169 - Der Vampir mit der Maske
Nummer 24 einen Nachbarn hätten.
»Jemand ist dort drüben eingezogen?« fragte Wallace Carrera erstaunt. »Ist mir gar nicht aufgefallen.«
»Ein grauenerregender Mann.«
»Wann hast du ihn gesehen?«
»Heute nacht«, antwortete Tyne. »Mir war, als käme er um die Ecke geflogen .«
»Das mußt du geträumt haben. Kein Mensch kann fliegen.«
»Das weiß ich, Dad. Ich hatte ja auch nur diesen Eindruck, als sein langer schwarzer Umhang hochflatterte.«
»Umhang? Du meinst wohl einen Mantel.«
»Nein, Dad, es war ein Umhang.«
»So etwas trägt heutzutage doch keiner mehr. Vielleicht kam unser neuer Nachbar von einem Kostümfest nach Hause.«
»Das würde auch erklären, weshalb er maskiert war«, sagte Tyne.
»Er war was ?«
Tyne griff nach einem Croissant und brach es in der Mitte auseinander. »Der Mann scheint über einen sechsten Sinn zu verfügen. Er muß gespürt haben, daß ich ihn beobachtete, und drehte sich um. Und da sah ich diese schwarze Maske, die die obere Hälfte seines Gesichts bedeckte.«
»Hat der Mann dich gesehen?« fragte Carrera.
Tyne nickte. »Er schaute mir direkt in die Augen. Mich traf beinahe der Schlag. Er hat etwas in seinem Blick, das nichts Gutes verheißt. Er scheint ein grausamer, böser Mensch zu sein.«
»Na«, sagte Carrera mit belegter Stimme, »zu so einem Nachbarn können wir uns nur gratulieren. Bleibt nur zu hoffen, daß du dich geirrt hast.«
***
Ich hatte die große Fledermaus nicht zu Gesicht bekommen, war aber entschlossen, das Ganze noch nicht mit einem Schulterzucken zu übergehen.
Tucker Peckinpahs Informant konnte sich getäuscht haben, er konnte die riesige Fledermaus aber ebensogut gesehen haben. Hoffentlich hatte ich in der kommenden Nacht mehr Glück.
Diesmal wollte ich Mr. Silver bitten, mich zu begleiten, denn vier Augen sehen mehr als zwei. Ich überlegte mir, ob wir Roxane als Lockvogel mitnehmen sollten.
Wenn der Blutsauger sie angriff, würde er sein blaues Wunder erleben, denn sie war eine weiße Hexe und konnte ihn mit tödlichen Blitzen attackieren.
Falls er aber spürte, daß sie eine gefährliche Feindin war, würde er sich nicht einmal in ihrer Nähe blicken lassen.
Ich war erst in den Morgenstunden nach Haüse gekommen und hatte lange geschlafen. Mein Frühstück war der Lunch. Anschließend beriet ich mich mit Mr. Silver.
Tagsüber brauchten wir nicht nach dem Vampir zu suchen, denn seine Zeit brach erst an, wenn die Sonne unterging und die Dunkelheit ihre Herrschaft antrat.
Er gehörte zu ihrem Gefolge - ein lichtscheues Ungeheuer, das viel Leid und Unglück über die Menschen bringen konnte. Mr. Silver zeichnete mit wenigen Linien die Umrisse des Hyde Parks auf ein Blatt Papier und markierte jene Positionen, die er in der kommenden Nacht abwechselnd einnehmen wollte.
»Dann werde ich mich hier und hier und hier auf die Lauer legen«, sagte ich und markierte meine Positionen mit einem andersfarbigen Kugelschreiber.
Der Ex-Dämon meinte, es wäre nicht nötig, Roxane mitzunehmen, und ich nahm seine Äußerung mit einem kurzen Nicken zur Kenntnis. Und ich fieberte dem Abend entgegen, der hoffentlich eine Entscheidung bringen würde.
***
Zu dieser Stunde lag Stacc LeVar in totenähnlicher Starre im verdunkelten Keller. Ewige Nacht herrschte hier unten. Wenn sie draußen anbrach, würde es der Vampir spüren.
Jetzt wäre es leicht gewesen, ihn zu vernichten. So simples Werkzeug wie ein Eichenpfahl und ein Hammer hätten genügt. Den Pfahl an die Brust gesetzt, mit dem Hammer draufgeschlagen… und Stacc LeVar wäre erledigt gewesen.
Rapide hätte der Alterungsprozeß eingesetzt, und er wäre innerhalb ganz kurzer Zeit zu Staub zerfallen.
Er hatte dem Makler, seinem hilfsbereiten Diener, der ihm hündisch ergeben war, befohlen, die Kiste in den Keller zu tragen und an der ruhigsten Stelle aufzustellen, und nun verschlief er den Tag.
Er sah aus wie eine aufgebahrte Leiche - die Wangen faltig, grau und eingesunken, die Arme über der Brust gekreuzt. Hätte ein Arzt ihn untersucht, wäre dieser zu dem Ergebnis gekommen, daß er tot war.
Und das war er auch.
Aber auf eine Weise, wie es der Hölle genehm war.
***
Nicht überall kriegt man das ganze Jahr über Weihnachtssachen zu kaufen - bei Harrods schon. In dieser weihnachtlich dekorierten Abteilung arbeitete Tyne Carrera, Selbst sie fand es manchmal ulkig, im Hochsommer Schlittengeläut und Weihnachtslieder zu hören, aber die Geschäftsleitung wollte es so, und die
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