1688 - Der Killer mit den Mandelaugen
sich aus. Er durfte keine Sekunde verlieren. Und er bewegte sich blitzschnell. Er wurde praktisch zu einem Schatten, der nicht zu stoppen war.
Es war wichtig, die Phalanx dieser Tänzerinnen zu zerstören. Sie mussten, wenn sie aus der magischen Starre erwachten, andere Positionen eingenommen haben und dabei ein völliges Durcheinander erleben. Vor allen Dingen durfte es ihnen nicht gelingen, ihre Nadeln in ein Ziel zu werfen.
Suko kam über sie.
Und er ging vor wie ein Berserker. Ihm blieb nicht die Zeit, ihnen die Nadeln nacheinander aus den Händen zu reißen. Er musste eine andere Lösung finden.
Und er fand sie auch.
Er rannte in die Gruppe hinein. Dabei kam ihm zugute, dass die Tänzerinnen dicht beisammen standen. Zwei stieß er heftig an, und so wurden die anderen fünf beim Fallen mitgerissen.
Plötzlich lagen sie am Boden. Die Spitzen der Nadeln wiesen auf kein Ziel mehr, und Suko hatte sogar noch Zeit, sich auf die neue Lage einzustellen.
Er bückte sich, um der ersten Tänzerin die Nadel aus der Hand zu ziehen, aber das schaffte er nicht mehr, denn die Zeit war abgelaufen.
Nicht nur Suko bewegte sich, auch die sieben Tänzerinnen waren wieder voll da. Nur Xing blieb bewegungslos liegen, und jetzt kam es darauf an, schnell und eiskalt zu handeln, denn sieben bewaffnete Gegnerinnen waren alles andere als ein Spaß …
***
Shao glaubte an einen Traum. Oder an eine Halluzination.
Es war bisher still gewesen. Diese Stille wurde unterbrochen, als sich Marcia Gay meldete. Sie sprach, sagte etwas, aber dieses Etwas war nichts anderes als ein Zischen. Nicht unbedingt gleichmäßig. Es hörte sich an, als bestünde es aus einigen Worten, die allerdings nicht Shao galten.
Sekunden später erlebte Shao etwas, womit sie nicht mehr gerechnet hatte. Zwar bewegte sich die Schlange, und dieses Zucken kannte sie auch, aber was dann folgte, hatte sie nicht erwartet. Der starke Druck auf ihren Körper nahm ab. Sie startete den Versuch, wieder tief einzuatmen, es klappte sogar.
Ja, das konnte sie kaum glauben. Es war eine große Wohltat, die sie erlebte. Dieser Atemzug holte sie zurück ins Leben, so jedenfalls kam es ihr vor.
Auch ihr normales Sehen kehrte zurück und so konzentrierte sie sich auf ihre Besucherin, die zwischen der Pritsche und der Tür stand. Dass die Riesenschlange ihren Körper verließ, nahm sie nur wie nebenbei wahr. Jetzt zählte einzig und allein Marcia Gay, und die war nicht gekommen, um ihr einen guten Abend zu wünschen.
Marcia ging noch einen kleinen Schritt nach vorn. Bisher hatte sie die rechte Hand hinter ihrem Rücken versteckt gehalten, was sie jetzt änderte.
Mit einer schnellen Bewegung brachte sie die Hand wieder nach vorn. Etwas schaute aus ihr hervor, das sich nach einer knappen Bewegung auffaltete.
Plötzlich war der Fächer da, an dessen Enden diese Messerspitzen schimmerten. Sie bewegte ihn vor ihrem Gesicht hin und her, um sich Luft zuzufächern.
Schnell ließ sie ihn wieder sinken. Shao blickte wieder in das bleiche Gesicht, das zu einer Puppe gepasst hätte, und erneut fragte sie sich, ob sie es mit einem normalen Menschen zu tun hatte.
»Hast du meine Freundin kennengelernt?«
»Wenn du die Schlange meinst, dann ja.«
»Sie ist wunderbar.«
»Kann ich nicht eben behaupten.« Shao hatte Mühe, die Antworten zu geben. Ihre Kehle war ausgetrocknet. Sie hätte am liebsten Flüche ausgestoßen, aber sie riss sich zusammen.
»Ich liebe die Schlange. Ich habe sie befreit. Sie ist meine Freundin. Sie gehört zu mir, sie gehorcht mir auch. Wir sind die besten Freundinnen. Ich weiß, dass die Menschen sie ablehnen. Sie war die große Verführerin im Paradies. Sie wird niemals gehen können, nur kriechen. Alles Böse verbindet man mit ihr, aber ich sage dir, dass das nicht stimmt. Sie ist nicht böse, nicht für mich. Sie ist so etwas wie meine Beschützerin. Alle diejenigen, die in meinen Wagen kommen und nicht eingeladen worden sind, werden von ihr zerdrückt, einen kleinen Vorgeschmack darauf hast du ja schon bekommen.«
Es war gut, dass Marcia Gay so lange sprach. So bekam Shao die Gelegenheit, sich wieder zu erholen. Die Schlange hatte es nicht geschafft, ihr die ganze Kraft aus dem Körper zu pressen.
»Was willst du wirklich von mir?«
»Das solltest du wissen.«
»Ich weiß es nicht«, flüsterte Shao.
»Denk an einen Namen. An die Sonnengöttin Amaterasu. Und an das, was sich in ihrem Besitz befindet.«
»Du meinst den Fächer?«
»Ja, ihn meine
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