1689 - Engel der Ruinen
ich auch nicht. Obwohl mir Sariel gesagt hat, dass er kein Leid sehen kann.«
»Ich freue mich, dass er so denkt.« Milic nahm die Beine wieder vom Schreibtisch. »Aber auch Sariel ist nicht allmächtig. Er lässt mir freie Bahn. Ich kann tun und lassen, was ich will, wobei ich mich wahnsinnig darüber freue, obwohl ich im Moment ein kleines Problem habe.«
Miller räusperte sich. »Ja, man wird Sie suchen.«
»Genau.« Ein Finger streckte sich dem Anwalt entgegen. »Und du wirst dafür sorgen, dass man mich nicht findet.«
Der Anwalt hatte den Satz gehört. Allein, er hatte Probleme, damit zurechtzukommen.
»Warum sagst du nichts?«
»Weil ich nachdenke.«
Milic lachte. »Es wird hoffentlich ein Ergebnis geben. Dazu rate ich dir, mein Freund. Du hast mich ja verteidigen wollen, und jetzt musst du mich verteidigen, aber auf eine andere Art und Weise. Du bist praktisch mein menschlicher Schutzengel.«
»Ich weiß noch nicht, was ich tun soll.«
Milic beugte sich vor. »Hast du eine Waffe?«
»Nein.«
»Das ist schlecht.«
»Ich verteidige mich mit Worten und …«
»Geschenkt, Rechtsverdreher.« Milic winkte heftig ab und sagte dann mit gefährlich leiser Stimme: »Ich brauche aber eine Waffe.«
»Ja, das kann ich mir denken.«
»Und deshalb gebe ich dir den Auftrag, mir eine zu besorgen. Und das so schnell wie möglich. Während du das tust, wirst du dir Gedanken darüber machen, wo ich bleiben kann. Ich will mich nämlich nicht auf der Straße blicken lassen, weil ich weiß, dass man mich sucht. Du wirst also nach einem Versteck für mich Ausschau halten, in dem ich die nächsten Tage oder auch Wochen bleiben kann, wenn es sein muss. Hast du das alles verstanden?«
»Habe ich.«
»Gut. Und du solltest mir auch ein Handy besorgen, denn ich will mobil sein. Ein Kartenhandy, das ist vorerst alles.«
»Das reicht auch«, murmelte Miller.
Seine Bemerkung war trotzdem gehört worden. »Ich weiß, dass dir das nicht gefällt. Das ist etwas anderes, als sich vor Gericht mit der rothaarigen Tussi von Staatsanwältin zu streiten. Ich schicke dich jetzt ins Feld, und du wirst genau das tun, was ich dir gesagt habe. Denk immer daran, wer mir letztendlich Rückendeckung gibt. Sariel kann nicht nur beschützen, er kann auch rächen, und das würde ich an deiner Stelle nicht riskieren.«
»Ich habe verstanden.«
»Und jetzt, da du verstanden hast, würde ich gern deine Vorschläge hören. Wo kann ich bleiben? Nicht hier im Büro. Hier würde ich nicht mal die nächste Nacht verbringen, ich will vor der Dunkelheit weg sein. Möglicherweise fällt den Bullen auch noch ein, wo sie nach mir fahnden können.«
»Das verstehe ich.«
»Gut. Dann höre ich, was du mir zu sagen hast.«
Der Anwalt schluckte ein paar Mal und ging auf den Schreibtisch zu. Bevor er ihn erreichte, blieb er stehen und sagte: »Es gibt da ein Wochenendhaus, in das ich Sie bringen könnte.«
»Hört sich nicht schlecht an. Und wo liegt es?«
»Außerhalb von London. In Richtung Osten. Man hat von dort einen Blick auf die Themse.«
»Steht es einsam?«
»Nein, das nicht. Es gibt dort noch andere Häuser. Man kann von einer Siedlung sprechen.«
»Und das Haus gehört wirklich dir?«
»Warum sollte ich lügen?«
»Wunderbar. Was treibst du dort alles?«
»Da bin ich manchmal am Wochenende, wenn ich meine Ruhe haben will oder auch arbeiten muss.«
»Gut.« Milic nickte. »Ich denke, dass du ein Auto hast und mich hinfahren kannst, wenn es anfängt zu dämmern.«
»Das ließe sich einrichten.«
»Und dann musst du mir nur eine Waffe und ein Handy besorgen. Danach bin ich zufrieden.«
»Das Handy ist kein Problem. Ich weiß noch nicht, wo ich ein Schießeisen herbekommen soll.«
»Ach«, sagte Milic spöttisch. »Du unterhältst keine Beziehungen zu der Klientel, die du verteidigst?«
»So ist es. Ich habe mit diesen Menschen nur beruflich zu tun. Alles andere geht mich nichts an.«
Milic grinste wieder. Seine Augen blickten hart. »Ich will die Waffe trotzdem.«
Miller schwitzte wieder. Er tupfte Schweiß von seiner Stirn. »Ja, ja, ich versuche mein Bestes.«
»Das würde ich dir auch raten.«
»Kann ich jetzt gehen?«
»Je früher, umso besser.«
Der Anwalt drehte sich um. Mit gesenktem Kopf und langsamen Schritten verließ er das Büro. Obwohl er sich frei bewegen konnte, kam er sich vom Bösen umklammert vor, das ihn irgendwann hinab in den Strudel der Hölle ziehen würde …
***
Auch wenn ich darüber nicht richtig
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