1689 - Engel der Ruinen
bespritzte sich und ließ seiner neu gewonnenen Lebensfreude freie Bahn.
Geschafft!
Das Leben hatte ihn wieder, und es war einfach nur wunderbar. Wie lange er sich ausgetobt hatte, wusste Milic nicht. Dann jedoch kehrte die Erinnerung zurück. Schlagartig hörten die Bewegungen auf. Plötzlich dachte er an das, was ihn umgab und für ihn im Augenblick nicht sichtbar war.
Doch er wusste, wie es jenseits der Böschung aussah. Es herrschte Krieg, und er befand sich mitten in dieser Szene aus Gewalt und Unmenschlichkeiten.
Er hatte mitgemacht, wenn auch nicht freiwillig. Er hasste den Krieg, denn jetzt liebte er das Leben doppelt. Er wollte nicht kämpfen, nicht mehr. Es gab auch in Europa andere Länder und Städte, in denen Frieden herrschte.
Da wollte er hin. Nicht mehr kämpfen. Flüchten oder desertieren, wie es in seinem Fall geheißen hätte.
Josip Milic stieg nicht die Böschung hinauf, um einen Blick auf das Schlachtfeld zu werfen. Für ihn gab es ein neues Ziel. Er durchquerte das Bachbett und lief in die andere Richtung.
Es war so etwas wie ein Zeichen. Weg vom Krieg und hinein ins neue Leben, das er auf keinen Fall auf dem Balkan führen wollte. Er war jung genug, um auch in anderen europäischen Ländern neu starten zu können …
***
Glenda Perkins lächelte mich an. Sie servierte mir sogar den Kaffee und nickte mir zu.
»He, was ist das?«
»Nichts.«
»Haha, du bist doch sonst nicht so besorgt um mich und bringst mir das Beste am Morgen.«
»Heute schon.«
»Und warum?«
»Weil ich es toll finde, dass wir wieder so richtig nett an einem Morgen im Büro zusammensitzen.« Damit meinte sie nicht nur mich, sondern auch Suko, der mir gegenübersaß.
»Müssen wir uns auf etwas einstellen?«, fragte ich.
»Nein. Ein Frühstück werde ich dir nicht servieren.«
»Das wäre auch zu viel verlangt«, meldete sich Suko.
»Stimmt.«
Glenda lächelte wieder und zog sich zurück. In ihrer violetten Bluse und der grauen Jeans sah sie schon top aus. Zudem saß die Hose sehr körperbetont, da konnte man schon einen Blick mehr riskieren.
Aber Glenda hatte recht. Es kam nicht sehr oft vor, dass wir uns über einen gemütlichen Arbeitsbeginn freuen konnten. In diesem Fall war es so, und ich dachte daran, dass wir in den letzten beiden Tagen den vorherigen Fall aufgearbeitet hatten.
Da war es um den Killer mit den Mandelaugen gegangen, der auf der Suche nach dem Fächer der Sonnengöttin Amaterasu gewesen war und Shao, Sukos Partnerin, dabei in eine lebensgefährliche Lage gebracht hatte. Sie hatte es überstanden und sich von dem Schrecken auch erholt, denn Shao ließ sich nicht so leicht aus der Bahn werfen.
Ich nippte an meinem Kaffee und hatte dabei die Beine hoch gelegt, sodass die Füße auf der Schreibtischkante lagen. Es tat gut, einen Arbeitstag mal so angehen zu können, denn Stress und Ärger hatten wir genug. Zudem war auch unser Chef nicht da. Er würde erst am Mittag erscheinen. So konnten wir es uns gut gehen lassen, was auch Glenda Perkins gespürt hatte.
»Und jetzt?«, fragte Suko.
Ich winkte ab. »Könnte ich eigentlich die Augen schließen.«
»Mach das doch.«
»Wenn du mir ein Bett besorgst.«
»Haha, Ansprüche hast du auch noch.«
»Das sowieso.« Ich trank wieder einige Schlucke und freute mich auch weiterhin über diesen Tag, obwohl ich wusste, dass sich eine zu große Freude auch ins Gegenteil umkehren konnte. Als ich daran dachte, wurde aus der Theorie die Praxis, denn plötzlich meldete sich das Telefon.
Suko und ich schauten uns an.
Keiner machte Anstalten, den Hörer abzunehmen, bis sich Suko erbarmte, wobei er mich nicht mithören ließ. Ich ließ den Lautsprecher ebenfalls ausgeschaltet. Da ich leicht schräg saß, musste ich zu meinem Freund und Kollegen rüberschielen, dessen Lippen sich in diesem Moment zu einem Lächeln verzogen.
»Hi, Purdy, so früh schon auf den Beinen?«
Sie gab eine Antwort, über die er grinste und dann sagte: »Okay, ich reiche dir mal John. Schönen Tag noch.«
Ob dieser Tag für Purdy wirklich schön werden würde, stand in den Sternen, denn Dr. Purdy Prentiss, Staatsanwältin und eine Freundin von mir, rief bestimmt nicht an, um zu fragen, wie es mir ging. Nicht am frühen Morgen.
Ich nahm den Hörer und gab meine bequeme Sitzposition nicht auf. »Grüß dich, Purdy. Alles klar?«
»Fast, John. Ja, einen guten Morgen wünsch ich dir auch.«
»Und wo drückt der Schuh? Gibt es wieder eine Verbindung zu Atlantis?«
»Nein, das
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