppend, mit halb geschlossenen Augen. Er war bleich und schwitzte. Nur der Aktivator verhinderte, daß er jetzt die Kraft verlor und sich setzen mußte. In seiner linken Schulter pochte der Chip, der ihm Unsterblichkeit verlieh.
    Jedoch keine Weisheit, obwohl ich die so nötig brauchte.
    Immer wieder strich er die hartnäckige Strähne aus seiner Stirn, fuhr sich häufig mit der Zunge über ausgetrocknete Lippen. Hätte er Kallia dabeigehabt, wäre ihm alles sehr viel leichter gefallen. Sie wußte genau, wie er zu nehmen war. Und gute Einfalle hatte sie obendrein. Boris Siankow war längst mit der Kogge SERPENS zum Planeten Taquar unterwegs. Die überraschenden Ideen, die der Nexialist gewohnheitsmäßig brachte, fielen ebenfalls aus. „Denke in logischen Ketten, Myles...", mahnte er sich selbst. Leise, beschwörende Worte waren das. „Sie stehen seit langer Zeit da und sehen sich an. Ihre Auffassungsgabe ist abnorm gesteigert. Also sehen sie etwas, was andere nicht wahrnehmen. Auch wir nicht."
    Ob die anderen seine Wanderung belächelten, war ihm egal. Er hielt kurz inne, ließ sich von Rhodan Pfefferminztee reichen und setzte den Becher an die Lippen, obwohl er

Weitere Kostenlose Bücher